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Krauß, Fritz
Carl Rottmann — Heidelberger kunstgeschichtliche Abhandlungen, Band 9: Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.19424#0039

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2. Larl Rottmann.

getrübten unsicheren Rugerü in die Welt, und anstatt die Gegenstände mit
möglichst präziser Rnappheit zu erfassen, dehnte und lockerte er lieber ihre Um-
risse, um in sie seine weiten Gefühle hineingietzen zu tönnen. Oeshalb ist Rott-
mann auch von Unfang bis zum Zchluß seines Lebens ein „schlechter Zeichner"
gewesen^ weil es ihm schwer fieh eine Erscheinung in ihrer anliegendsten,
prägnantesten Zorm zu sehen und wiederzugeben. Zeine Rlalerei ist eine natur-
ferne Runst. Bei ihm war das Jnnenerlebnis weit stärker als der Uußeneindruck
und deshalb projizierte er diesen in jenen. Er war, wenn man so sagen will,
nicht naioer, sondern sentimentaler Rünstler, Expressionist nicht Jmpressionist.

Oaß Garl Rottmanns Ztudien „von allem Unfang etwas phantastisch
Traumhaftes" an sich hätten, wie Zriedrich pechv behauptet, geht allerdings
viel zu weit. Ltwas versonnenes, ein träumerisches Versunkensein schläft viel-
leicht in ihnen, aber phantastisch sind diese frühen Uquarellbildchen durchaus
nicht, da kleben sie zu sehr mit ängstlich sich mühender Zorgfalt am Gegenstand
und an der tüftelig trockenen väterlichen Uberlieferung. Zn jener Zeit war
seine phantasie noch nicht gekräftigt und stark genug, um fliegen zu können.

Es ist erklärlich, datz das gewecktere Talent und raschere Zortschreiten der
anderen, besonders des Lruders, auf den scheuen Rnaben wenig ermutigend
einwirkte. Und wir fänden es daher annehmbar, datz Larl, wie Regnet in seinen
„Rlünchener Rünstlerbildern"" erzählt, mit einem Rkale aber erst dann leb-
haftere Neigung zur Runst an den Tag legte, als es ihm gelungen war, in des
Vaters Ubwesenheit eine Zeichnung zustande zu bringen, welche seine unver-
kennbare Begabung für die Runst an den Tag legte. Es ward jener Tag zum
Zesttage für die Zamilie, als die Rkutter, an der Larl mit aller kindlichen Zärt-
lichkeit hing (vgl. dagegen Regnets spätere Oarstellung°), dem heimkehrenden
vater jene Urbeit vorlegen konnte.

Larl soll damals um sein vierzehntes Zahr herum gewesen sein. Zm Besitze
der verwitweten Zrau Geh. Rat Vuhl in heidelberg befindet sich nun ein Uquarell-
bildcheno, dem man zutrauen möchte, datz ein Vierzehnjähriger es emsig zu-

i Nicht iiur im übertragenen Linne: Nottmann hat sein Lebtag mit einem Nugenübel, dem „schwarzen
Star" zu kämpfen gehabt.

" sviese Nnsicht von Nrautz wird oollkommen bestätigt durch die Neuerwerbung des Nurpsälzischen Ntuseums
oon zwei Kederzeichnungen aus der Zugend von Larl Nottmann, die autzerordentlich tief unter den erhalte-
nen gleichzeitigen seiner Studiengenossen Narl Zohr und Lrnst Zries stehen. Vesonders das Kigürliche der Nkenschen-
und Tierstaffage in der Nrt des alten Z. Nottmann ist äutzerst primitiv und ungeschickt wiedergegeben. Ls sind
Szenen aus dem Neckartal/ unter einem Blick auf Ziegelhausen vom Schlierbacher Ufer aus steht in Blei von der
hand seiner Enkelin „Larl Nottmann bestätigt als echt die Enkelin Krau Nkajor Guttenhöser geb. Teichlein". Es
handelt sich also um Stücke, die unmittelbar in Kamilienbesitz geblieben waren. — vie zweite Zeichnung (klbb. 5)
„Blick aus den Kelspartien an der Ziegelhäuser Landstratze mit dem zeichnenden Nkaler auf Schlotz und Narlstor"
zeigt schon ein etwas vorgeschrittenes malerisches Nönnen in seiner Nomposition.s

o Kriedrich pechts kiufsah über Larl Nottmann in v. Weech, Vadische Viographien (heidelberg 1875), 5. 218
bis 223. Kortan zitiert: pecht S. 219.

4 Narl Ulbert Negnet: Nlünchener Nünstlerbilder (Leipzig 1871), 2. Vd., S. 100—131. Kortan zitiert:
Negnet: Nkünchener Nünstlerbilder, S. 104.

- Negnet, S. 5.

° svieses Bildchen, wie die später erwähnte Nkannheimer klnsicht nach primavesi befinden sich jetzt im
Lesihe des Nunstvereins heidelberg durch vermächtnis des Geh. Nats Luhl.s
 
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