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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 4.1906

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Whistler, James Abbott McNeill: Whistler contra Ruskin: Kunst und Kunstkritiker
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https://doi.org/10.11588/diglit.4390#0112

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Ich habe es geradezu ausgeknobelt,
ob ich Künstler oder Auktionator
werden sollte. W. F. Frith. Mit-
glied der Akademie.

Anmerkung:
Er muss es wirklich ausgeknobelt
haben.

Mitglied der königlichen Akademie und habe mein
Leben der Malerei gewidmet. Ich bin Mitglied der
Akademien vieler Länder. Ich bin der Schöpfer des
„Bahnhofs", des „Derby-Tages" und der „Laufbahn
des Wüstlings". Ich habe Herrn Whistlers Bilder
gesehen; nach meiner Ansicht sind es keine ernsten
Kunstwerke. Das Nocturno in Schwarz und Gold
halte ich nicht für eine ernste Arbeit. Ich kann
nichts von wahrer Wiedergabe des Wassers oder der
Luft im Gemälde der „Batterseabrücke" entdecken.
Es ist da etwas hübsche Farbe, die das Auge er-
freut; aber weiter Nichts. Nach meiner Ansicht
ist die Darstellung des Mondlichts nicht wahr. Das
Bild ist nicht zweihundert Guineen wert. Die
Komposition und das Detail sind äusserst wichtige
Dinge in einem Bilde. In unserem Beruf sind
Männer von gleichem Talent oft verschiedener An-
sicht über den Wert eines Bildes. Der Eine findet
vielleicht ein Werk schlecht, der Andere lobt es.
Ich habe nicht in der Grosvenor-Gallery ausgestellt.
Ich habe Herrn Ruskins Werke gelesen."

Herr Frith wurde hierauf entlassen.

Herr Thomas Taylor — Mitglied des Armenrats,
Herausgeber des Punch, u. s. w.: „Ich bin Kunst-
kritiker von altersher. Ich bin in dieser Eigenschaft
bei der Times und anderen Zeitungen die letzten
zwanzig Jahre über thätig gewesen. Ich bin der
Herausgeber des „Lebens von Reynolds" und des
„Lebens von Haydon". Ich habe immer Kunst
studiert. Ich habe diese Bilder von Herrn Whistler
gesehen, als sie in der Dudley und der Grosvenor
Gallery ausgestellt waren. Das „Nocturno in
Schwarz und Gold" halte ich nicht für ein ernstes
Kunstwerk." Der Zeuge entnahm nunmehr den
Taschen seines Ueberziehers Nummern der Times
und verlas mit der Erlaubnis des Gerichts noch ein-
mal salbungsvoll seine eigene Kritik, deren jedes
Wort er, wie er sagte, unentwegt aufrechterhalte.
Herrn Whistlers sämtliche Arbeiten sind unfertig.
Sie sind skizzenhaft. Er besitzt zweifellos künstle-
rische Gaben und er hat Verständnis für Helldunkel-
Werte, aber er führt Nichts aus, alle seine Arbeiten
sind eine Art von Skizzen. Ich habe gesagt, — und
ich bleibe dabei, — dass diese Bilder „nur um einen
Schritt Bildern näherkommen als feingetönte
Tapeten."

Hiermit schloss die Beweisaufnahme für den
Beklagten.

Der Beklagte wurde verurteilt, einen Farthing
(2 Pfennige) Schadenersatz zu bezahlen.

Anmerkung:
Entschieden ein ehrlicher Mann. —
Ich habe seitdem Nichts wieder von
ihm gehört.

Anmerkung:
Hinter Ruskin Thomas Taylor,
seinen Schildknappen, — dessen
Ansichten er hoch schätzt, und
Herrn Erith, sein Ideal, auf-
marschieren zu sehen — war ein
Labsal. Aber der Anblick des Herrn
Burne Jones, wie er im Bunde mit
Thomas Taylor, — den er achtet,
und mit Herrn Erith, vor dem er
Respekt hat, gewissenhaft das Werk
eines Kollegen abschätzte, war ein
ganz besondrer Vorzug.

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