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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 19.1869

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Lichtenstein, ...: Mode oder Princip?: Anregung und Vorschläge für eine Organisation zur Förderung des Geschmacks und der Bildung gewerblicher Künstler von Karl Krumbholz
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Lichtenstein, ...: Das Holz als Rohstoff für das Kunstgewerbe: zwei Voträge gehalten im österreichischen Museum für Kunst und Industrie in Wien von Prof. Exner
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Zeitschrift

des

Kunst-Gewerbe-Vereins.

Neunzehnter Jahrgang.

München.

tfro. ff g

1869.

Die Zeitschrift erscheint monatlich mit wenigstens zwei Seiten Text und zwei Kunstbeilagen. Die Vereinsmitglieder erhalten die Zeitschrift unentgeltlich. Im Buch-
handel kostet dieselbe 4 fl. s. W. — 2 Thlr. 12 Sgr. der Jahrgang. Inserate geeigneten Inhaltes werden mit 6 kr. =.■ 2 Sgr. für den Raum einer gespaltenen
Petitzeile berechnet. St andig e Inserate erhalten eine entsprechende Preisermäßigung. In- und Auswärtige wollen sich dieserhalb an die Buchhandlung von

Theodor Ackermann dahier wenden.

Mode oder Princip?

Anregungen und Vorschläge für eine Organisation zur Förderung
des Geschmacks und der Bildung gewerblicher Künstler
von Karl Krumbhoh,

Lehrer an der polyt. Schule zu Dresden.

L Der Verfasser dieser Schrift setzt gleich hinter den Titel
ein bedeutungsvolles Fragezeichen. Der Titel wirft die Frage auf,
welcher von den zwei mächtigen Nebenbuhlern in Zukunft auf dem
kunstgewerblichen Gebiete das Scepter führen solle, das Princip
oder die Mode? Wenn unsere ganze Zeit nur Eine großmächtige
Frage nach einer neuen Gestaltung aller Verhältnisse ist, welche
erst noch kommen soll, dann erscheinen die auf kunstgewerblichem
Gebiete von einer ganzen Reihe von Männern behandelten Fragen nur
als Eine Seite jener großen allumfassenden Frage. Es ist sehr
beachtenswerth, von wie verschiedenen Gesichtspunkten die Stylfrage
in Angriff genommen und versuchsweise beantwortet wird. Es
scheint, als müßten erst mit Hilfe eines geschärften Bewußtseins
gerade die eigentlichen Culturvölker sich jenes Stylgefühl wieder erobern
welches denselben in seiner Unmittelbarkeit verloren gegangen ist,
während selbst barbarische Völker diese Unmittelbarkeit und Sicher-
heit des Stylgefühles noch besitzen, so daß man, wenn man etwas
dick aufträgt, sagen könnte, die Neuseeländerin zeige in dem Or-
nament, mit welchem sie ihr Gesicht tätowirt, mehr Stylgefühl als
die europäische Modedame, welche mit einer Tapezierarbeit ihre
Rückseite behängt. Der Verfasser der erwähnten inhaltreichen Schrift
sucht nun einen gesunden Boden zu gewinnen, auf welchem ein
sichergehendcs Stylgefühl nicht allein in den ausübenden Künstlern
sondern auch im Volke selbst erwachsen könne, damit die Consu-
menten durch ihre Geschmacksbildung „in den Stand gesetzt würden
von den Producenten Besseres, Geschmackvolleres und Zweckent-
sprechenderes zu verlangen." Krumbholz geht mit Recht von der
Ansicht aus, das für unumstößlich gehaltene Sprüchwort „Ueber
Geschmack ist nicht zu streiten" habe der Unsicherheit in Geschmacks-
sachen den größten Vorschub geleistet. Er sagt: „Was voriges
Jahr als geschmackvoll galt, und heute als geschmacklos, veraltet
oder gar lächerlich, ist entweder damals nicht geschmackvoll gewesen,
oder muß es heute noch sein." Er tritt aber nur gegen den sinn-
losen Wechsel der Mode, nicht gegen den Modewechsel überhaupt
auf, welchen Viele für das unentbehrlichste Beförderungsmittel der
Production und des Absatzes halten. Er will, daß während in
der bisherigen Richtung nur zu häufig Geschmack- und Sinnloses
mit wo möglich noch Geschmack- und Sinnloserem wechselte, in einer
neuen Richtung das wirklich Schöne mit noch Schönerem wechseln
solle. Damit aber der Volksgeschmack so gebildet werde, daß
er das wirklich Schöne vom Unschönen unterscheiden könne,
müßten die Merkmale und Eigenschaften des unwandelbar Schönen
einfach und klar mit Worten ausgedrückt werden. Der Verfasser
selbst führt nun einige Eigenschaften an, an welchen das Schöne

erkannt zu werden vermag; und zwar bezeichnet er als solche die
Zweckmäßigkeit, die Einfachheit, die Symmetrie, die Eurythmie, die
Verhältnißmäßigkeit (Proportion) und die Abwechslung (Variation).
Aus diesen sechs Eigenschaftender Schönheit geht dann eine siebente her-
vor: Der Einklang (Harmonie) d. h. die Uebereinstimmung aller Theile in
Form, Verzierung und Farbe, nach Funktion, Anordnung und Behand-
lung welche in dem Beschauer jene Ruhe erzeugt, die wir ästhetische Be-
friedigung nennen können." Im weiteren Verlaufe der Schrift, deren
Lecture wir sehr empfehlen, geht der Verfasser auch sehr in die
Organisation der Gewerbemuseen ein, welche er als ein Haupt-
mittel für die Förderung des Volksgeschmackes ansieht. Ich will
nur noch eine Bemerkung des Verfassers in Bezug auf die Be-
nützung der Sammlungen erwähnen, in welchen das Volk dies
Schöne erkennen soll. Er sagt nämlich: Um diese Erkenntniß zu
beschleunigen, um die Lehrzeit so zu sagen abzukttrzeu, würde es
sich empfehlen, an jedem Gegenstände eine kleine Tafel anzubringen,
die nächst der Nummer und Bezeichnung desselben, die Zeit der
Entstehung, den Namen des Erfinders, des Verfertigers, die genaue
Angabe des Styls und schließlich die bemerkenswerthen Eigen-
schaften zu enthalten hätte.

Das Holz als Rohstoff für das Kunstgewerbe.

Zwei Vorträge gehalten im österreichischen Museum für Kunst und
Industrie in Wien
von Professor Exnrr.

L. Der Verfasser dieser Schrift verschafft dem Leser einen
sehr interessanten und sehr klaren Ueberblick über die Eigenschaften
des Holzes, über die Bedingungen unter welchen es für die Kunst-
industrie verwendbar wird, über den Verbrauch des Rohstoffes und
des verarbeiteten Materials, sowie über die Geschichte des Holz-
kunstgewerbes. Er wirft zuerst die Frage auf, welche Eigenschaften
es seien, die das Holz zum Kunstholz machen, und es so hoch
über seine Stammesgenossen, das Brenn- und Bauholz stellen,
und gelangt zu folgendem Resultat: die Art des Gefüges, die Dich-
tigkeit und mit ihr die Schwere und Härte, Festigkeit und Bieg-
samkeit, Farbe, Geruch, Volumbestäudigkeit und Dauerhaftigkeit sind
die Eigenschaften, welche in gewissen Combinationen beim Holz auf-
tretend, dasselbe zum Rohstoff für die Kunstgewerbe geeignet machen.
Es folgen nun Notizen über den Verbrauch des Rohstoffes, aus
welchen wir nur hervorheben, daß im Jahre 1866 in England der
Import an Rosenholz, Ebenholz, Cedernholz, Buchsbaumholz, Ma-
hagoniholz, Sandelholz und Eichenholz sich auf l’/« Millionen Zoll-
centner im Werthe von 7 Millionen Gulden belief. Der Verfasser
geht dann zu den Arten über, auf welche das Kunstholz bearbeitet
wird, und erwähnt hiebei die höchst merkwürdigen Maschinen, durch
welche es möglich gemacht wurde, die komplicirtesten Holzformen
ja Holzscnlpturen auf das Genaueste zu imitiren. Im zweiten
 
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