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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 19.1869

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Schmädel, Josef von: Welches sind die Grenzen auf den Gebiete des Kunstgewerbes?
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Notiz über Concurrenzarbeiten
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Chronik des Vereins
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Beschreibung der Kunstbeilagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9045#0046

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Darin glauben wir liegt das Wesen der Kunstindustrie und >
damit ist auch der Maaßstab für die Unterscheidung zwischen In-
dustrie und Kunstindustrie gegeben. Daraus ergibt sich nem-
lich als praktische Folgerung, daß alle jene Produkte, welche lediglich
nur den Zweck als Nutzeffekt im Auge haben, wenn sie auch noch
so geistreich in der Erfindung und komplizirt in der Form sind,
als rein industrielle und nicht dem Kunstgewerbe angehörige zu be-
trachten sind; während alle jene, die außer dem Zwecke auch noch
den Stempel idealen Strebens in mehr oder weniger ausgeprägter
Weise tragen, zu den kunstgewerblichen zu zählen sind.

Es ist nun klar, daß die Abstufungen im Kunstgewerbe so
vielfältig sind, wie in allen Zweigen der menschlichen Thätigkeit.

Wir haben es mit einer Schätzungsscala zu thun, die bei Produkten
beginnt, von welchen es zweifelhaft erscheint, ob sie das rein indu-
strielle Gebiet wirklich schon ein wenig überschritten haben oder
nicht, und welche bei Produkten endet, die dem Zweifel Raum
geben, ob sie schon den schönen Künsten beizuzählen oder ob sie
gerade noch der Vermittlerin zwischen Kunst und Industrie einzu-
verleiben sind. — Um nun überhaupt eine gewisse Abgrenzung
dieser Skala möglich zu machen, wird es im Interesse der Kunst- j
industrie sein (wir gehen natürlich vom praktischen Standpunkte aus)
dieselbe da, wo sie mehr den rein industriellen Charakter anzu-
nehmen beginnt, möglichst zu kürzen, während sie anderseits, wo sie
sich immer mehr der reinen Kunst zuwendet, möglichst weit ausgedehnt
werden dürfte. Es giebt z. B. Gegenstände, die beinahe jeglicher
Rubrik einer derartigen kunstindustriellen Skala je nach ihrer Aus-
führung beigefügt werden können oder auch ganz von ihr ausge-
schlossen werden müssen.

Nehmen wir z. B. eine Nähmaschine, so hat dieselbe, so lange
ihre Form, ihre Construktion lediglich den praktischen Zweck im
Auge hat, keinen Anspruch darauf, als kunstiudustrielles Produkt
gelten zu können. Sie nimmt auch dann noch, wenn sie allenfalls
durch einige Zuthaten von Ornamenten u. dgl. in ihrer Form dem
Auge gefälliger gemacht worden ist, noch keinen nennenswerthen
Rang in der Kunstindustrie ein, während hingegen da, wo ausge-
sprochener Maßen sowohl in der Form selbst, als in den der Form
unterlegten Motiven das Bestreben ausgesprochen ist, dem Zweck
derselben eine ideale Basis zu geben, dieselbe je nach dem Grade
ihrer Vollendung eine sehr hervorragende Stellung einnehmen kann.

Der Verfasser der vorliegenden Erörterungen hat in einem der
neuesten Blätter dieser Zeitschrift gerade an einem solchen Gegen-
stände zu zeigen gesucht, in welcher Weise selbst eine Maschine,
die doch anscheinend von vornherein vom kunstgewerblichen Gebiete
ausgeschloßen erscheint, in ihrer Form und den derselben unterlegten
Motiven die idealen Seiten zur Anschauung zu bringen vermag.

Es soll an ihr zum Ausdrucke gebracht werden, wie auch sie gleich
allen Maschinen dazu beigetragen hat, dem Menschen von entwür-
digendem Dienste zu befreien und demselben eines seiner kostbarsten
Güter, die Zeit zum Geschenke zu machen.

Allerdings wird es nie möglich sein, daß eine Maschine als
solche die höchste Stufe kunstindustrieller Leistungsfähigkeit erreichen
kann, da stets der realistische Zweck und der ideale Ausdruck desselben
zu gleichen Theilen vertreten sein werden, aber es ist, wie gezeigt,
leicht möglich sie zu einem hervorragendem Produkte der Kunstin-
dustrie zu gestalten. — Wir haben somit gezeigt, wie ein und der-
selbe Gegenstand kunstindustriell und nur rein industriell zu sein
vermag und glauben damit am deutlichsten einen Anhaltspunkt
für die Bestimmung und Rubrizirung kunstgewerblicher Gegenstände
gegeben zu haben.

So lange ein derartiges Produkt lediglich den realistischen
Zweck, die praktische Ausbeutung der Form im Auge hat, oder nur
in ganz untergeordneter Weise Formenschönheit gleichsam als Putz
und Aushängeschild zur Schau trägt, hat es keinen Anspruch darauf,

als kunstindustrielles Produkt zu gelten. Ist aber außer dem Zwecke
auch noch das deutliche und bewußte Streben nach Jdealisirung
desselben vorhanden, so beginnt dasselbe der Kunstindustrie anzuge-
hören und steigt immer höher, je mehr sich dasselbe der reinen
Kunst nähert. —

Notiz über Concurrenzarbeiten.

Die von Carl von Lützow herausgegebene Zeitschrift für bil-
dende Kunst bringt eine Mittheilung, welche ihr vom Hauptvorstande
der deutschen Kunstgenossenschaft in Wien zugegangen ist. Da auch
der Kunstgewerbeverein zu Concurrenzen auffordert, ist es auch für
ihn von Interesse zu erfahren, wie sich die deutsche Kunstgenossen-
schaft zu der berührten Frage stellt. Unter den Bestimmungen,
welche die Kunstgenoffenschaft bei Concursen für Werke der Archi-
tektur , Malerei uud Plastik aufstellt, finden sich folgende:

Die Ausschließung eines Entwurfes von der Preisbewerbung
darf im Allgemeinen nur stattfinden:

a) in Folge nicht rechtzeitiger Einlieferung,
ff) bei jedweder Abweichung vom Programm.

Tritt dieser Fall bei allen eingesandten Werken nach Ansicht
der Richter ein und bleibt somit der Concurs erfolglos, so haben
die Richter ihren Urtheilsspruch öffentlich zu motiviren. Wird in
diesem Falle der Concurs, die gleiche Aufgabe betreffend, wieder-
holt, so muß ein neues Programm ausgegeben werden.

Soweit concurrenzfähige Arbeiten vorhanden sind, müssen die
ausgesetzten Preise unter allen Umständen an die relativ besten
Entwürfe vertheilt werden.

Chronik des Vereins.

Das wichtigste Vorkommuiß dieses Sommers war für den
Verein die von ihm in den Räumen des Nationalmuseums veran-
staltete Ausstellung. Dieselbe wurde sehr stark von Einhei-
mischen und Fremden besucht; die Aussteller wurden durch viel-
fache Ankäufe und Bestellungen ermuthigt. Eine Reihe der ausge-
stellten Gegenstände wurde für eine Verlosung angekauft, welche im
besten Gange ist.

Die so wichtige Frage der Abendschule wurde von dem Aus-
schuß des Vereins wieder in Angriff genommen. Im nächsten
Heft werden nähere Mittheilnugen folgen.

Der Verein veranstaltet eine Weinachtsausstellung in einem
unter den Arcaden des Hofgartens gemietheten Local.

Aus großer Gefälligkeit für den Verein hat sich eine große
Zahl von hiesigen Gelehrten und Künstlern erboten, für die Mit-
glieder des Vereins im Laufe des Winters Vorlesungen zu halten,
über welche später berichtet werden wird.

Bei der letzten Concurrenz für Entwürfe für Holzschnitzer
wurden die Arbeiten von F. Barth und I. v. Schmädel prämiirt.

Beschreibung der Kunstbeilagen.

Heft XI. Blatt 1. Silberner, buntemailirter Tafelaufsatz mit Po-
stament pon F. Barth.

Blatt 2. Lederkästchen aus dem Nationalmuseum. Beschreibung
siehe Oben.

Heft XII. Blatt 1. Plafond in Stuck von Secbacher.

Blatt 2. Einige Seiten des erwähnten Lederkästchens. Dann
Ofenkacheln von A. Seder.

Rediffrt unter Verantwortlichkeit des Redaktionsausschusses von Dr. Lichtenstein. — Kgl. Hofbuchdruckerei von Dr. C. Wolf & Sohn.

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