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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 4.1906

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Watts, George F.: Was soll uns ein Bild sagen?
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https://doi.org/10.11588/diglit.4390#0025

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Das Kostbare dieser autobiographischen Darstellung seiner Jugend sehen wir zum Teil im Stil, der uns in
mehr als einem Zug die Erinnerung an seine merkwürdige, bedeutende, schnörkelreiche, ausladende Handschrift
zurückruft; — gleichzeitig denken wir bei der eigentümlichen Knappheit mancher Wendung und bei manchem
Gedankengange an Fontane.

Wir statteten diese für den, der Menzel liebt, aufschlussreiche und wunderbare autobiographische
Skizze mit einem Bilde aus dem Werk, das Menzel im Alter von achtzehn Jahren lithographiert hat: „Künstlers
Erdenwallen" aus. Wir zogen in Erwägung, ob wir nicht die erste der Darstellungen nehmen sollten, die
unvergessliche Zeichnung von dem gewaltigen Baby, das vom Vater gezüchtigt wird, da es auf den Fussboden
Figuren zeichnete. Die Kraft in diesem Kinde wirkt auf uns wieder wie eine autobiographische Darstellung.
Indes zogen wir doch als Schmuck dieses Berichtes von Menzels Lehrzeit das Nachbarbild vor, auf dem der
Künstler schon als fünfzehn- oder sechzehnjähriger Mensch vorgeführt ist. Wir sehen ihn in der Nacht, um
i Uhr 25, beim Schusterlicht aufsitzen und den alten Blücher zeichnen: Menzel veröffentlichte nach dem Cyklus
„Künstlers Erdenwallen" die nicht minder bekannt gewordene Illustrationenreihe: „Denkwürdigkeiten aus der
brandenburgisch-preussischen Geschichte". D. Red.

„Früh erwachter Kunsttrieb machte sich... in so
ausschliesslicher Weise geltend, dass der Vater sich
bestimmen Hess,... Pläne aufzugeben. Die Ergebnisse
einiger Versuche, mich nunmehr in die Förderung
künstlerischer Schulung einzuführen, blieben hinter
gehegten Erwartungen zurück. Fand ich doch Er-
bauung, Belehrung, höchsten Genuss in oft stunden-
langem Verweilen in Sonnenbrand oder Schnee vor
ein paar kleinen Schaukästen italienischer Kupfer-
stichhändler — das schon: die Sixtina, das Abend-
mahl, Schule von Athen, Heliodor und was nicht
alles noch verschlingen zu können!!! Und wie
manch' Andachtmartyrium ward in der Kirchen
ehrwürdiger Nacht, hinter Staub und Kerzenqualm
für die Knabenphantasie zum Meisterwerk umge-
zaubert! Beiher wurde Fortbildung nicht etwa ver-
nachlässigt. Der Büchertrödel erschloss mir „Damms
Götterlehre", auch manch' andere aesthetika.

In römischer Geschichte hatte ich schon auf
der Schulbank festen Fuss gefasst. Virginias Tod
beschäftigte mich auf das lebhafteste, noch viel
mehr als vorher die Allüren des Metellus. Jetzt
ward auch der ganze Olymp porträtiert, versteht
sich, in ganzer Figur, in Kontur und als Plastik ge-
dacht! Streng ohne Augäpfel; ich tat mir hierin
einige Gewalt an. Innerhalb dieser Zeit nahm ich
auch bereits teil an der Geschäftstätigkeit durch
Zeichnen. Diesem Treiben, das dem Auge jedes
regulär Gesinnten doch nur als ein wildes erscheinen
konnte, musste ein Ende werden.

Wesentlich also um für mich die Gelegenheit

zur künstlerischen Ausbildung zu gewinnen, führet
mein Vater die Uebersiedlung von Breslau nach
Berlin aus. Hier in diesem neuen Horizont, unter
dem Eindruck der öffentlichen Monumente —
Schlüter, Rauch, Schadow — und auch •was die
Schaufenster in so anderer Fülle boten — setzte
das alte Leben sich fort, freilich so viel fruchtbarer
für mein Lernen! Vorzugsweise an Chodowiecki.

Da, im Januar 183z, versetzte der schnelle
Tod meines Vaters mich in die Lage der Selbständig-
keit. Statt nun in meiner Hülflosigkeit (iöjährig)
nach Unterstützung zur Förderung meines künst-
lerischen Strebens auszuschauen, zog ich es vor, den
geplanten Besuch der Akademie aufzuschieben und
nur dem Erwerb zu leben, darin aber, mochte das
Jedesmalige wie bisher gleichviel wie geringfügig
sein, so gut ich konnte, und viel besser als nötig
und verlangt wurde, zu leisten.

Ostern 1833 meldete ich mich dann (ohne
Sehnsucht), um es doch zu thun, zur Akademie,
frequentierte dieselbe nur sehr lückenhaft, und
blieb gegen Ende des Jahres ganz fort. Ich will
damit das damalige Lehrwesen nicht schelten; es
konnte nicht anders sein. Ich hatte mir das alles
schon auf anderem Wege angeeignet, hatte schon
meinen ersten öffentlichenErfolg—Weihnachten 3 3 .
„Künstlers Erdenwallen", freie Illustration nach
Goethe, schaffte mir, dem in der Künstlerwelt noch
ganz verborgen Gebliebenen, sofort die einstimmige
Aufnahme in den Künstler verein, 22. Februar
34..."
 
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