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Zchlosser und die romanlischen Oichter.
Gb ihre Zeele wohl eine Khnung beschlich, datz sie zurn letzten ITIal ckuf dem
von ihr so sehr geliebten Ztifte gewesen? —
Es war am 6. Gttober, als wir zusammen heimreisten. 5lus ihrem Lesuche
auf dem Ztifte im November, wie sie gehofft, wurde nichts — zwei Ntonate
später, am 6. vezember 1860, wurde sie uns durch einen schnellen, schmerz-
losen Tod entrissen. —"
Lin besonderes Gnadengeschenk Ntarianne tVillemers ist ihr Zilhouetten-
album, dessen Lildchen eine bedeutsame Zierde des Stiftes bilden. Oa tauchen
sie alle vor uns auf, als schwarze Zchatten, vor allem die helden des „Sturmes
und Oranges". Zunächst oben, wie ein Zgmbol, schwärmerisch aufrecht: Goethe
und Lotte. Oann all die vielen: Leopold lDagner, heinse, Zacobi, Leisewitz,
Gellert, Llaudius, höltg, lvieland, Namler, Zerusalem, tveitze, Nlopstock,
Lichtenberg, Lürger, Nabener, Zachariae usf.
tvie ganz und gar Goethes Geist nicht nur in den Näumen, auch in den
innersten herzen jener Ntenschen von Ztift Neuburg wohnte, das bezeugen am
hellsten die köstlichen tvorte, die Zchlosser nach des Oichters Tode am 2. Ntai
I8Z2 an Zulpiz Boisseree schrieb: „Von unserer Nindheit an hatte Goethes
Gestirn mit immer gleichem Glanze über uns gestrahlt,- Generationen waren
neben ihm aufgeblüht und dahin gewelkt, manches schön aufstrebende Talent,
manches reiche Gemüt hatte sich wenigstens in perioden der Entwicklung an
ihn gerankt und seine Einwirkungen aufgenommen — und wie manche der
uns teuersten unter diesen deckt längst das Grab, während wir uns gewöhnt
hatten, dem alten heros gewissermatzen eine Nrt phgsischer Unsterblichkeit bei-
zulegen. Zn ihm und dem im verflossenen Zahre geschiedenenNUnister vonZtein
starben die beiden kräftigsten heldennaturen, die mir im Leben begegnet." Und
selbst Zrau Rat Zchlosser pflegte noch in späteren Zahren jede gegen Goethe
gerichtete Üutzerung mit den kvorten abzubrechen: „5ie haben Goethe nicht
gekannt."
Schlosser und die romautischen Tichter.
Wir haben es schon vorhin angedeutet, datz, neben derZreundschaft Goethes,
Zchlossers Übertritt zum Natholizismus die zweite Triebfeder war, welche seines
inneren Lebens Ublauf im Gange hielt. Es war Ende des Zahres 1814 in IVien,
wohin ihn seine vaterstadt Zrankfurt auf den Nongretz der Nkächte als politischen
Vertreter gesandt hatte, als Zritz Zchlosser mit seiner Gattin den folgenschweren
Zchritt tat. Nm Tage vor ihrer Ubreise nach kvien, am 2Z. Zeptember, hatten
sie noch mit Goethe, der bei ihnen in Krankfurt zu Gast war, unter einem Oach
geweilt. Ver Oichter innerlich in den frohsinnlichen Prächten und heidnischen
herrlichkeiten des Grients schwelgend, den er gerade damals in seinem „Ivest-
östlichen Oivan" besang, während seiner Gastgeber 5inn und Zeele in dumpfer
Zerknirschung aufschluchzte nach dem lösenden, einhüllenden Nlgsterium des
Nreuzes. Ivie weit weg ihre Zeelen voneinander weilten! Zn seinen bio-
graphischen Notizen bemerkt Zchlosser zwar nur ganz kurz: „1814, Oezember 21.,
trat ich mit meiner §rau zur Nirche zurück. — Oecember, Z0. Unsere Zirmung."
Zchlosser und die romanlischen Oichter.
Gb ihre Zeele wohl eine Khnung beschlich, datz sie zurn letzten ITIal ckuf dem
von ihr so sehr geliebten Ztifte gewesen? —
Es war am 6. Gttober, als wir zusammen heimreisten. 5lus ihrem Lesuche
auf dem Ztifte im November, wie sie gehofft, wurde nichts — zwei Ntonate
später, am 6. vezember 1860, wurde sie uns durch einen schnellen, schmerz-
losen Tod entrissen. —"
Lin besonderes Gnadengeschenk Ntarianne tVillemers ist ihr Zilhouetten-
album, dessen Lildchen eine bedeutsame Zierde des Stiftes bilden. Oa tauchen
sie alle vor uns auf, als schwarze Zchatten, vor allem die helden des „Sturmes
und Oranges". Zunächst oben, wie ein Zgmbol, schwärmerisch aufrecht: Goethe
und Lotte. Oann all die vielen: Leopold lDagner, heinse, Zacobi, Leisewitz,
Gellert, Llaudius, höltg, lvieland, Namler, Zerusalem, tveitze, Nlopstock,
Lichtenberg, Lürger, Nabener, Zachariae usf.
tvie ganz und gar Goethes Geist nicht nur in den Näumen, auch in den
innersten herzen jener Ntenschen von Ztift Neuburg wohnte, das bezeugen am
hellsten die köstlichen tvorte, die Zchlosser nach des Oichters Tode am 2. Ntai
I8Z2 an Zulpiz Boisseree schrieb: „Von unserer Nindheit an hatte Goethes
Gestirn mit immer gleichem Glanze über uns gestrahlt,- Generationen waren
neben ihm aufgeblüht und dahin gewelkt, manches schön aufstrebende Talent,
manches reiche Gemüt hatte sich wenigstens in perioden der Entwicklung an
ihn gerankt und seine Einwirkungen aufgenommen — und wie manche der
uns teuersten unter diesen deckt längst das Grab, während wir uns gewöhnt
hatten, dem alten heros gewissermatzen eine Nrt phgsischer Unsterblichkeit bei-
zulegen. Zn ihm und dem im verflossenen Zahre geschiedenenNUnister vonZtein
starben die beiden kräftigsten heldennaturen, die mir im Leben begegnet." Und
selbst Zrau Rat Zchlosser pflegte noch in späteren Zahren jede gegen Goethe
gerichtete Üutzerung mit den kvorten abzubrechen: „5ie haben Goethe nicht
gekannt."
Schlosser und die romautischen Tichter.
Wir haben es schon vorhin angedeutet, datz, neben derZreundschaft Goethes,
Zchlossers Übertritt zum Natholizismus die zweite Triebfeder war, welche seines
inneren Lebens Ublauf im Gange hielt. Es war Ende des Zahres 1814 in IVien,
wohin ihn seine vaterstadt Zrankfurt auf den Nongretz der Nkächte als politischen
Vertreter gesandt hatte, als Zritz Zchlosser mit seiner Gattin den folgenschweren
Zchritt tat. Nm Tage vor ihrer Ubreise nach kvien, am 2Z. Zeptember, hatten
sie noch mit Goethe, der bei ihnen in Krankfurt zu Gast war, unter einem Oach
geweilt. Ver Oichter innerlich in den frohsinnlichen Prächten und heidnischen
herrlichkeiten des Grients schwelgend, den er gerade damals in seinem „Ivest-
östlichen Oivan" besang, während seiner Gastgeber 5inn und Zeele in dumpfer
Zerknirschung aufschluchzte nach dem lösenden, einhüllenden Nlgsterium des
Nreuzes. Ivie weit weg ihre Zeelen voneinander weilten! Zn seinen bio-
graphischen Notizen bemerkt Zchlosser zwar nur ganz kurz: „1814, Oezember 21.,
trat ich mit meiner §rau zur Nirche zurück. — Oecember, Z0. Unsere Zirmung."