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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 35.1919-1920

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Wolf, Georg Jacob: Joseph Schmid-Fichtelbergs Landschaften
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https://doi.org/10.11588/diglit.14153#0110

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JOSEPH SCHMID-FICHTELBERGS LANDSCHAFTEN

Naturgefühl ist alles. Es steht am Anfang
der Dinge, die den Landschaftsmaler ma-
chen. Die Technik, das Handwerk kommt in
zweiter Linie. Denn die starke soziale Funktion,
die Auswirkung, die von einem Kunstwerk ver-
langt werden muß, wird nicht durch den Aus-
druck, nicht durch die Form bewirkt, sondern
durch den Inhalt und die Stimmung, und wo
wäre die Stimmung als Trägerin des Bildge-
dankens entscheidender als bei der Landschaft ?

Dem Impressionismus, dessen Verdienste eine
kühne, nach vorwärts treibende Zeit zu verken-
nen nur allzu bereit ist, verdankt die Landschafts-
malerei die Befreiung von der Vedute und von
der drückenden Herrschaft der Staffage. Da die
Ausdrucksform des Impressionismus sich vor
allem mit Luft- und Lichtproblemen befaßt,
dem Atmosphärischen nachsetzt und es mit
aller Gründlichkeit in das Bild einzufangen un-
ternimmt, so konnte und kann ihr (abgesehen
vom Stilleben) keine Provinz der Kunst so wich-
tig, keine für sie so ergiebig sein als die Land-

schaftsmalerei. Insofernfußenalle Landschafts-
maler der Gegenwart auf dem Impressionismus,
mögen sie sich auch heute ganz anderer Aus-
drucksformen bedienen. Der Impressionismus
hat das landschaftliche Auge auch denen ge-
schärft, die heute sich ganz anderer Ausdrucks-
formen bedienen. Auch wer eine durchaus „über-
setzte", stilisierte Landschaft malt oder wer mit
peinlicher Akribie die Wirklichkeit abzuschreiben
sich unterfängt, sieht durch die Mittlerschaft des
Impressionismus und seiner Schulung des Auges
in die Natur hinein. Denn der Impressionismus,
eine naturwissenschaftliche Kunstauffassung, ist
die Konsequenz der ins Geistige projizierten Op-
tik eines realistischen, unphantastischen Zeital-
ters, ist die Art des gesunden, normalen Sehens,
mit einiger Wissenschaftlichkeit verbrämt.

Joseph Schmid-Fichtelberg, der, ohne schuli-
sche Vorbildung und Verbildung einem wirklich
unbezähmbaren Drang seines Herzens folgend, in
Jahren, da man weiß, was man will, seine Be-
amtenlaufbahn verlassend, sich der Malerei zu-

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