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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 35.1919-1920

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Christoffels, Ulrich: Eugen Napoleon Neureuther
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https://doi.org/10.11588/diglit.14153#0322

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LINDA KÖGEL

FRESKO IN DER LISTER KIRCHE

EUGEN NAPOLEON NEUREUTHER

Unter dem 24. April 1837 schrieb Neureuther
aus Rom: „Für das Fach der Arabeske
ist hier außerordentlich viel Schönes, denn die
Häuser, welche zum Teil wie halboffen sind,
die anstoßenden Gärten, Treppen, Altane und
Dächer, auf denen wieder Galerien, die vielen
Springbrunnen, Obelisken und Tempel, Säulen-
gänge und Höfe, alles ist eine große Arabeske,
belebt von vielen der schönsten Gruppen."*)
Der Künstler war anders als die meisten sei-
ner Zeitgenossen als eine schon sehr entwik-
kelte Persönlichkeit nach Rom gekommen, die
die Welt mit fertigem Auge betrachtete. Er
hatte den besten Teil seines Lebens hinter
sich und sein Name bedeutete ein bestimmtes
Stück Kunstgeschichte, da er durch seine Kunst
den Begriff der Arabeske ganz wesentlich er-
weitert hatte. Er verstand darunter mehr als

*) Aus Neureuthers unveröffentlichten Papieren, abgedruckt
in dem im Verlag von Hu?o Schmidt, München, erschienenen
,,Neureuther-Album" von E. W. Bredt, auf das wir hinweisen
und dem wir auf Grund freundlichen Entgegenkommens des
Verlags unsere Abbildungen S. 302 — 304 entnehmen.

ein flächenschmückendes Ornament, das man
zeichnet, um einem Formtrieb zu genügen, er
bildete die Arabeske um zu einem Ausdrucks-
mittel der Komposition, indem er Figuren und
Gruppen durch sinnreiche Schlingungen der
Linie miteinander verkettete und jede Illustra-
tion noch um den Reiz des Festlich-Dekora-
tiven bereicherte.

Neureuther, geboren 1806, war früh gereift.
Mit 23 Jahren gab er jene „Randzeichnungen
zu Goethes Balladen und Romanzen" heraus, die
des Dichters uneingeschränkten Beifall fanden
und den Künstler mit einem Schlage berühmt
machten. Sie schienen von den Randzeich-
nungen Dürers zum Gebetbuch Maximilians
beeinflußt, unterschieden sich aber im Stile
ganz und gar von dem Dürerschen Pflanzen-
ornamant durch ein viel unmittelbareres Hin-
arbeiten auf das Naturalistische. Neureuther
vermag die Pflanzen nicht zu einem Ornament
zu stilisieren, sondern er pflückt die Blumen
wie sie wachsen und windet blühende Kränze

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