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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 4.1906

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auszukosten, der in einer solchen frühen Morgenstunde
liegt, wenn die Häuser, die aus dem Schlaf erwachen,
die erste Sonne trifft. Wie Spinneweben erstrecken
sich lange, lange Schatten über den lichten Vordergrund.
Das Bild ist unbeschreiblich.

«

Über drei holländische Landschaften von Breitner
in derselben Ausstellung lässt sich das ungeheure Lob
sagen, dass sie, neben Claude Monet hängend, nicht die
Stimmung herabdrücken. Zwei Bilder von Daumier s.nd
verhältnismässig schwach. Als zart hervorzuheben ist
eine grosse farbige Zeichnung von Segantini.

Bei Schulte gab es eine Sammlung von mehr_ als
fünfzig Hammershöis. Dieser Maler ist vielleicht nicht
so dänisch wie viele seiner Landsleute, mehr altmeister-
lich gefärbt, dem Lokalkolorit entzogen. Er ist der
„dänische Terborg. Eine Matrone sitzt still vor einer
silbergrauen Wand. Ein weissgedeckter grosser runder
Tisch (mit nichts darauf) steht in einem silbergrauen
Zimmer. Herr Hammershöi ist ein sehr femer Kunstler,
aberjohannsen malt Dänemark," - so schrieb ich vor
dreizehn Jahren über Hammershöi und glaube, dieser
Anschauung entspricht er noch jetzt: er ist eine Ver-
bindung von dänischem Empfinden mit altmeisterlichem
Sehen. Er ist, während die anderen dänischen Künstler,
die in Betracht kommen, saubere Dänemark-Schilderer
sind -Johannsen malt die Provinz, im Sommer Buchen-
waldungen, im Winter den Schnee, der in die Zimmer
zwingt, Ilsted stellt Zimmer dar mit allen den Reizen,
die ihnen das Licht giebt u. s. w. - er ist währenddessen
ein Übersetzer der dänischen Eindrücke - er übersetzt
sie in eine europäische Allgemeinsprache. Der Reiz in
Hammershöi ist, wie er bei diesem übersetzen nicht
akademisch geworden ist, wie in ihm doch die Natur
und das Lokale die Übermacht behalten. Daher sind
seine Bilder, so abgeklärt sie sind, nicht blutlos geworden.
Unter den vielen Malern, die gleich ihm für die diskrete
Farbe und die intimen Reize der alten feinen Hollander
schwärmen, zeichnet er sich aus durch das natürlich
Gewachsene seiner Bilder; und nur Einen Maler in der
Gegenwart könnte man nennen, der ihn, bei ahnlichen
Stoffen, weit hinter sich zurücklässt: Thijs Maris, den
grossen Holländer, der begabter als sein Bruder Jacob
Maris und natürlich auch begabter als der dritte Bruder
Willem Maris ist. Wie das so zu gehen pflegt: gerade
Thijs Maris ist unter den drei Brüdern in Deutschland
am wenigsten bekannt. Aber viele Deutsche sind ja im
Haag in der Sammlung Mesdag gewesen und haben da
dieKöchin" des grossen unbekannten Malers bewundern
können, ein Mädchen, bei dem die Brutalität der
Hantierung, der sie obliegt, zu der weichsten transcen-

dentalen Wirkung abgeklärt ist. Unter Hammershöis
Bildern bei Schulte waren die schönsten die Architek-
turen: Darstellungen von Schlössern seiner Heimat, in
einem grauen Nebel gesehen, vor einem eisgrauen
Meere, mit weissgrünen Kupferdächern.

H.

■»

KÖNIGLICHE MUSEEN

Wirkl. Geheimrat Dr. Richard Schöne tritt in den
Ruhestand und legt am i. Dezember d. J. sein Amt
nieder. An seine Stelle ist der Direktor des Kaiser-
Friedrich-Museums, Bode, in Aussicht genommen; dieser
wird die Geschäfte der Generalverwaltung bereits am
i. Dezember d. J. übernehmen.

Dr. Schöne hat diesen Posten, den vor ihm Graf
Usedom inne hatte, seit dem Jahre 1878 bekleidet.
Schöne zählte, als er an diese hervorragende Stelle trat,
3 8 Jahre, nachdem er mit 3 3 Jahren bereits Vortragen-
der Rat für Kunstangelegenheiten im Kultusministerium
geworden war. Zu Dresden im Jahre 1840 geboren,
hatte er in der Absicht, sich der Archäologiezuzuwenden,
alte Sprachen studiert. Während er mit der Kunst der
Alten sich vertraut machte, Hess er sich zugleich praktisch
in die Malerei einführen, indem er zu Weimar ein
Schüler Prellers wurde und in dessen Atelier drei Jahre
lang — von 1861 bis 1864 — arbeitete. So ausgerüstet,
machte Schöne Studienreisen nach Griechenland und
Italien. Nach vierjähriger Studienfahrt durch diese
Länder habilitierte er sich 1868 in Berlin, um ein Jahr
darauf als ausserordentlicher Professor nach Halle zu
gehen. Nachdem er dort drei Jahre gewirkt, wurde er
in das Kultusministerium berufen, von wo später seine
Berufung auf den jetzt von ihm verwalteten Posten erst
provisorisch und zwei Jahre darauf endgültig erfolgte.

KUNSTGEWERBE

Erwähnung verdient die versprechungenerfüllte
kleine Ausstellung der Resultate, die die von Behrens
und Riemerschmied geleiteten Handwerksschulen in
Nürnberg erzielten. Man sah sie im Albrecht Dürer-
haus und angenehm fielen besonders die Leistungen der
Riemerschmied-Werke auf, die mit Thürklinken, mon-
tiertem keramischen Gebrauchsgerät, Holzdosen und
Zinnarbeiten Geschmack und Sicherheit in der ausdrucks-
vollen schmackhaftenBetonung der Gebrauchsfunktionen
und der tektonischen Gliederung bewiesen.

F. P.

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