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Krauß, Fritz
Carl Rottmann — Heidelberger kunstgeschichtliche Abhandlungen, Band 9: Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.19424#0217

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2. Oie wandbilder.

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und Tageszeit. Er beherrschte Zarbe und Linie mit derselben unbeschränkten
Macht, zeigte hier das glänzende Licht der vom südlichen chimmel strahlenden
5onne und dort die dunklen Zchatten eines dahin brausenden Gewittersturmes
und brachte überall die passende Ztaffage an.

Leider ist die Zituierung dieses Zgklus eine überaus unglückliche. Zudem
war Nottmann namentlich zu Llnfang der Krbeit nicht völlig herr der Technik
und malte nicht blotz auf ganz glattem Grunde, sondern mischte seinen Zarben
auch noch zu viel Ralk bei, was die biraft seines Rolorits notwendig abschwächte.
vazu kam endlich noch, datz er in dem engen holzkasten, in welchem er arbeiten
mutzte, nicht einen einzigen Lchritt zurücktreten konnte, um die wirkung zu
übersehen."

Vier Lommer lang, von k8Z0—1834, hat Rottmann an den wandbildern
gemalt. 6ls Ende des wonats Zuni 18Z4 dis letzten Zresken des Zgklus (bis
Terracina waren sie schon 18Z2 vollendet) aufgedeckt wurden, war die Begei-
sterung grotz.

„Oie Zreude darüber war allgemeirck und man kann sagen, datz München
darin einen Lchatz besitzt, deszgleichen nicht mehr gefunden wird, zumal die
später aufgedeckten Lilder die früheren an Lchönheit und Vollendung so weit
überragen, als der sizilianische himmel an Gluth den toskanischen. Was sogleich
in die Kugen fällt, ist der selbständige Geist des Mnstlers, der bei aller Veach-
tung der natürlichen Erscheinungen doch sich durch das Zufällige derselben
nirgends leiten und bestimmen lätzt. Oie Natur, eigensinnig und betrügerisch,
wie ihr alter Gott Nereus, verwandelt sich, indem wir sie fesseln wollen, vor
unserem Blick so oft, bis sie uns gänzlich entflohen, wenn wir den Zauber-
spruch nicht kennen, der sie zwingt, uns Rede zu stehen. Oies erscheint als das
auffallendste Nlerkmal in genannten Zresken, datz bei einem jeden Bilde der
Gegenstand und seine Nuffassung ganz in eins fallen, sodatz man kaum an eine
andere glauben kann. wir sehen, datz der Nünstler die Natur in solchen Ztim-
mungen belauscht und gefatzt hat, die wir bei Nkenschen poetische nennen
würden, und so ist jedes Bild ein Gedicht. Oazu kommt ein edler und zarter
5inn der Nnordnung, so datz nirgends Nnfang und Ende des Bildes als will-
kürlich oder zufällig erscheinen, sondern das rechte Gefühl bestimmt beides,
sowie die Verhältnisse der Nlassen untereinander, sowohl der Luft, des Landes
und des wassers als der Zlächen und Gebirge usw. und — indem wir vor
Naturnachbildungen zu stehen meinen — stehen wir unvermerkt vor freien
Schöpfungen des Nünstlergeistes. Was nun das Technische der Nusführung
betrifft, so steht es in ganz gleicher höhe mit der Nuffassung. Nuf eine bewun-
dernswürdige weise ist das herbe des Nlaterials überwunden und nur sein
besonderer vorzug, das Licht benutzt, weshalb denn auch die Lüfte fast durch-
gehends von unübertroffener Nlarheit, Leichtigkeit und Lieblichkeit sind^,- die
Perspektive ist bis zur Täuschung beobachtet und namentlich ist es die Nleeres-
fläche (heute leider nicht mehr!), die durch die ganze Tonleiter ihres Zarben-

r Uunstblatt, 1834, Nr. 69, 5. 273 (28. Uugust).

" Gerade davon ist heute am wenigsten mehr zu merken, denn infolge chemischer Zersetzung unter Einflutz
der lvitterung sind himmel und Nleer jeweils ein dickseuchter blauer placken geworden.

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