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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 35.1919-1920

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Wolf, Georg Jacob: Zu den Lithographien Max Mayrshofers
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https://doi.org/10.11588/diglit.14153#0073

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sionismus und der Impressionisten in der Blüte-
zeit dieser trotz allem leise abklingenden Richtung
(oder besser: technischen Ausdrucksform) der
bildenden Kunst. Das blitzartige Packen eines
Details, seine skizzenhafte, absolut malerisch-
realistische Ausformung, die den Impressionismus
charakterisiert, mußte von selbst, wenn über das
Kohle- und Bleistiftblatt hinauszuwirken beab-
sichtigt war, zum Stein und zur Lithographen-
kreide führen. Max Slevogt z. B., der Anführer
der jüngeren Generation des Impressionismus,
hat sich der Lithographie in vielen Fällen be-
dient und eine technische Beherrschung dieses
Ausdrucksmittels erreicht, die auch den Sach-
verständigen staunen macht.

Mit dieser Verknüpfung von Lithographie und
Impressionismus will nicht ohne weiteres Max
Mayrshofer in die Reihe gesinnungstreuer Im-
pressionisten gestellt sein. In seinem gezeichneten
Werk der jüngsten Vergangenheit überwiegen die
Darstellungen, die nicht aus dem Kreis der An-
schauung, sondern aus der Vorstellung hervor-
gingen. Seine Kunst schwingt, sie ist nicht an
Erdenschwere gebunden. Mayrshofer ist nichts
weniger als unphantastisch. Die Realitäten halten
ihn nicht. Unter seinen Lithographien sind
solche, die an die Gesichtefülle des Delacroix ge-
mahnen, der sich auch gerne mit Lithographie
beschäftigte. „Kriegslager", „Panik" mit dem
fast gespenstisch wirkenden, aus der Fülle des
Schwarz herausgearbeiteten Licht, sind Blätter
von fesselnder Geistigkeit. Erstaunlich der Fluß
der Zeichnung, der schmetternde Rhythmus ! Die
Szenen der Raufenden und Streitenden erschöp-
fen sich nicht im Gegenständlichen, nicht in un-
mittelbarer Schaubarkeit. Es ist eine Groteske
der Stimmung in ihnen, die über das plump Mo-

tivliche triumphiert, die Zeuge ist der Geistigkeit
dieser Blätter.

Andere im Eindruck unendlich graziöse Litho-
graphien, die an den oberbayerischen Weßlinger
See führen und im beherrschenden landschaft-
lichen Rahmen badende Frauen zeigen, sind nach
der Stoffsetzung allerdings dem Impressionismus
verwandt, aber das Zufällige, Beiläufige, Gelegen-
heitliche impressionistischer Zeichnung ist nicht
mehr in ihnen. Es ist verspürbar, wie überall der
von außen angesprungene Eindruck verdaut
ist, wie das Erlebnis des Auges übersetzt ist in
ein geistiges Erlebnis, wie Kompositionsgedanken
und Kompositionsgesetze, die sich Mayrshofer
selbst gegeben hat, in Erscheinung treten. Es
scheint Mayrshofer darauf nicht anzukommen,
die Motive an sich auszuformen, sondern durch
die Motive einer Stimmung Ausdruck zu geben,
die auf Helligkeit, Sommerfreude, Lebenslust
geht, und zu deren Ausschöpfung er diese Fülle
Lichtes, diese Weihe, diese schöne Körperlich-
keit benötigt. Und wie gelang ihm das! Es ist
Jubel und Entzücken, eine ganz unsagbare, sieg-
hafte Lebensfreudigkeit eingefangen in den schö-
nen Blättern, die zum Köstlichsten gehören, was
in neuerer Zeit durch das Ausdrucksmittel der
Lithographie zu den Kunstfreunden sprach!

Die Berührung mit dem Impressionismus be-
schränkt sich auf Außenbezirke der Kunstübung
Mayrshofers, und wenn er sich des graphischen
Lieblingsmaterials impressionistischer Künstler,
der Lithographie, bedient, so ist es, weil er
selbst im höchsten Maße malerisch in seiner
Formensprache ist, beweglich und spontan im
Ausdruck — unter dieser Epidermis aber ist er
reicher, geistiger, versonnener als die impres-
sionistischen Programm-Maler. G. J. W.

MAX MAYRSHOFER EINHALT

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