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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 37.1921-1922

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Wilm, Hubert: Die Neuordnung des Germanischen Museums in Nürnberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.14154#0345

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SCHWÄBISCHER MEISTER UM 1280 a ST. JOHANNES
DER TÄUFER

(Leihgabe aus Privatbesitz)

Während der nun folgende Dürersaal keiner-
lei plastischen Schmuck mehr aufweist, enthält
das ihn flankierende Burgkmair-Kabinett außer
den Tafelgemälden wieder einige Hauptwerke
spätgotischer schwäbischer Plastik. Neben der
prächtig gemalten Mutter Gottes im Garten (Abb.

S. 315) und dem Sebastiansaltar von Burgkmair
stehen die zwei reichbewegten großen Hoch-
reliefs zweier Heiligenpaare, Zosimus und Bar-
bara, Gereon und Katharina von Alexandria,
Arbeiten eines schwäbischen Meisters vom An-
fang des 16. Jahrhunderts, die in seltener Quali-
tät den damals weitverzweigten Parallelfaltenstil
dokumentieren. Und als interessantes Beispiel
für die üppigen Blüten, die die Fortentwicklung
dieses barockisierenden spätgotischen Falten-
stils zeitigte, finden sich im gleichen Raum die
zwei wildbewegten Holzfiguren Johannes des
Täufers und Johannes des Evangelisten vom
Meister des Breisacher Hochaltars.

Dürer ist mit seinen Idealbildnissen Kaiser
Karls des Großen und Kaiser Siegismunds,
seinem Herkulesbild, seiner Replik der Mün-
chener Beweinung, seinem Michael Wolgemut
und dem schlecht erhaltenen Bildnis Kaiser
Maximilians nicht so gut vertreten, wie man
es ihm in seiner Vaterstadt gerne wünschen
möchte. Ich finde hier die erste schmerzliche
Lücke in den Sammlungen des Museums, die
wohl heute schwer mehr auszufüllen sein wird.
Man wünschte sich gerade hier wenigstens ein
Bild Dürers von der unerhörten Qualität und
Erhaltung der Berliner Porträts oder der Mün-
chen er Apostel.

Mit zwei kleineren Sälen, deren einer die
Manieristen, deren anderer die Kunst des späten
17., des 18. und frühen 19. Jahrhunderts in spar-
samen Proben zeigt, schließt die große Flucht
der Haupträume. Die an der Nordseite parallel
zur Hauptreihe laufende Flucht von acht kleinen
Seitenlichtkabinetten birgt die kleineren Ge-
mälde des Museums. Der kölnischen, Nürnberger,
schwäbischen Schule ist je ein Raum gewidmet.
Ein Donauschul-Kabinett bringt treff licheWerke
Albrecht Altdorfers und Wolf Hubers, ein Bai-
dung Grien-Raum und ein Niederländer-Kabi-
nett schließen sich an. Der letzte dieser kleinen
Säle enthält die deutschen Kleinmeister vom
Ende des 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts.

Die Seitenlichträume an der Südseite bergen
zum größten Teil wieder spätgotische Holz-
plastik. Der südöstlichste Raum ist als einziger
im ganzen Neubau durch Zusammenfügung der
vollständig erhaltenen alten Architekturteile zu
einem spätgotischen Kirchenraum, einer ge-
treuen Rekonstruktion der Ebracher Kapelle
umgewandelt. Drei besonders schöne Nürn-
berger Skulpturen kamen in ihm zur Auf-
stellung. Hier steht die berühmte Nürnberger
Madonna (Abb. S. 325), die erst in jüngster
Zeit von ihrem neuen, feldgrauen Anstrich be-
freit und in ihrer ursprünglichen Bemalung
freigelegt wurde. Die alte originale Fassung
ist zum größten Teil tadelfrei erhalten: die

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