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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 19.1869

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Lichtenstein, ...: Altes und Neues
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Chronik des Vereins
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Beschreibung der Kunstbeilagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9045#0004

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der Elektricität und Dampfkraft erfunden. Soll die aus unserer
Zeit hervorwachsende, neuentstehende Figurenwelt nicht auch von
unseren Kunsthandwerkern benützt werden? Sollte diese neue Fi-
gurenwelt im Verein mit den neuen Constrnctionsformen nicht auch
eine originelle Ornamentik Hervorrufen können?

Es gibt aber auch noch eine andere Weise das Moderne als
etwas Selbständiges zur Geltung zu bringen; hierauf werden wir
in einem der folgenden Hefte näher entgehen bei Gelegenheit einer
Zeichnung von Meister Schwind, welche diese Zeitschrift bringen wird.

Unsere Zeitschrift soll durch Mittheilungen ans der Geschichte
des Kunstgewerbes dazu beitragen, daß sich ihre Leser dergestalt
in die Vergangenheit zurückversetzen können, daß sie dieselbe als
eine ehemals lebendige Gegenwart anzuschauen vermögen; sie soll
ferner erörtern, wie die Technik und die Erfindung der Formen für
Geräthschaften sowie die Anwendung des Figürlichen und Orna-
mentalen in früheren Zeiträumen aus dem Bedürfniß und der je-
weiligen Empfindungsweise hervorgegangen sind; sie wird ferner,
um das Studium des Alten zu erleichtern, eine Reihe von Abbild-
ungen nach den Werken früherer Meister bringen. Die bekannte
Liberalität des Direktoriums des bayerischen Nationalmuseums macht
es uns möglich, die Schätze desselben für unsere Zeitschrift zu be-
nützen. Diese wird aber über dem Alten nicht das Neue vergessen,
und ihre volle Aufmerksamkeit der neuen Technik, neuen Constrnc-
tionen und neuen Arten der Ausschmückung, sowie der originellen
Wiederbelebung des Alten zuwendcn.

Etwas über eine ältere Kunftgewerbschule.

In den von Br. A. v. Zahn trefflich redigirten und bei See-
mann in Leipzig erscheinenden Jahrbüchern für Kunstwissenschaft
stehen Beiträge zur Kunstgeschichte Nürnbergs von I. Baader, wel-
chen wir Einiges entnehmen wollen. Da gegenwärtig überall neue
Kunstgewerbschnlen gegründet werden, wird die Errichtungsgeschichte
und die Einrichtung einer älteren Anstalt von besonderem Interesse
sein. Im Jahre 1662 war in Nürnberg eine Akademie gegründet
worden, deren erste Direktoren der Kupferstecher Jakob von Sandrart
und der Baumeister und Maler Elias v. Gödeler waren. Als die
Akademie in Verfall gerathcn war, beschloß der Rath im Jahr 1703
die Wiederaufrichtung derselben, zu welcher der Baumeister Vol-
kamer die Statuten entwarf. Aus diesen entnehmen wir nur fol-
gende Bestimmung: „Es soll einem Jeden erlaubt sein, bei dem Vor-
steher über ein oder anders anzufragen und Unterricht, doch mit
Bescheidenheit einzuholen und seine Zeichnung vorzuweisen, keiner
aber den Andern deswegen auslachen oder beschimpfen." Johann
Daniel Preißler wurde im Jahre 1704 zum Direktor der Akademie
ernannt. Es wurden ihm zur Aufmunterung im Jahr 1707 jähr-
lich 12 Thaler aus dem Fonde des Bauamtes bewilligt. Weitere
Bezüge aus der Staatscasse hatte er nicht. Im Jahr 1716 grün-
dete er die Zeichnungsschule für Knaben und Handwerkslehrlinge,
die mit der Malerakademie verbunden und zum Unterschied „die
kleinere Zeichnungsschule" genannt wurde, während man die Aka-
demie als „die größere Zeichnungsschule" bezeichnte. In deni
Memorial, worin er die Errichtung einer Zeichnungsschule für Kna-
ben und Lehrlinge bei dem Rathe beantragte, äußerte er sich dar-
über folgendermaßen: „Ew. Gnaden und Hochadeliche Herrlichkeit
wird von selbsten Hocherleucht bekannt sein, was großen Nutzen
die Zeichenkunst bei allen Gewerben und Handwerkern schaffen
kann, wenn zumal die liebe Jugend allhier zeitlich und mit Grund
dazu sollte angewiesen werden." Im weitern Verlauf des Me-
morials fährt er fort: „Und obschon dieses Vorhaben im Anfang
schwer zu sein scheinen sollte, so hoffe ich doch zu Gott, daß es
mit dessen Beistand und unter desselben Segen einen guten Fort-
gang gewinnen würde, wenn man es folgender Gestalt tractirte:
Es müßte nemlich diese Zeichenschül in der gewöhnlichen Akademia-
L-tnben im Katharinakloster alle Mittwoch und Sonnabend Nach-

mittags gehalten werden, daselbst man sowohl die Anfänger als
andere, die schon etwas avancirt sind, unterrichten, auch um mehrer
Ordnung und Leichtigkeit willen die Schulen in vier Klassen un-
maßgeblich eintheilen könnte und wäre von 1—2 Uhr die Anfän-
ger , denen man die Regeln der Zeichenkunst beizubringen hätte,
vor die erste Klasse, dann von 2—3 Uhr aber diejenigen, so weiter
avancirt und mit welchen man von denen Gemüthsbewegungen, auch
von denen Armen, Schenkeln und Leibern zu tractiren hätte und
als die zweite Klaß wäre, von 3—4 Uhr hingegen diejenigen, welche
zur dritten Klaß tüchtig wären, darinnen mau ihnen von denen
Figuren, deren Proportion, auch denen römischen Statuen und an-
dern guten Zeichnungen Unterweisung geben könnte; und endlichen
von 4—5 Uhr als die letzte Klaß, darinnen man ihnen den Weg
nach dem Leben zu zeichnen, mit Vorlegung körperlicher Dinge als
von Wachs oder Gyps bahnen könnte, auch jedesmäl zu Ende eines
Monats einige Unterweisung von der Anatomie vornehmen könnte,
damit diejenigen, so künftighin Lust hätten, in die Academia zu
gehen, desto leichter und schicklicher zur Zeichnung nach dem wahren
Leben zu gelangen, großen Bortheil haben würden." Der Vor-
schlag Preißlers wurde vom Baumeister Christoph Gottlieb Vol-
kamer bestens begutachtet; er war jedoch der Meinung, man sollte
in die Zeichnungsschule nur solche junge Leute aufnehmen, die bei
den Handwerken schon aufgcdungen und in der Lehre sind oder
von welchen vorausgesetzt werden könne, daß sie sich irgend einem
Handwerk widmen werden. „Es müsse gewarnt werden, daß aus
ihnen später keine eingebildete Zeichner und hernach Müssiggänger
entstehen." Der Antrag Preißlers wurde genehmigt, der Baumeister
ernannte ihn zum Direktor der Schule und der Rath bestätigte diese
Ernennung, so daß also Preißler die Akademie und die Zeichnungs-
schule zugleich dirigirte.

Chronik des Vereins.

Von den in Folge des letzten Concurrenzausschreibens einge-
laufenen Entwürfen für einen Damenfächer erhielt Herr Schmedel
den Preis.

Für die nächste Concurrenz wurde der Entwurf eines Wasch-
tisches und der Entwurf eines Kaffeeservice (Kaffee- und Milchkanne,
Zuckerdose und Tassen) bestimmt.

Der Einlieferungstermin ist der 26. Februar.

Der Zeichnungssaal des Vereins, in welchem von den Be-
suchern desselben Entwürfe für kunstgewerbliche Gegenstände ange-
fertigt werden oder bei dem artistischen Vorstand Hrn. Seder be-
stellt werden können, ist seit Kurzem eröffnet. In wenigen Tagen
sind Hrn. Seder sehr viele Aufträge zu Theil geworden.

Gegenwärtig beschäftigt sich der Ausschuß lebhaft mit dem
Projekt einer größeren kunstgewerblichen Ausstellung, welche gleich-
zeitig mit der internationalen Kunstausstellung in den Sommer-
monaten veranstaltet werden soll.

Beschreibung der Kunstbeilagen.

Blatt I: Uhr entworfen vom Architekten A. Töpfer in Augsburg,
in Bronce auszuführen.

Blatt II: Kristallschale aus dem 16. Jahrhundert, aus der Zeit
Wilhelms V. Herzogs von Bayern. Sie befindet sich ge-
genwärtig im bayerischen Nationalmuseum und ist in der
Größe des Originals anfgenommen und autographirt von A.
Seder. 1. Ansicht nach der Läugenseite der Ellipse, 2.
und 3. Ornamente der Schmalseiten. . 4. unb 5. Emailirte
Ornamente im vergrößerten Maßstab auf der Goldfassung
A und B. 6. Ein Viertel des oberen Randes mit dem
unten eingeschliffenen Ornament. 7. Ein Viertel des Fußes
mit dem eingeschliffenen Ornament.

'JiobtÄh:t ""'er Bcramwertlichkeit des Redattious-AusschilsseS von 1)r. Lichtenstein. — Kgl. Hofbuchdruckerei von Dr. C Wolf & Sohn.

Zentralinstitut
für Kunstgeschichte
in München

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