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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 35.1919-1920

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Wolf, Georg Jacob: Johann Wilhelm Schirmer
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https://doi.org/10.11588/diglit.14153#0228

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J. W. SCHIRMER

MOTIV BEI CIVITELLA

es im Wallraf-Richartz-Museum nicht weniger
als elf Bilder Schirmers, die Berliner National-
galerie besitzt von ihm neben anderem einen
Zyklus biblischer Landschaften mit der Ge-
schichte Abrahams. Studien zu biblischen Bildern
vereinigte Schirmer im sogenannten „Emilien-
Album", das in der Familie des Künstlers ver-
blieb ; das „Paradies" und das „Opfer Isaaks",
die daraus stammen und hier abgebildet sind,
beweisen, wie glücklich Schirmer die dramati-
sche Stimmung der biblischen Anekdote auf-
fing und im Landschaftlichen ausschwingen
ließ, aber auch, wie er das rein Figürliche in
einer Weise beherrschte, die bei einem Land-
schafter nur dann verständlich ist, wenn er ein
starker Künstler über sein Fach hinaus ist.
Auch hier verspürt man, wie er der Prophet
seiner größeren Schüler Böcklin und Thoma
ist. Im Frankfurter Städel sind sodann drei
Landschaften seiner Hand, während die Neue
Pinakothek in München bisher nur eine Land-
schaft von ihm, aus der Spätzeit (1862) stam-
mend, besaß, aber ebenso wie die Mannheimer
Kunsthalle durch Ankäufe in der Ausstellung

der Galerie Heinemann die Lücke zu schließen,
sich kräftig bemühte.

Die Galerie-Publizität, über die Schirmer ver-
fügte, und die Weiterwirkung seines Wesens
in seiner bedeutenden Schülerschaft lassen es
nur schwer begreiflich erscheinen, daß er bald
nach seinem Tode (am 11. September 1863) in
einer Wolke der Vergessenheit versank. Man
kann es sich nur in der Weise erklären: An-
dere stellten sich an die Ecken der Kunst-
straßen und schrien laut; Schirmer war stets
ein stiller, zurückhaltender, taktvoller Mensch
und Künstler. Und in dem Maße, als sich nach
seinem Tod die deutsche Kunst in programma-
tische Kämpfe um Richtungen und Prinzipien
einließ, verblaßte die Erinnerung an einen
Künstler, der in seiner Kunst ein hehres,
kampfentrücktes Ideal verehrte.

Nun ist Schirmer in einer Zeit, die trotz
veränderter Formensprache den innersten Kern
Schirmers besser verstehen muß als das im-
pressionistische Zeitalter, wieder auferstanden;
möge fortan die Sonne über seinem Werke
nicht mehr untergehen. Georg Jacob Wolf

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