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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 35.1919-1920

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Fechter, Paul: Zu neuen Arbeiten Max Pechsteins
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https://doi.org/10.11588/diglit.14153#0238

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MAX PECHSTEIN

ITALIENISCHE FISCHER (LITHOGRAPHIE)

Verlag Fritz Gurlitt, Berlin

ZU NEUEN ARBEITEN MAX PECHSTEINS

Seit zwei Jahren ungefähr ist Max Pechstein
wieder an seinem Werk. Im April 1914
ging er nach den Palauinseln, dem Lande seiner
langen Sehnsucht, wo er das unvermittelte,
ungebrochene, das richtige Leben nicht nur
als Wunsch, sondern als Wirklichkeit zu fin-
den hoffte. Im November desselben Jahres
vertrieben ihn der Krieg und die Japaner von
seiner stillen Insel: nach abenteuerlichen Fahr-
ten kam er über Manila nach Neuyork und
schließlich im Frühherbst 1915 als Kohlen-
trimmer auf einem holländischen Dampfer nach
Deutschland. Der Krieg packte ihn zum zweiten
Mal. Als Infanterist kam er nach dem Westen,
nach Flandern, Lille, an die Somme. 1917
wurde er entlassen; seitdem malt er wieder.
Und es ist, als ob die jahrelang gebändigte,
zurückgehaltene Energie jetzt in diesen Jahren
in einem doppelt starken Strom sich entladen
muß. Eine Fülle von Bildern, Holzschnitten,
Radierungen, Lithographien ist in dieser Zeit
entstanden, die allein schon hinreichen würde,
Ruf und Stellung eines Menschen zu begründen.
Über das Wesen des Malers Pechstein zu

schreiben ist schwerer als über die Mehrzahl
seiner malenden Zeitgenossen. Und zwar weil
er vielleicht der reinste Maler ist und der na-
türlichste dazu. Sein Expressionismus, um das
vertrakte Wort beizubehalten, geht rein über
das malerische Mittel ohne Umwege begriff-
licher, gedanklicher, geistiger Art. Er ist rein
sinnlich, kommt aus sinnlichen Erlebnissen und
ist im Grunde nur sinnlich aufzufassen. Die
Art seiner Bilder in Worte umsetzen, heißt
ihr Bestes verdünnen, ihr Wesentlichstes, das
nur dem sehenden Gefühl zugänglich ist, ins
Nichtanschauliche verschleppen. Man kann über
Kokoschka, über Picasso, über Kandinsky lite-
rarische Anmerkungen machen, die ihr Wesen
und Wollen mit gleicher Eindringlichkeit dar-
stellen, wie es etwa ihre Bilder tun, weil diese
aus einem Ineinander von Wollen, Fühlen,
Denken, Sehen entstehen; das Wesentliche
Pechsteinscher Bilder ist nur direkt über das
Augenerlebnis auffaßbar.

Pechstein kennt letzten Endes nur ein Thema
seines Werkes: Leben. Was ihn reizt, sind
nicht so sehr malerisch bildnerische Probleme,

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