Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 26.1877

DOI Artikel:
Sepp, ...: Der Königsmantel Salomons und die Lilien darin
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6908#0059

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
^ 56

-«q$ Der Nömgsmantel alomons und die Llien darin.

^sv von Professor Dr. Sepp. -^s^>

ie Erfindung des Spinnrades und Webstuhls ist eine ungleich größere Kunst und erforderte
zehnmal mehr Nachdenken, als das Aneinanderreihen von Buchstaben zum Bücherdruck.
Und doch kommen Webstühle zum Aufzug und Einschlag mit Weberbaum, Spule und
Wirtel schon in den Pfahlbauten, z. B. zu Robbenhausen in der Schweiz, vor; sogar Gewebe
sind von dieser ersten Kunstindustrie in der vorgeschichtlichen Zeit noch erhalten. Natürlich war
Linnen das älteste Zeug, der Stoff war gegeben und man spann ihn aus der Hand an der Spindel,
nicht sobald mittelst des Rades. Die Spinne mit ihrem Netz oder Gewebe gab den Menschen
das Vorbild.

Durch die Bibel kennen wir die ältesten Meister des Faches. Zn Aegfpten hatten die
Zfraeliten, die als Beduinen eingezogen, das Handwerk gelernt und geschickte Meister folgten
Moses beim Zug durch die Wüste: voran Vezaleel, der „verstand künstlich zu arbeiten in
Gold, Silber und Erz, Edelsteine zu schneiden und einzusetzen, in Holz zu schnitzen und allerlei
Kunstarbeit zu fertigen". Daneben war Ahaliab's Herz mit Weisheit erfüllt zu wirken und
zu sticken mit gelber Seide, Scharlach, rubinsarbig und mit weißer Seide, um mit Weberei allerlei
kunstreiche Stoffe herzustellen. Erod. XXXV, 50 ff. Zn Aegfpten trieben nach Herodot II, 55
Männer die Webekunst. Ein mit Eherubsffguren durchwirktes Antependium war vor dem Aller-
heiligsten in der Stiftshütts gespannt; die Länge war 28 Ellen, JO die Höhe. Die Stoffe wurden
wohl noch lange aus dem Nillande eingeführt, denn wir lesen Sprichw. VII, 6: „Zch habe mein
Lager schon geschmückt mit bunten Teppichen aus Aegfpten." Hiob VII, 6 klagt: „Meine Tage
stiegen rascher dahin als die Weberspule."

Eine Stunde von der Ostecke der Stadt Zerusalem liegt der Weiler Zsawieh, alt Beth
Asbea, das Haus der Bfssusweber H Ehronik IV, 2\) vom Stamme Zuda. Aber auch
Stoffe mit eingewebten Goldfäden kommen pffalm XLV, J4 vor. Offenbar aus Assyrien
mitgebracht war das Mückennetz (Conopoeon) des Holofernes, aus Purpur und Goldfäden
gewebt, darin Smaragde und andere Edelsteine eingelassen. Zndith X, Jsi. Die Buntstickerei war im
heiligen Lande hergebracht. Rikmah nennen die Talmudisten Stoffe, aus welchen Figuren einseitig
mit der Nadel hergestellt waren. Andere Ausleger denken an ausgenähte Figuren. Bei dem
Leibrock des Hohenpriesters durste keine Nadel angewandt werden, es galt, ihn aus Einem Stücke
zu weben. Zosephus Flavins, Ant. III, 7, liefert eine ausführliche Beschreibung aller Theile, die
zu seinem vollen Ornat gehörten. Der Hohepriester trug nach der Erklärung der Rabbiner das
ganze Firmament an seinem Rocke. 565 güldene Glöcklein zwischen Granaten am Saum des
Gewandes machten ans seine Nähe aufmerksam, daß niemand Unreiner ihm nahe kam. Die vier
Farben mochten wie bei den Eircusspielern aus die vier Zahreszeiten gedeutet werden. Zn der
Stiftshütte wie im Salomonischen Tempel waren aber, wie wir I Samuel II, 22, II Kön. XI
entnehmen, auch gottgeweihte Zungsrauen. Der Kirchenlehrer Origen es, von dessen
Sarkophag ich J87H aus der Kathedrale von Tyrus die kostbaren Relief-Fragmente an das
Skulpturen-Museum in Berlin ablieferte r bewahrt in Matth. XXIII, 55 die Ueberlieserung, auch
die Zungsrau von Nazareth habe unter Zacharias Gbhut nahe dem Heiligthum geweilt, und es
knüpft sich daran die Legende im j)rotevangelium Zakobi, Maria habe mit sieben andern
Zungsranen denDoppelVorhang des Sanktisfimum gewebt, der alljährlich erneuert
werden sollte. Hiebei wurden die frischen Teppiche regelmäßig in der Halle des Vorhofs der
Frauen ausgestellt, damit das Volk sie beschaue; auch wurden die Vorhänge von den Tempel-
Zungsrauen gewaschen und am Zwinger, Ehel, d. h. an der Mauer des Ausganges vom Heidenhof
getrocknet.

Die „Wirkerinen", epyacmvat., hießen die auserlesenen j?riesterinen und Ehorjungsrauen
der j)alias Athenä, der Schutzgöttin der Virginität, welche den j?eplos oder heiligen
 
Annotationen