Rubenssaal genannt wird. Zwischen den hollän-
dischen und den vlämischen Bildern unserer Galerie
hält sich die Privatsammlung sicher und stolz und
ergänzt in mehr als einem Punkte den öffentlichen
Besitz.
Herr Adolf von Carstanjen war ein Sammler
im eigentlichen Sinne, nicht ein begüterter Herr,
der zur Dekoration seiner Wohnräume alte Bilder
erwirbt oder zu dieser Thätigkeit etwa durch ein ganz
ausserhalb der Sache liegendes Motiv getrieben
wird. Die Bilder waren Ziel und Zweck, und
das Sammeln selbst ein edeler Sport, der ihn in
späteren Jahren ganz in Anspruch nahm. Wir haben
in Deutschland kaum einen zweiten Kunstfreund
gehabt, der mit so grossen Mitteln ausgerüstet, mit
so viel Selbständigkeit und eifriger Leidenschaft
auf dem internationalen Markt als Mitbewerber
aufgetreten wäre. Die Ereignisse im Sammlerleben
des Herrn von Carstanjen waren die grossen Auk-
tionen in Paris und London. Und was für Ver-
steigerungen gab es in den 70 er und 80 er Jahren
des vergangenen Jahrhunderts. Wilson, Secretan,
Beurnonville, Dudley! Die Namen klangen im
Munde des Sammlers wie die Namen grosser
Schlachten in der Erzählung eines Kriegshelden.
Das Streben des Herrn von Carstanjen ging auf
das Grosse und das Wesentliche. Man spürt die
feste Richtung in dem, was er erworben, und in
dem, was er nicht erworben hat. Wie vieles tritt
nicht schmeichelnd und verlockend auf hundert
Wegen während eines Menschenalters an einen
Sammler heran. Unter den 49 Bildern sind nicht
nur Werke der grössten Meister, eine ganze Reihe
der kleineren holländischen Maler des 17. Jahr-
hunderts sind vertreten, aber jedes Stück ist,
was es zu sein vorgiebt Nichts Schielendes, Zweifel-
haftes ist dabei. Und — ein besonderer Vorzug —
die Bilder sind fast ausnahmslos in gutem Zustande.
Wie der Sinn des Sammlers auf das Monumen-
tale gerichtet war, hat er die höchste Kraft daran-
gesetzt, Rembrandt, Frans Hals, Albert Cuyp,
Ruisdael, van Dyck zu repräsentieren; die zarte
Vornehmheit Terborchs, die anmutige Koloristik
Pieter de Hooghs lagen ihm nicht ebenso nahe.
Dass Rubens in der Reihe fehlt, empfand Herr von
Carstanjen als eine offenbare Lücke und er hat
sich in den letzten Jahren seines Sammeins bemüht,
ein Hauptwerk dieses Meisters seinem Besitz ein-
zufügen.
Neben denniederländischenWerken des 17. Jahr-
hunderts giebt es einige gleichaltrige Spanier in der
Sammlung, ein Genrestück von Murillo, ähnlich
den berühmten Bettlergruppen in der münchener
Pinakothek, und eine Magdalena von demselben
Meister.
Sehr spät begann Herr von Carstanjen primitive
Tafeln zu erwerben. Merkwürdiger Weise sind
mehrere deutsche Bildersammler seiner Generation
etwa gleichzeitig, nachdem sie ihr Interesse aus-
schliesslich der freien Malkunst des 17. Jahrhunderts
zugewandt hatten, der Neigung zur nordischen
Malerei des 15, und \6. Jahrhunderts gefolgt, so
Herr Adolf Thiem, dessen Galerie mit den schönen
zuletzt erworbenen Altniederländern im Kaiser
Friedrich-Museum zu sehen ist, so Herr R. Kann
in Paris, so der Freiherr Albert Oppenheim in
Köln.
Herr von Carstanjen hatte das Glück, auf der
Auktion Nelles in Köln 1895 jene zwei kleinen
Altarflügel zu erlangen, die auf den Ausstellungen
1896 in Berlin, 190z in Brügge und 1904 in
Düsseldorf unter dem Namen Quentin Matsys ge-
zeigt, wegen der Pracht ihrer Färbung, ihrer voll-
endeten Durchführung und der zarten Empfindung
in den Bewegungen und Köpfen die höchste Be-
wunderung erregten. Und endlich erwarb er ein
Hauptwerk der altkölnischen Schule in der breiten
Andachtstafel mit Stifterfiguren, das dem „Meister
der hl. Sippe" zugeschrieben wird. Nicht ganz so
fein in der Zeichnung wie die besten gleichzeitigen
niederländischen Tafeln, macht das Bild mit der
glasigen Klarheit seiner Farben, mit seinen anmuti-
gen Engelsköpfen, einen blumigen und heiteren
Eindruck. Es ist eine Stiftung des 1484 gestorbenen
Grafen Gumprecht von Neuenahr und war im Be-
sitze der freiherrlichen Familie von der Leyen auf
Bloemersheim, bis Herr von Carstanjen es kaufte.
Ehe wir zu dem Körper der Sammlung, zu den
Holländern, kommen, mache ich auf die Ansicht
des venezianischen Kanals von Antonio Canale auf-
merksam. Der Meister ist im berliner Museum
sonst nicht vertreten, während sein Nachfolger
Francesco Guardi durch neuere Erwerbungen präch-
tig repräsentiert ist. Der moderne Geschmack, der
den Witz der Pinselführung über alles bewundert,
mag den jüngeren Meister höher stellen als den
älteren. Aber ohne die Schulung bei Canale, der die
Baulichkeiten mit dem Wissen und der Gewissen-
haftigkeit eines Architekten malte, hätte Guardi
sich auf demselben Felde nicht mit so spielender
Leichtigkeit bewegen können.
Van Dyck ist mit einem Frauenporträt, wie es
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dischen und den vlämischen Bildern unserer Galerie
hält sich die Privatsammlung sicher und stolz und
ergänzt in mehr als einem Punkte den öffentlichen
Besitz.
Herr Adolf von Carstanjen war ein Sammler
im eigentlichen Sinne, nicht ein begüterter Herr,
der zur Dekoration seiner Wohnräume alte Bilder
erwirbt oder zu dieser Thätigkeit etwa durch ein ganz
ausserhalb der Sache liegendes Motiv getrieben
wird. Die Bilder waren Ziel und Zweck, und
das Sammeln selbst ein edeler Sport, der ihn in
späteren Jahren ganz in Anspruch nahm. Wir haben
in Deutschland kaum einen zweiten Kunstfreund
gehabt, der mit so grossen Mitteln ausgerüstet, mit
so viel Selbständigkeit und eifriger Leidenschaft
auf dem internationalen Markt als Mitbewerber
aufgetreten wäre. Die Ereignisse im Sammlerleben
des Herrn von Carstanjen waren die grossen Auk-
tionen in Paris und London. Und was für Ver-
steigerungen gab es in den 70 er und 80 er Jahren
des vergangenen Jahrhunderts. Wilson, Secretan,
Beurnonville, Dudley! Die Namen klangen im
Munde des Sammlers wie die Namen grosser
Schlachten in der Erzählung eines Kriegshelden.
Das Streben des Herrn von Carstanjen ging auf
das Grosse und das Wesentliche. Man spürt die
feste Richtung in dem, was er erworben, und in
dem, was er nicht erworben hat. Wie vieles tritt
nicht schmeichelnd und verlockend auf hundert
Wegen während eines Menschenalters an einen
Sammler heran. Unter den 49 Bildern sind nicht
nur Werke der grössten Meister, eine ganze Reihe
der kleineren holländischen Maler des 17. Jahr-
hunderts sind vertreten, aber jedes Stück ist,
was es zu sein vorgiebt Nichts Schielendes, Zweifel-
haftes ist dabei. Und — ein besonderer Vorzug —
die Bilder sind fast ausnahmslos in gutem Zustande.
Wie der Sinn des Sammlers auf das Monumen-
tale gerichtet war, hat er die höchste Kraft daran-
gesetzt, Rembrandt, Frans Hals, Albert Cuyp,
Ruisdael, van Dyck zu repräsentieren; die zarte
Vornehmheit Terborchs, die anmutige Koloristik
Pieter de Hooghs lagen ihm nicht ebenso nahe.
Dass Rubens in der Reihe fehlt, empfand Herr von
Carstanjen als eine offenbare Lücke und er hat
sich in den letzten Jahren seines Sammeins bemüht,
ein Hauptwerk dieses Meisters seinem Besitz ein-
zufügen.
Neben denniederländischenWerken des 17. Jahr-
hunderts giebt es einige gleichaltrige Spanier in der
Sammlung, ein Genrestück von Murillo, ähnlich
den berühmten Bettlergruppen in der münchener
Pinakothek, und eine Magdalena von demselben
Meister.
Sehr spät begann Herr von Carstanjen primitive
Tafeln zu erwerben. Merkwürdiger Weise sind
mehrere deutsche Bildersammler seiner Generation
etwa gleichzeitig, nachdem sie ihr Interesse aus-
schliesslich der freien Malkunst des 17. Jahrhunderts
zugewandt hatten, der Neigung zur nordischen
Malerei des 15, und \6. Jahrhunderts gefolgt, so
Herr Adolf Thiem, dessen Galerie mit den schönen
zuletzt erworbenen Altniederländern im Kaiser
Friedrich-Museum zu sehen ist, so Herr R. Kann
in Paris, so der Freiherr Albert Oppenheim in
Köln.
Herr von Carstanjen hatte das Glück, auf der
Auktion Nelles in Köln 1895 jene zwei kleinen
Altarflügel zu erlangen, die auf den Ausstellungen
1896 in Berlin, 190z in Brügge und 1904 in
Düsseldorf unter dem Namen Quentin Matsys ge-
zeigt, wegen der Pracht ihrer Färbung, ihrer voll-
endeten Durchführung und der zarten Empfindung
in den Bewegungen und Köpfen die höchste Be-
wunderung erregten. Und endlich erwarb er ein
Hauptwerk der altkölnischen Schule in der breiten
Andachtstafel mit Stifterfiguren, das dem „Meister
der hl. Sippe" zugeschrieben wird. Nicht ganz so
fein in der Zeichnung wie die besten gleichzeitigen
niederländischen Tafeln, macht das Bild mit der
glasigen Klarheit seiner Farben, mit seinen anmuti-
gen Engelsköpfen, einen blumigen und heiteren
Eindruck. Es ist eine Stiftung des 1484 gestorbenen
Grafen Gumprecht von Neuenahr und war im Be-
sitze der freiherrlichen Familie von der Leyen auf
Bloemersheim, bis Herr von Carstanjen es kaufte.
Ehe wir zu dem Körper der Sammlung, zu den
Holländern, kommen, mache ich auf die Ansicht
des venezianischen Kanals von Antonio Canale auf-
merksam. Der Meister ist im berliner Museum
sonst nicht vertreten, während sein Nachfolger
Francesco Guardi durch neuere Erwerbungen präch-
tig repräsentiert ist. Der moderne Geschmack, der
den Witz der Pinselführung über alles bewundert,
mag den jüngeren Meister höher stellen als den
älteren. Aber ohne die Schulung bei Canale, der die
Baulichkeiten mit dem Wissen und der Gewissen-
haftigkeit eines Architekten malte, hätte Guardi
sich auf demselben Felde nicht mit so spielender
Leichtigkeit bewegen können.
Van Dyck ist mit einem Frauenporträt, wie es
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