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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 4.1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.4390#0452

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Paris verstorbenen Rudolf Kann, nach Amerika geht.
Für die Sammlung, einschliesslich des pariser Palais, in
dem sie untergebracht ist, wird von den Erben ein Kauf-
preis von 25 Millionen Franks gefordert, und es ist
möglich, dass die durch Pierpont Morgan — wahrschein-
lich im Auftrage des New Yorker Metropolitan-Muse-
ums — eingeleiteten Verkaufsverhandlungen zum Ab-
schluss führen. Kann selbst, ein geborener Hamburger,
äusserte wiederholt die Absicht, dem Museum seiner
Vaterstadt und dem berliner Kaiser Friedrich-Museum
einige bedeutende Stücke zu vermachen. Er scheint
aber durch einen schnellen Tod an der Ausführung sei-
ner Absicht verhindert worden zu sein. — Auch das
Schicksal der Sammlung des kurz nach seinem Bruder
verstorbenen Moritz Kann ist ungewiss. Wenn diese
beiden unschätzbaren Galerien nach Amerika ausgeführt
werden, dann wird die Gefahr „Amerika als Kunstmarkt",
auf die Wilhelm Bode vor 2 Jahren in unserm Blatt
aufmerksam gemacht hat, durch ein grelles Beispiel be-
leuchtet. Die Sammlungen Kann gehören neben der-
jenigen von Alfred Beit in London zu den bedeutend-
sten Galerien, die Deutsche in den letzten Jahrzehnten
angelegt haben.

In Weimar sind in der Ausstellung des Künstler-
bundes einige Darstellungen des Nackten beschädigt
worden; man vermutet, aus jener Gesinnung heraus, die
sich gegen die Ausstellung der Rodinschen Zeichnungen
im dortigen Museum gerichtet hatte.

In London ist eine deutsche Ausstellung eröffnet
worden, das Ergebnis einer Einladung der Engländer an
die Deutschen. Die Ausstellung ist gut beschickt, die
Engländer scheinen etwas enttäuscht über Lenbach,
haben aber einem weiblichen Bildnis vom Grafen Harrach
grossen Beifall dargebracht. Bei der Begrüssungsfeier
wurden sehr freundliche Reden gewechselt.

H.

DIE DEUTSCHE KUNSTAUSSTELLUNG IN KÖLN
Die Lage ist die denkbar günstigste. Im reich an-
gepflanzten Floragarten, dem Teich gegenüber, liegt
der vom karlsruher Architekten Billing aufgeführte
Bau; für Ausstellungszwecke denkbar praktisch und ge-
schmackvoll. Sein mittlerer Teil, mit abgeflachtem Dach,
überragt die Seitenflügel um etwa ein Drittel. Die
Thür des im Rauh-Verputz aufgeführten Mauerwerks ist
mit gelbbraunen Kacheln umrahmt und nimmt den Ein-
tretenden auf, nachdem er eine geschweifte Stützen-
Reihe, die in zweifachem Bogen einen Vorhof um-

schreibt und deren oben verbundene Glieder eine
gleichfalls durch Kacheln gebildete kapitälartige Ver-
zierung tragen, passierte. Die Seitenflügel des Baues
schliessen einen Binnenhof ein (den ein in Bronze aus-
geführter Springbrunnen von Pankok ziert), und an ihn
schliesst sich ein Pavillon, der die von Nutzkünstlern
eingerichteten Sonderkabinette enthält.

Der „Verein der Kunstfreunde in den Ländern am
Rhein", der diese Ausstellung als seine erste grössere
veranstaltete, handelte nur billig, als er sie in der rhei-
nischen Hauptstadt, dem alten Köln vor sich gehen liess,
denn Düsseldorf hatte kaum zwei grosse Kunstaus-
stellungen hinter sich; so konnte die Wahl nicht gut
anders ausfallen. Aber leicht mögen die Kölner ihm die
Veranstaltung nicht gemacht haben; sie hatten zu wenig
Erfahrung in solchen Dingen, und einige Spuren der tech-
nischen Unzulänglichkeit, die direkt auf ihr Konto zu
setzen sind, waren dem Beschauer noch sichtbar. Es steht
uns hier nicht an, die Kölner zu kritisieren, wie sie sich
als Publikum den Kunstwerken gegenüber verhalten,
doch eine ihrer Eigentümlichkeiten, die eines komischen
Beigeschmackes nicht entbehrt, sei erwähnt. Die Kölner
schienen nicht zu wissen, wie man Ausstellungsdiener
kostümiert, obgleich sie in denen des Walraff-Richartz
Museum ein gutes Vorbild gehabt hätten. Sie aber setzten
in der That eine Art Polizisten mit Säbeln hinein, die
unaufhaltsam durch die Räume rannten und dazwischen
patrouillierte die Feuerwehr mit schwerer Axt auf der
Schulter. Der Anblick dieser bewaffneten Macht irritiert
im Anfang dermassen, dass es uns kaum möglich war,
uns den Bildern zu widmen. Und wenn sie das thaten:
warum setzten die Kölner, aus Lokalstolz, dann nicht
lieber gleich die alten „kölsche Funke" hinein. Was uns
sonst an Unvorteilhaftem in der Ausstellung auffiel:
die Wandbekleidung verstimmte in einigen Sälen gerade-
zu, noch mehr aber ein aussergewöhnlich schlechtes
Hängen der Bilder. Wer bei dieser Ausstellung (die
Delegierte aus den verschiedenen Städten leiteten, die
die Bilder aber nicht nach Städten gruppierten) dafür
verantwortlich ist, wissen wir nicht; thatsächlich wurde
eine ganze Reihe guter Bilder totgehängt. Schon der
Hauptsaal, in dem die vier Fürstenbilder Trübners Auf-
stellung fanden, machte einen unangenehmen Eindruck,
einige der übrigen „geschmückten" Säle noch weit mehr.
Zum Genuss kam man nur in den Sonderkabinetten, in
dem sogenannten „deutschen Saal" und einem kleineren,
der vorwiegend karlsruher Bilder enthielt. Der Glanz-
punkt der Ausstellung, der freilich nicht als solcher be-
tont war, war jener Gang, an dessen Wänden sämtliche
Radierungen des genialen Bohle hingen. Er ist im Grunde
der einzige Künstler, der das Programm des „Vereins
in den Ländern am Rhein" rechtfertigt. Doch ist er
„deutsch" nicht aus Tendenz, vielmehr aus der natür-
lichen Kraft seiner Begabung. EinKünstler gerade wie er
kann garnicht anders als „deutsch" sein; dem Werke
aller kleineren aber wird ein Kunstprogramm, das diesen

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