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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 35.1919-1920

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Wolf, Georg Jacob: Fritz August Kaulbach
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https://doi.org/10.11588/diglit.14153#0229

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FRITZ AUGUST VON KAULBACH f

Am 26. Januar starb auf seinem Ansitz in Ohl- einen wesentlichen Faktor in der Entwicklungs-
k Stadt bei Murnau in Oberbayern der Maler geschichte der Münchner Malerei darstellt.
Fritz August von Kaulbach, der letzte künst- Die Frauenbildnisse überwiegen im Werk
lerisch tätige Träger dieses für die Geschichte Kaulbachs, und die Vorstellung, die man sich bei
der Münchner Malerei so bedeutsamen Namens. dem Aufruf des Namens Fritz August Kaulbach
Wilhelm von Kaulbach, die kunstpolitisch über- macht, ist die des mondänen Damenmalers. Und
ragende Gestalt des Münchner Kunstlebens im doch erschöpft diese eine Seite den Künstler nicht,
zweiten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts, Rassige Herrenbildnisse, wenn auch nicht von der
war sein Großonkel; noch unter dessen Aka- psychologischen Tiefe Lenbachscher Porträts,
demiedirektorat kam er, der selbst ein gebore- gibt es von ihm; man denkt an die Bildnisse Petten-
ner Münchner war, aber seine Jugend in Han- kofers, des Prinzregenten Luitpold, des Vaters,
nover verlebt hatte, an die des Jägers Dorn, denkt an
Akademie in München. Es B^^H^^^^^^^M|^^H|^^M^^HK Kaulbachs Selbstbildnisse,
war bald nach 1870, und und hat dann eine stattliche
der Ruhm der Schule des Reihe markanter Charakter-
Wilhelm Diez begann sich köpfe um sich. Man erin-
eben auszubreiten. Diez nert sich auch, daß Kaul-
hielt zwar Kaulbach nicht bach stille Landschaften
lange, indessen ging dessen H und farbenfrohe Blumen-
Einfluß, mehr vielleicht Stilleben, die in gewissem
noch der des Geniekastens Sinne Porträts von Blu-
der Diez-Schule, nicht un- J mensträußen sind, malte,
bemerkt und nicht spur- Man denkt an seine „Grab-

los an ihm vorbei. Da- legung" in der Münchner
mals standen überdies in [^k ' v^ Pinakothek, ein Bild, mit
München die prachtvollen |gk dem er an die Grenzen des
Künstlerfeste in Flor; Kaul- : \/* 3 höchsten malerischen Pa-
bach, der bei ihnen eine thos streift, und stellt die-
bedeutende Rolle spielte, ^^^B E& sem seinen graphischen Hu-
gewann auch als Maler mor, der in den Kneipzei-
von diesem farbigen Trei- tungen und Stammbüchern
ben manche starke Anre- der „Allotria" triumphiert,
gung, und so sieht man gegenüber. Man kann
auf einem seiner frühesten ' ... daraus ermessen, daß die

Pliot. »jebruder Hirsch, München

Bilder die schöne Frau Feierlichkeit und Entrückt-

Gedon in der altdeutschen Tracht eines solchen heit, in der Fritz August Kaulbachs Person und

Künstlsrfestes, es ist ein feines Bild, ein glück- Kunst so leicht erscheinen können, sein Wesen

licher Auftakt. nicht ganz treffen; denn es war auch die Ver-

Die Frühzeit Kaulbachs wird durch Bilder bindung zur heiteren Seite des Lebens da.
von hoher malerischer Kultur und von selte- Nach Pilotys Tod wurde Kaulbach Direktor der
nem Reiz auch im rein Malerischen gekennzeich- Münchner Akademie, blieb es abernur einige Jahre
net. Obwohl er damals schon gerne dekora- lang. Dann zog er sich vom Lehramt zurück, be-
tiv improvisierte, waren seine Staffeleibilder hielt indessen namentlich unter der Regentschaft
doch bis in das letzte Eckchen malerisch des Prinzen Luitpold, mit dem ihn persönliche
durchempfunden und koloristisch ausbalanciert, Freundschaft verband, starken kunstpolitischen
und es müßte ein hoher künstlerischer Genuß Einfluß. In die Entwicklung des Münchner Kunst-
sein, sie einmal alle vereinigt zusehen — hof- betriebs griff er wiederholt entscheidend ein, nicht
fentlich gelingt dies, es wird ein ganz neues mehr indessen in den Entwicklungsgang der
Urteil über Kaulbach bewirken, der dann nicht Kunst selbst. Impressionismus und Expressionis-
nur als der vielgewandte, elegante, aber ein mus kamen für ihn nicht in Frage. Er hatte sich
wenig inhaltlose und das rein Malerische zuwei- diesen Kämpfen ferngehalten und in Schönheit
len geringschätzende Damenporträtist erschei- und rückschauender Freude an anderm Ausdruck
nen wird, sondern als ein Maler, dessen Werk der Kunst seine vornehmen Bilder gemalt. Wolf

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