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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 4.1906

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Hamann, Richard: Rembrandt, der Erzähler
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https://doi.org/10.11588/diglit.4390#0129

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die symbolische Beziehung versteckt unter einer
Fülle lebendig anschaulichen Details, die der junge
Rembrandt mit voller Freude an buntem Treiben
und reich bewegter Darstellung auf kleinem Räume
anhäuft. Eine Allegorie aus den fünfziger Jahren
ist einfacher, im Bildlichen klarer, aber im Ge-
danklichen unenträtselbar. Ein Marmorpostament,
auf dem ein Garbenfeuer brennt. Ein paar Putten,
d. h. gar nicht sehr monumental, sondern höchst
natürlich gezeichnete Bengels, tragen einen auf
einer Stange stehenden, scheusslich ruppigen Vogel
über dem Feuer in die Höhe. Am Boden liegt
in starker Verkürzung eine gestürzte Statue. Zur
Seite Häuser und Köpfe verwundert aufblicken-
der Zuschauer. Gedeutet ist es auf den Sturz der
Statue des Herzogs Alba und die Auferstehung

so heisst das Blatt in Holland — als dem unsterb-
lichen Vogel können diese Darstellung der Seele
unterstütze haben. Die bestimmte Beziehung bliebe
noch immer fraglich, und im ganzen bleibt der
Eindruck wie von einer Parodie auf Form und
monumentale Kunst.

Dieses Parodische erscheint uns mehr als einmal
in Rembrandts Werk, ohne dass sicher zu ent-
scheiden wäre, ob der Künstler eine satirische,
witzige Absicht dabei gehabt hat. So sehr ist es
einfach die Folge eines Verfahrens, alles Erzählte
möglichst lebendig und gegenwärtig zu geben, in-
dem es durch unmittelbare Anschauungen vom Ge-
danklichen ins Sichtbare, vom Vergangenen ins
Heutige, vom Uebergewöhnlichen ins Gewöhnliche
versetzt wird, Die augenscheinliche Absicht auf

RADIERUNG VON REMBRANDT, DANAE UND JUPITER

der holländischen Freiheit. Der Storch, in Hol-
land ein verehrter Vogel, sei Sinnbild der Demo-
kratie. Eine andere Erklärung geht auf den
Friedensschluss von 1648; den Sturz des Kriegs-
gottes mit Schlangenhaaren, die Geburt des Frie-
dens aus Getreidegarben. „Allegorisches Grabmal"
wird das Blatt genannt, und es könnte wohl den
Fall des Leiblichen, Körperlichen bedeuten —
der Marmorkörper, die Materie, während die
Seele, das Auffliegende von Engeln in die Lüfte
gehoben wird. Vorstellungen vom „Phönix", —

Satire ist für Rembrandtkenner der Grund gewesen,
ihm eine Boccaccioscene, „der Mönch im Korn-
felde", abzusprechen. Es ist auffällig, wie er be-
sonders in jungen Jahren sich selbst und seine Fa-
milie als Akteure und Statisten in seinen Dar-
stellungen unterbringt, dass man sagen konnte, „die
Menschheit war ihm durch seine Familie repräsen-
tiert". Am stärksten fühlen wir die Veranschau-
lichung bei mythologischen und religiösen Scenen,
Themen, die Rembrandt fast immer ihres paraboli-
schen, ja religiösen und höheren gedanklichen

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