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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 49.1898-1899

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Konkurrenz um ein Brunnendenkmal Kaiser Ludwigs des Bayern für die Stadt Weißenburg a. S.
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https://doi.org/10.11588/diglit.7000#0031

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Brunnendenkmal - Konkurrenz.

zur Geltung bringen. Leider läßt das Preisaus-
schreiben Aünstler und Antiker über den eigentlichen
Zweck des Brunnens — Zier- oder Nutzbrunnen? —
zu sehr im Unklaren, als daß man entscheiden könnte,
ob nicht in der That das lustige Gesprudel aus zehn
hübschen Masken einer vielleicht praktischeren, aber
gewiß bei weitem nicht so stimnmngsvollen Röhren-
leitung vorzuziehen wäre, wie sich die Jury eine solche
wahrscheinlich denkt. Uns will scheinen, daß, wenn
man sich die bogigen Strahlen der Wasserspeier in
die Silhouette hineindenkt, die kleine Säulenstellung
ein sehr geeigneter Uebergang von den schweren
Wänden des Brunnentrogs zu dem schlankeren Pfeiler-
Aufbau bildet, der die Statue trägt. Dagegen kommt
die Inkongruenz des Stils, die darin liegt, daß der
ächalenunterfatz romanische Formen aufweist, während
der Pfeiler in Form und Ornamentik sich nrehr der
Renaissance nähert, unseres Erachtens nicht so sehr
in Betracht. Schwerer wiegt in unseren Augen ein
anderes Mißverhältniß. Der Pfeiler mit der Statue
erscheint uns zu schwer im vergleich zu dein säulen-
getragenen Becken. Dem könnte durch Verdoppelung
der Säulenstellung unter gleichzeitiger pöherlegung
des Beckens leicht abgeholfen werden. — (<£s sei
hier übrigens beinerkt, daß die unserer Abbildung
zu Grunde liegende photographische Aufnahme kein
ganz richtiges Bild von den Verhältnissen des Modells
giebt, indem der Pfeiler und namentlich die Figur
zum Aufbau des Ganzen noch größer wirken als in
der Wirklichkeit.)

Auch dieser Pfeiler zeigt manche gelungene Züge.
Das Laubwerk und die Thierköpfe als Wasserspeier
erinnern an manche Zagdbrünnlein, und vielleicht
würde der Eindruck noch frischer sein, wenn an
Stelle des traditionellen Lorbeergezweiges ein anderes,
charaktervolleres Blattmotiv, eines aus unserem
schönen deutschen Walde treten würde, vielleicht
der gelungenste Theil ist das Aapitäl des Pfeilers,
dessen plastisch empfundene und kräftig modellirte
Ornamentik wechselweise einen Wassermann und eine
Nixe darstellt, die jener im Entfliehen an den haaren
ergreift und mit sich fortzieht. Als Dekoration einer
Wasseranlage würde das hübsch erfundene Motiv
in der Nähe des Wassers selbst, etwa an dem
unteren Schaftende des Pfeilers noch besser am
Platze sein als so hoch oben in der Luft, wo die
Beziehung zu dem nassen Element eben doch nur
eine entfernte ist. Die Figur des Aaisers, wiewohl
wir ihn uns, dem Gedanken des Ganzen gemäß, lieber
im Lederkoller der Zagd mit Hifthorn und dem Zagd- !
spieß oder der Saufeder in fänden gedacht hätten,
als in dem unplastischen Harnisch, nmcht auch so
einen statuarisch ganz wirksamen Eindruck.

1

ty. Brunnenstock, Modell von Bildhauer Balthasar Schmitt,
München.

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Kunf! und Handwerk. 48. Iahrg. Heft

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