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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 35.1919-1920

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Popp, Joseph: Die Wandbilder der Lister Kirche
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https://doi.org/10.11588/diglit.14153#0316

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LINDA KÖGEL

ALTARBILDER IN DER LISTER KIRCHE

DIE WANDBILDER DER LISTER KIRCHE

Die Erneuerung und Weiterentwicklung der
dekorativen Malerei gehört zu den bleibenden
Verdiensten der Moderne. Sie setzte sich aber
ungleich langsamer und schwieriger durch als
das gleichzeitige Staffeleibild, da es ihm an den
entsprechenden Aufgaben fehlte. An derart be-
gabten Künstlern mangelte es keineswegs : Stuck,
L. Herterich, Volz, Holzel, Leistikow, L.v. Hof-
mann, um aufs Geratewohl nur ein paar Namen
zu nennen. Dem vorhandenen Drange einiger-
maßen zu genügen, griff man zum dekorativen
Tafelbild, so die Dachauer und später die Scholle.
Den nächsten Gewinn hatte die Illustration;
Blätter wie „Jugend" und „Simplicissimus", dann
die auferstehende Buchkunst. Erst im letzten
Jahrzehnt wurde es besser, wesentlich gefördert
durch die allgemeine Richtung der Malerei, die
wiederum mehr die Form und den straffen Bild-
bau pflegt. Auch hier wirkt aber im tatsäch-
lichen Wandbilde die allzulange Oberherrschaft
des Staffeleibildes verderblich nach: von den
Ausstellungen gewohnt, in rücksichtslosem Wett-
kampf sich durchzusetzen, fehlt dem Maler das

Gefühl für die notwendige Ein- und Unterord-
nung des dekorativen Werkes.

Um so bedeutungsvoller ist es, daß Linda
Kögel schon im Anfang des Jahrhunderts den
richtigen Weg fand. Zuerst in der Ausmalung
der München-Schwabinger Erlöserkirche (1904)
und im folgenden Jahr in der Dorfkirche von
List, die inzwischen Vorstadt von Hannover
geworden. An der ersten Aufgabe, die 40 qm
umfaßte, schnell und bedeutend gewachsen, durfte
sie sich an eine innerlich und äußerlich größere
mit vollem Recht wagen. Leider blieb der Künst-
lerin die endgültige Ausführung durch schwere
und lange Krankheit versagt. Das Werk ist über
seine entwicklungsgeschichtliche Bedeutung hin-
aus wegen seiner selbst beachtenswert.

Zuvörderst galt es unter dem Gesichtspunkt
des Chorbildes für die Wände, Einrichtung und
Ornamente die einheitliche Färbung zu schaffen:
die Holzdecke mit freiliegenden Balken wurde
blau getönt, die Emporen dunkel gebeizt, das
Gestühl grünbräunlich, das Chorgewölbe tief
himmelblau mit Sternen bemalt. Die steingraue

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