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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 49.1898-1899

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Halm, Philipp Maria: Nikolaus Gysis
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https://doi.org/10.11588/diglit.7000#0026

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Nikolaus (S^fts.


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\2. Aktstudie von Nik. Gysis.

werden, um dann als wahrheitsgetreue, durchstudierte
Theile dem Ganzen sich einzufügen. Und so erprobt
auch der Stift den energischen majestätischen Kopf
zuerst auf einem besonderen Blatte, bis das Bild des
Geistes auf dem Papier genau sich widerspiegelt,
bis aus jeder einzelnen Form spricht, welche Ge-
danken im Paupte gährcn. — Eine weitere uns
vorliegende Skizze, im (Originale mit weißer Kreide
auf schwarzen Grund gezeichnet, ist die Borstudie
für die rechte pand der Nike auf dem Plakate für
die Olympischen Spiele. Wie graziös halten Daumen
und Mittelfinger den nur angedcuteten Lorbeerzweig;
man einpfindet ordentlich das Vibriren der Nerven
in den Fingerspitzen. Man sieht, wie sehr der Künstler-
in jedes Detail sich vertieft, um seiner Aufgabe ge-
recht zu werden; aus jeder Studie spricht der heilige
Erlist einer strengen, feinfühligen Künstlernatur.

Aber Gysis begnügt sich auch nie mit einem
Abschreiben, einem Nachahmen der Natur. Freilich,
das sieht man ja klar aus den vorliegenden Studien,
ist sie ihnr die erste Lehrmeisterin; aber was er von
ihr lernt, das eint sich mit den: Erbtheil seiner peimath,
mit seinem klassischen Auffassungsvermögen zu gemein-
famem Schaffen. Ein verständnisvolles Studium der
Antike, das staunende Aufschauen und die heilige Ver-
ehrung, die Gysis deil herrlichen Werkeil Hellas in
seinem vaterlandsliebenden Perzen entgegenbringt,
das alles adelt und verklärt das der Natur Ab-
gelauschte.

Man muß Gysis von den Werken des klassischen
Alterthums sprechen und sein Auge dabei leuchten
gesehen haben, um zu erfassen, wie tief feilte Künstler-
natur in seiner Väter Kunst begründet ist.

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