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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 4.1906

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Poppenberg, Felix: Die Berliner Fächerausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4390#0182

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Van de Velde geht von der Anatomie, dem Skelett
des Fächers aus und von seiner Eigenschaft der
wechselvollen zusammenlegbaren Fläche. Während
die Fächerdekoration vorwiegend das gespannte
glatte Blatt zum Bemalen wählt, zieht van de Velde
den einzelnen Stab vor, der jeder für sich seinen
Dekor bekommt. Dieser Dekor ist Stickerei. Und
diese Stickereien, vom Weimarer Paulinenstift aus-
geführt, betonen in ihrer Führung den Lauf und
die sich nach oben verbreitende Gestalt der Stäbe
auf dem Seidenblatt. Das konstruktive Gefüge
des Objekts, seine Notwendigkeitsbedingung wird
in einer Schmuckform reflektiert und ausgedrückt.
Van de Veldes Art und Kunst ist, aus der Not eine
Tugend, aus Notwendigkeiten ästhetische Werte
zu gewinnen.

Diese gestickten Liniengebilde bestechen durch
ihre Farbenstimmung, und keinen kleineren Reiz
hat ein Stück, das aus solcher Schulung hervor-
gegangen, der E. v. Scheelsche Fächer, perlmutter-
und hellgrün schimmernd.

Die bemalten Fächer betonen in ihrer Kompo-
sition meist die Rondelform, sie geben sich dabei
natürlich auch weniger stofflich, darstellerisch als
ornamental. Der Rondelform entsprechen gut
schwebende, auf- und abwogende Tanzmotive,
Reigenvariationen. Das zeigt in hoher Vollendung

Ludwig von Hofmann: aus farbigen Wolken
tauchen duftige Wolkengebilde, schwebende, glei-
tende, wie in Hauch zerfliessende Figuren.

Man hat bei dieser luftig leichten Komposition
auch das Gefühl, dass der Künstler an die be-
flügelte auf- und abschwingende Bewegung, an die
Ariel- und Aeolus-Verwandtschaft des Fächers ge-
dacht hat.

Magische Farbenspiele, changierende Licht-
wellen, Serpentintänze voll unendlicher Melodie
im bewegten Elemente des wehenden Fächerflügels
— das sind auch die lebendigen Motive für die
koloristischen Phantasien deFeures, Curt Herrmanns,
Elisabeth von Hahns. Das flimmernde Pointillieren
kommt bei diesen Aufgaben zu gesteigerter Wirkung.
Es funkelt und schwirrt von leuchtender Atmosphäre.

Solche „lumineusen" Reize schmücken noch in
sehr aparter Art die Fächerentwürfe Emil Orliks.
Kaleidoskopische Japonerien, ein ornamentaler
Blütenregen ist darüber mit sublimem Geschmack
verstreut. Wie aus mattem Goldstaub der Aven-
turingläser und aus Schmetterlingsschmelz zu-
sammengeweht erscheint diese Fläche.

Dankbar für Fächerbespannung erweist sich
rohe Seide mit Dekor in Battik-Technik, Papa-
geien- und Pfauenmotive, in rostrotem Grunde
schwimmend. Die Fleischer-Wiemans zeigen das.

FELIX AUBERT, FÄCHER

MIT BEWILLIGUNG VON FRIEDMANN & WEBER

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