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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 19.1869

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Das Kunstgewerbe auf den Münchener Ausstellungen im Sommer 1869
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Zeitschrift

des

Kunst-Gewerbe-Vereins.

Neunzehnter Jahrgang.

München.

9 ^ IO.

1869.

Die Zeitschrift erscheint monatlich mit wenigstens zwei Seiten Text und zwei Kunstbeilagen. Die Vereinsmitglieder erhalten die Zeitschrift unentgeltlich. JmBuch-
handel kostet dieselbe 4 fl. s. W. = 2 Thlr. 12 Sgr, der Jahrgang. Inserate geeigneten Inhaltes werden mit 6 kr. — 2 Sgr. für den Raum einer gespaltenen
Petitzeile berechnet. Ständige Inserate erhalten eine entsprechende Preisermäßigung. In- und Auswärtige wollen sich dieserhalb an die Buchhandlung von

Theodor Ackermann dahier wenden.

Das Kunstgewerbe

auf den Münchener Ausstellungen im Somincr 1869.

Für eine Münchener Stadtchronik würde das Jahr 1869 das
Ausstellungs-Jahr heißen müssen, einmal lvegen der vielen Aus-
stellungen selbst und dann wegen der voraussichtlich günstigen Folgen,
wenn der Friede längere Zeit gewahrt bleibt. In erster Reihe
wurde für dieses Jahr die internationale Kunstausstellung in An-
regung gebracht, und zwar war es die Staatsbehörde, welche dieses-
mal die Initiative ergriff. Dieser Plan wirkte glücklicherweise an-
steckend auf den allgemeinen Gewerbeverein, sowie auf den Kunst-
gewerbeverein. Jener wählte und erhielt für seine Lokalindustrie-
ausstellung den einen Flügel des Glaspalastes, während der Kunst-
gewerbeverein für die Ausstellung welche seine Mitglieder veran-
laßten in den Räumen des Nationalmuseums sich ausbreiten konnte.

Es war das europäische Ausstellungsjahr 1867, welches der
Künstlerschaft und dem Cultusministerium den Beweis geliefert hatte,
wie wichtig die Ausstellungen sowohl für die Fortentwicklung des
Könnens, der eigentlichen Kunstfertigkeit wie für die Ausdehnung
des Absatzgebietes seien.

Die Münchener Künstler hatten in jenem Jahr des Ueberblicks
über Alles, was gegenwärtig die menschliche Hand zu leisten ver-
mag, mit großer Energie sich znsammengeschaart, und waren mit
einer ansehnlichen Reihe von Kunstschöpfungen aufgetreten. Und
wahrlich; sie hatten ihr Unternehmen nicht zu bereuen; seit jener
Zeit ist der Ruf Münchens als einer Hauptstadt der Kunst wieder
ganz bedeutend gewachsen, ein Ruf, welcher jedem Einzelnen zu
Gute kommt. Die Folge dieses gewachsenen Rufes war, daß in
diesem Jahre die Fremden in Masse nach München strömten, und
daß sie mit Vorliebe die Werke Münchener Künstler sowohl im
Ausstellungsraum wie in den Ateliers und Kunsthandlungen kauften
und daß sie eine ganze Reihe neuer Werke bestellten, wodurch wie-
derum der gute Ruf der Münchener Kunst in alle Welt hinansge-
tragen wird. Leider haben int Jahre 1867 die hiesigen Gewerbe-
treibenden nicht in dem Maaße wie die Künstler die Wahrheit be-
griffen, daß der Ruf, welchen die Stadt etwa auch als eine auf
kunstgewerblichem Gebiete hervorragende Stadt gewonnen hätte,
ebenfalls jedem Einzelnen hätte nützen müssen. Aber statt jene
Wahrheit zu begreifen sagte jeder Einzelne: die Ausstellung hilft
mir doch nichts. Wäre München im Jahre 1867 nur mit den
Werken aufgetreten, welche in diesem Jahre als Leistungen hiesiger
Kunsthandwerker aufgestellt sind, dann wäre gewiß München seit
jener Zeit auch als eine hervorragende Vertreterin der Kunstin-
dustrie namhaft geworden, und die guten Folgen der Erwerbung
dieses guten Namens wären sicherlich nicht ausgeblieben.

Wir wollen nun die Reihen von knnstgewerblichen Gegenständen,
welche sich im Glaspalast und im Nationalmuseum befanden, einer
Betrachtung unterziehen. Die Unmöglichkeit, daß alles Einzelne

hervorgehoben werde, ist natürlich einleuchtend. Um die Masse
von Gegenständen besser gruppiren zu können, sei alsbald ein für
das Kunstgewerbe sehr wichtiger Punkt ins Auge gefaßt. Es ist
hier der wiedererwachende Farbensinn gemeint, der Sinn für das
coloristische Prinzip, wie sich jetzt Manche ausdrücken, welcher mit
dem Formensinn sich zu verschmelzen strebt. Dabei wird nicht allein
die eigentliche Farbengebung berücksichtigt, sondern auch das man-
nichfaltige Spiel des Lichtes auf rauhen, matten, glatten und glän-
zenden Flächen. Beginnen wir mit dem Material des Holzes.
Wir sehen tüchtige Meubles von Pöffenbacher, Oehlman, Schmid,
Anton, Meklenburg, von den Nürnberger» Schäffler und Stöttner
und Anderen. Schäffler hat mehrere Meubles ausgestellt, deren
Entwürfe aus der Nürnberger Schule, welche unter Krelings Leitung
steht, hervorgegangen sind. Sehen wir uns ein Himmelbett an,
welches Schäffler ausgeführt hat, so finden wir an demselben einen
Beleg für das Wiedererwachen des Farbensinnes. So finden wir
z. B. an der Rückwand dieses Himmelbettes, in deren Nische der
blinde Amor mit gespanntem Bogen steht, die Farben verschiedener
Hölzer, die matte und glänzende, die rauhe und glatte Oberfläche
des Holzes glücklich benützt. Braunes mattgehaltenes Ornament
ist auf polirtem also glänzendem Grund von hellerer Farbe aufge-
legt; dann sehen wir Felder mit rauher Oberfläche, welche von
glattem Holz eingerahmt sind. Ein auch von Schäffler verfertigter
Tisch zeigt eine mit kostbaren Hölzern eingelegte Platte, welche von
einem Fuß getragen wird, an dessen beiden Seiten je zwei Figuren
zugleich nach einer in der Mitte befindlichen Vase greifen, während
sie mit der andern Hand den Tisch stützen. In den wirklichen
Farbentopf greift Meklenburg, welcher verschiedene Meubles aus
hellem Tannenholz mit Arabesken und mancherlei Figuren, welche
mit der Bedeutung des Mendels in Zusammenhang stehen, in roth-
brauner Farbe bemalt hat. Es ist das gewiß eine Idee, die sich
weiter ausbilden läßt. Ein Byzantinisches Altärchen von Schoidl
nach einer Zeichnung von Markgraf zeigt auch ein mannichfaltiges
Farbenspiel. Es ist bedauerlich, daß keiner der größeren Altäre
aus der Maier'schen Anstalt und aus dem Atelier Markgrafs aus-
gestellt wurde. Durch vortrefflich und sehr lebendig gearbeitetes
Schnitzwerk zeichnen sich die Menbels aus, welche Oehlmann ausgestellt
hat. Diesen geflügelten Greifen mit ihren wie Säulen straffgehal-
tenden Füßen sieht man an, daß sie wirklich mit Leib und Leben
bei ihrer Arbeit sind, welche darin besteht, daß sic die Tischplatte
tragen. An einem Buffet sind Gehänge von Früchten, Gemüsen,
Thiercn, welche andenten, was Alles die verschiedenen Jahreszeiten
auftischen, mit einer Hand geschnitzt, welche die lebendige Natur
in sich zu empfinden und deshalb auch frisch nachzubilden vermag.
Die Berchtesgadener Naturkinder haben Thiergruppcn geschickt,
welche wiederum beweisen, daß das Volk des Gebirges eine natür-
liche Befähigung für die Holzschnitzerei besitzt. Vortreffliche Rahmen
sehen wir von Radspieler; Swertschkoff hat eine ganze Reihe von
Rahmen ausgestellt, sowie auch Entwürfe zu Meubles, welche von
 
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