TH, TH. HEINE, PLAKAT DER BERLINER SECESSION
Auch kommt in diesem Werke seine persiflierende
Eigenschaft bereits zum Ausdruck durch die eigen-
tümliche Kopfbedeckung und Handstellung, die
er seinem Opfer gegeben hat..
Intelligenz und virtuoses Talent halten sich
bei ihm die Wage: Er kann Alles, was er will.
Andre Künstler bringen ein ganzes Leben hin
mit mühevollem Ringen nach Vollendung in der-
selben Gattung. Was hat Rembrandt gekämpft,
um die Lichtwirkung bis zur äussersten Höhe zu
gestalten: welche kolossale Distanz ist zwischen
seiner ersten Anatomie im Haag und seinem
magistralen Fragment desselben Motivs im Museum
von Amsterdam oder den Bildnissen des Frans Hals
aus seiner frühen Zeit und seinen beiden letzten in
Haarlem. Ich glaube behaupten zu können, dass
sich in solchem Streben und Ringen ein wärmeres
Herz dokumentiert, was in der Kunst als Genie
bezeichnet wird.
Ihm ist diese Art nicht gegeben und so führte
ihn seine grosse Begabung, in welcher der Ver-
stand überwiegt, neuen Bahnen zu. Alles was
ihn jetzt an seine erste Manier erinnerte, nannte
er kurzweg Patzerei oder im besten Fall eine gute
Anlage.
Die Japaner und die Meister der Gothik regten
ihn an, die absolute Form und reine Linie zu kulti-
vieren. Er emanzipierte sich von der Oelfarbe und
bevorzugt von nun an farbige Stifte und trocken-
wirkende Farben. Seine weiblichen Figuren werden
dünn und lang, im Sinne des Boticelli und der eng-
lischen Prärafaeliten mit einem perversen Stich an
Beardsley gemahnend.
Zuerst zeigte sich seine neue Auffassung in den
Illustrationen, die er den fliegenden Blättern lieferte.
Dieses bürgerliche Wiitblatt war noch immer die
Alleinherrscherin unter gleichem Genre und Heine
fiel aus diesem das Gefühl der Abonnenten hoch-
schätzenden Unternehmen sonderbar heraus. Ob
er von den Verlegern lange Zeit beschäftigt worden
wäre, ist wohl sehr zweifelhaft, aber die Zeit ge-
nügte, um ihn für sein späteres so bekanntes Wirken
vormerken zu lassen. ,
Sein erstes Gemälde aus dieser neuen Epoche ist
„Die Exekution": Ein junger geckenhaft gekleideter
Mann wird von einer dünnen Frauenfigur an Rosen-
ketten über einen Steg geleitet, welcher zu einem
im Wasser liegenden kahnartigen Schafott führt.
Im Vordergrund bis zum Horizont ist das Wasser
mit schwimmenden gradhalsigen Schwänen von
schwarzer Farbe angefüllt.
Dieses ist der Inhalt des Bildes, aber seine
grotesk komische und zugleich diabolische
Wirkung kann nicht beschrieben sondern nur von
Angesicht zu Angesicht gewonnen werden. Ein
Werk, das auch den Kaiser zu einem lauten Lachen
[49
Auch kommt in diesem Werke seine persiflierende
Eigenschaft bereits zum Ausdruck durch die eigen-
tümliche Kopfbedeckung und Handstellung, die
er seinem Opfer gegeben hat..
Intelligenz und virtuoses Talent halten sich
bei ihm die Wage: Er kann Alles, was er will.
Andre Künstler bringen ein ganzes Leben hin
mit mühevollem Ringen nach Vollendung in der-
selben Gattung. Was hat Rembrandt gekämpft,
um die Lichtwirkung bis zur äussersten Höhe zu
gestalten: welche kolossale Distanz ist zwischen
seiner ersten Anatomie im Haag und seinem
magistralen Fragment desselben Motivs im Museum
von Amsterdam oder den Bildnissen des Frans Hals
aus seiner frühen Zeit und seinen beiden letzten in
Haarlem. Ich glaube behaupten zu können, dass
sich in solchem Streben und Ringen ein wärmeres
Herz dokumentiert, was in der Kunst als Genie
bezeichnet wird.
Ihm ist diese Art nicht gegeben und so führte
ihn seine grosse Begabung, in welcher der Ver-
stand überwiegt, neuen Bahnen zu. Alles was
ihn jetzt an seine erste Manier erinnerte, nannte
er kurzweg Patzerei oder im besten Fall eine gute
Anlage.
Die Japaner und die Meister der Gothik regten
ihn an, die absolute Form und reine Linie zu kulti-
vieren. Er emanzipierte sich von der Oelfarbe und
bevorzugt von nun an farbige Stifte und trocken-
wirkende Farben. Seine weiblichen Figuren werden
dünn und lang, im Sinne des Boticelli und der eng-
lischen Prärafaeliten mit einem perversen Stich an
Beardsley gemahnend.
Zuerst zeigte sich seine neue Auffassung in den
Illustrationen, die er den fliegenden Blättern lieferte.
Dieses bürgerliche Wiitblatt war noch immer die
Alleinherrscherin unter gleichem Genre und Heine
fiel aus diesem das Gefühl der Abonnenten hoch-
schätzenden Unternehmen sonderbar heraus. Ob
er von den Verlegern lange Zeit beschäftigt worden
wäre, ist wohl sehr zweifelhaft, aber die Zeit ge-
nügte, um ihn für sein späteres so bekanntes Wirken
vormerken zu lassen. ,
Sein erstes Gemälde aus dieser neuen Epoche ist
„Die Exekution": Ein junger geckenhaft gekleideter
Mann wird von einer dünnen Frauenfigur an Rosen-
ketten über einen Steg geleitet, welcher zu einem
im Wasser liegenden kahnartigen Schafott führt.
Im Vordergrund bis zum Horizont ist das Wasser
mit schwimmenden gradhalsigen Schwänen von
schwarzer Farbe angefüllt.
Dieses ist der Inhalt des Bildes, aber seine
grotesk komische und zugleich diabolische
Wirkung kann nicht beschrieben sondern nur von
Angesicht zu Angesicht gewonnen werden. Ein
Werk, das auch den Kaiser zu einem lauten Lachen
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