6. Rottmann und die Romantik.
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vorwurss im Zresko, seinem akademischen Berater nachgegeben und dem
vordergrund dadurch mehr birast und Bestimmtheit verliehen, datz er den
bisher braungrünen Zchlagschatten violett gemacht hat. Zarbige Zchatten
waren natürlich nicht in der akademischen vorschrist enthalten, da sie erst eine
Errungenschast vom Knsang des t9. Iahrhunderts sind. Philipp Gtto Runge
und Goethe haben sie aus theoretischem kVege entdeckt. Oie Nachsolger Nunges
in hamburg: Gldach, Erwin Lpeckter und hermann Nauffmann haben sie
angewendet. Oie Erscheinung muh aber damals zwischen l8lO und l820 sozu-
sagen in der Luft gelegen haben, denn Rottmann ist selber, sicherlich unab-
hängig von sremden Einslüssen, bei seinen eigenen Zreilichtversuchen auf die
sarbigen Zchatten gestotzen. Jn dem heidelberger Nquarell von l8l5, in dem
Gemälde „Burg Eltz" und in den Gebirgsstudien der Nkünchener Zeit hat er
violette Lchatten verwendet. Nllein wenn Nottmann jetzt dasselbe tut, so ist
das nicht dasselbe. Oamals, als er noch naturalistischer psadfinder war, machte
er den Zchatten violett, gewissermatzen zur Zestlegung einer mit sast wissen-
schaftlichem Znteresse entdeckten Naturerscheinung. Nun geht er eklektisch vor
und üüernimmt glatt diese Lrrungenschast der naturalistischen Nichtung, da sie
ihm eine brauchbare koloristische Nbwechslung gibt. Zch habe schon srüher
hervorgehoben, wie man Nottmann sowohl wegen seines „höchst ausgebildeten
Iarbensinns" als wegen seiner mehr allgemeinen Nusführung, welche aus den
Gesamteindruck hinarbeitete', als einen naturalistischen Zortschritt gegenüber
dem tonigen und kleinlich ausführenden Z. N. Noch hinstellte. Zn den beiden
äutzerlichsten rein sormalen Zügen berühren sich Nottmann und Blechen: in
ihrem Streben nach lebhaftem Nolorit und im lockeren zügigen Vortrag. Was
besagt das? Blotz soviel, datz kein Nünstler aus seiner haut heraus kann. Zobald
er irgend etwas Lebendiges, und nichts archaistisch Totgeborenes, erzeugen
will, kann dies nur in den Zormen seiner eigenen Zeit geschehen. Nndererseits
zeigt es uns wieder, wie weit Rottmann von poussin entsernt ist. Nottmann
hat aber poussin nicht nachgeahmt. Oenn er hat alles das, was die Nlalerei
in den zwei Zahrhunderten seit poussin an Natureroberungen, d. h. an Lr-
weiterung der Oarstellungsmittel, an Technik gewonnen, — nachdem er es sich
in seiner Zugendzeit angeeignet — in seinen „Nkeisterwerken" verarbeitet. Nller-
dings.nach denselben Grundsätzen wie poussin.
6. Rottmann und die Nomalltik.
Blechens Nunst ist bekanntlich aus der Romantik herausgewachsen, und er
hat eines ihrer Prinzipien, das die eigentlichen Romantiker wie Nunge und
Zriedrich nur als Ourchgangspunkt benützten, am solgerichtigsten zu Ende ge-
' §lora (1829), 5. 1046.
2 (Jch geslehe, datz ich lang unsicher war, ob ich die folgende Ubrechnung der Urautzschen handschrift drucken
lassen solle. Oenn sie bedurfte einer Überarbeitung, die ein herausgeber nicht leisten kann. Immerhin finden sich
richtige Einzelbeobachtungen genug, um über die Unfertigkeit der Ganzen wegzusehen. vie Gegenüberstellung
von Ulassizismus und Uomantik mus; man natürlich für das vorgeschrittsne 19. Iahrhundert gelten lassen,' beide
Uichtungen waren oon haus die gleichen romantischen, und erst seit den Nazarenern, die die Uomantik verengt
und umgeprägt haben, hat sich auch der Ulassizismus zu schroffer Gegnerschaft verhärtet. Oas; Nazarener und
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vorwurss im Zresko, seinem akademischen Berater nachgegeben und dem
vordergrund dadurch mehr birast und Bestimmtheit verliehen, datz er den
bisher braungrünen Zchlagschatten violett gemacht hat. Zarbige Zchatten
waren natürlich nicht in der akademischen vorschrist enthalten, da sie erst eine
Errungenschast vom Knsang des t9. Iahrhunderts sind. Philipp Gtto Runge
und Goethe haben sie aus theoretischem kVege entdeckt. Oie Nachsolger Nunges
in hamburg: Gldach, Erwin Lpeckter und hermann Nauffmann haben sie
angewendet. Oie Erscheinung muh aber damals zwischen l8lO und l820 sozu-
sagen in der Luft gelegen haben, denn Rottmann ist selber, sicherlich unab-
hängig von sremden Einslüssen, bei seinen eigenen Zreilichtversuchen auf die
sarbigen Zchatten gestotzen. Jn dem heidelberger Nquarell von l8l5, in dem
Gemälde „Burg Eltz" und in den Gebirgsstudien der Nkünchener Zeit hat er
violette Lchatten verwendet. Nllein wenn Nottmann jetzt dasselbe tut, so ist
das nicht dasselbe. Oamals, als er noch naturalistischer psadfinder war, machte
er den Zchatten violett, gewissermatzen zur Zestlegung einer mit sast wissen-
schaftlichem Znteresse entdeckten Naturerscheinung. Nun geht er eklektisch vor
und üüernimmt glatt diese Lrrungenschast der naturalistischen Nichtung, da sie
ihm eine brauchbare koloristische Nbwechslung gibt. Zch habe schon srüher
hervorgehoben, wie man Nottmann sowohl wegen seines „höchst ausgebildeten
Iarbensinns" als wegen seiner mehr allgemeinen Nusführung, welche aus den
Gesamteindruck hinarbeitete', als einen naturalistischen Zortschritt gegenüber
dem tonigen und kleinlich ausführenden Z. N. Noch hinstellte. Zn den beiden
äutzerlichsten rein sormalen Zügen berühren sich Nottmann und Blechen: in
ihrem Streben nach lebhaftem Nolorit und im lockeren zügigen Vortrag. Was
besagt das? Blotz soviel, datz kein Nünstler aus seiner haut heraus kann. Zobald
er irgend etwas Lebendiges, und nichts archaistisch Totgeborenes, erzeugen
will, kann dies nur in den Zormen seiner eigenen Zeit geschehen. Nndererseits
zeigt es uns wieder, wie weit Rottmann von poussin entsernt ist. Nottmann
hat aber poussin nicht nachgeahmt. Oenn er hat alles das, was die Nlalerei
in den zwei Zahrhunderten seit poussin an Natureroberungen, d. h. an Lr-
weiterung der Oarstellungsmittel, an Technik gewonnen, — nachdem er es sich
in seiner Zugendzeit angeeignet — in seinen „Nkeisterwerken" verarbeitet. Nller-
dings.nach denselben Grundsätzen wie poussin.
6. Rottmann und die Nomalltik.
Blechens Nunst ist bekanntlich aus der Romantik herausgewachsen, und er
hat eines ihrer Prinzipien, das die eigentlichen Romantiker wie Nunge und
Zriedrich nur als Ourchgangspunkt benützten, am solgerichtigsten zu Ende ge-
' §lora (1829), 5. 1046.
2 (Jch geslehe, datz ich lang unsicher war, ob ich die folgende Ubrechnung der Urautzschen handschrift drucken
lassen solle. Oenn sie bedurfte einer Überarbeitung, die ein herausgeber nicht leisten kann. Immerhin finden sich
richtige Einzelbeobachtungen genug, um über die Unfertigkeit der Ganzen wegzusehen. vie Gegenüberstellung
von Ulassizismus und Uomantik mus; man natürlich für das vorgeschrittsne 19. Iahrhundert gelten lassen,' beide
Uichtungen waren oon haus die gleichen romantischen, und erst seit den Nazarenern, die die Uomantik verengt
und umgeprägt haben, hat sich auch der Ulassizismus zu schroffer Gegnerschaft verhärtet. Oas; Nazarener und