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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 26.1877

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Etwas über Bronze
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https://doi.org/10.11588/diglit.6908#0078

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ie Forschungen auf dem Gebiete der Anthropologie haben eine nicht zu unterschätzende
Bedeutung für die Geschichte der Aunstgewerbe. Sie geben manchen Aufschluß über die
zeitliche Aufeinanderfolge der verschiedenen technischen pandthierungen, welche die Grundlage
der Formengebung bilden. Daß aber die Bestimmung der zeitlichen Aufeinanderfolge
für Geschichte jeder Art, also auch für die Geschichte der chjunstgewerbe nothwendig sei, ist
für Jedermann einleuchtend.

In Beziehung auf die Geschichte der Bronze gewinnt die Auseinanderhaltung der
zeitlich sich einander ablösenden Manipulationen allmählich an Sicherheit, Professor Virchow nimmt in einem
Bortrag, welchen er im vergangenen Jahre in der Berliner anthropologischen Gesellschaft gehalten hat,
verschiedene Bronzezeiten an, während man daran gewöhnt ist, einfach Stein-, Bronze- und Eisenzeit aufeinander
folgen zu lassen, wogegen freilich neuerdings mit Beseitigung der Eintheilung in Bronze- und Eisenzeit von
Vielen nur die Aufeinanderfolge der Stein- und Metallzeit festgehalten wird. Für die verschiedenen Bronze-Epochen
innerhalb der Eisenzeit gibt Virchow die unterscheidenden Merkmale an. pören wir ihn selbst.

„Die Bronzen haben schon seit längerer Zeit durch ihre chemische Zusammensetzung Veranlassung gegeben,
den Versuch zu machen, für bestimmte Perioden bestimmte Mischungen als charakteristisch zu bezeichnen. In dieser
Beziehung möchte ich zunächst hervorheben, daß eine Menge von vortrefflichen Thatsachen vorliegt, welche darthun,
daß es eine Zeit gegeben hat, in welcher reine Zinnbronzen existirten, und eine andere Zeit, in der Zink-
bronzen üblich wurden. Der Zusatz von Zink zu der Bronze entspricht überall, wo wir einigermaßen in der
Lage sind, diese Funde nach anderen Merkmalen zu classificiren, einer späteren Periode und zwar können wir
gleich sagen, der römischen und nachrömischen Zeit. Wenn wir nun dazu nehmen, daß uns durch die römischen
Schriftsteller bestimmte Angaben überliefert find, daß der Zusatz von Zink erst im dritten Jahrhundert v. Ehr.
Gebrauch geworden ist, so stimmt das völlig überein mit dem, was wir finden, und wir haben allen Grund, an
dem Auftreten der Zinkbronze eine besondere Periode zu erkennen, welche von der früheren, in welcher nicht mit
Zink versetzte Bronzen allein vorkamen, unterschieden werden muß.

Es ist besonders zu betonen, daß die hauptsächlichsten Mischungen, welche wir von den Bronzen kennen,
die kleinen Nuancirungen abgerechnet, überall eine absichtliche Verbindung andeuten und nicht etwa durch
den Zufall eines schon gemischten Urmetalls erklärt werden können."

Außer der Eharakterisirung der verschiedenen Perioden der Bronzezeit durch eine Succession der Metall-
mischungen betont Virchow noch ein zweites Motiv für die Unterscheidung verschiedener Bronzezeiten. Den Ueber-
gang zu dieser weiteren Unterscheidung bildet die Bekräftigung der Ansicht, daß viele Bronzen, welche man der
Eisenzeit vorausgehen ließ, dieser selbst angehören. „Alle Bronzeeimer, die wir in Deutschland besitzen, hatten
eiserne Beigaben: eiserne Deckel, eiserne Messer, eiserne Nägel. Zeigt sich nun, daß solche Geräthe zu einer Zeit
gefertigt sind, als man auch in Italien noch nicht die staunst des Lothens kannte, als man auf beschädigte Stellen
noch einen Flecken aufsetzte, wie ein Arbeiter heutzutage sein Beinkleid stickt, indem man ein Stück Blech auf die
Lücke aufnagelte; zeigt sich ferner, daß die einfachsten Operationen, die sich später bei vollkommenerer Behandlung
der Bronze auf stüfsigem Wege ausführen ließen, in mühseligster Art durch Landarbeit und Ausschlagen mit dem
Hammer bewerkstelligt worden sind, so gelangt man mit seiner Rechnung in eine Zeit, die ziemlich weit vor
Ehristi Geburt reicht, aber immer noch auf dem Boden der Eisencultur liegt.

Innerhalb dieser Betrachtung liegt ein neues Motiv der Scheidung. Die gehämmerte und genietete
Bronze gegenüber der gegossenen und gelötheten Bronze ergiebt einen so großen und entscheidenden
Unterschied, daß selbst die chemischen Analysen ihm gegenüber nicht mehr Bedeutung haben. Denn die Mischung
derjenigen Bronze, welche genietet und gehämmert ist, erweist sich als identisch mit der Mischung derjenigen, welche
ganz gegossen oder zum Theil gelöthet ist. Die Aenntniß dieser einzelnen Operationen scheidet innerhalb der Periode
der Zinnbronze meiner Meinung nach zwei scharf gesonderte Perioden, und wir sind vollkommen berechtigt, die
Fundstücke, an denen wir diese Merkmale treffen, chronologisch auseinander zu halten und sie zum Theil einer
älteren, zum Theil einer späteren Zeit einer reinen Zinnbronze zuzuweisen."

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