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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 49.1898-1899

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Halm, Philipp Maria: Der "Augustiner" in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7000#0069

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Der Augustiner.

lehnen; diese an Banernstühle erinnernden Sitzmöbel,
wie sie, nebenbei gesagt, auch CeibL in ähnlichen
Exemplaren in seinem Atelier liebt, können getrost
mit den allermodernsten englischen und deutschen
Stühlen in Bezug auf bequemen Sitz in Aonkurrenz
treten, ohne mit diesen die nicht selten abenteuerlichen
formen gemein zu haben.

Der zweite größere Saal im ersten Stocke (Abb. 8 s)
besticht namentlich durch den rothen ungenrein freundlich
wirkenden Anstrich der Vertäfelung und die grün in
Grün ornamental behandelte ksolzdecke, deren Durch-
züge ebenfalls ornamentale Motive auf rothem Grund
zeigen. An der dem Fenster gegenüber liegenden
Langseite öffnen sich Arkaden von Pfeilern mit
Aorbbögen zu kleineren Räumen und zur Schenke.
Die weißen Wände werden belebt durch drei Staffelei-
bilder, Spielkartenfiguren in Lebensgröße und durch
die lustige Allegorie, in der uns Julius Diez den
Aampf zwischen einem Ritter Gambrinus und dem
Philisterthum in ebenso humorvoller wie origineller
Weise schildert (Abb. 83). Bogenlampen spenden
hier das nöthige Licht.

Gegenüber den: rothen Saale ist das sogenannte
Iagdzimmer gelegen, dessen Ausstattung vielleicht die
ungetheilteste Anerkennung findet. Die Vertäfelung
ist hier grün gestrichen; die ksochwand beleben
heitere Malereien, allerlei Gethier des Waldes und
Feldes; das Hochwild äst, der Fuchs lauert, das
Eichkatz! springt von einem Baum zum anderen, und

lustige befiederte Sänger
tummeln sich im Geäste
der Bäume. Und Licht
spenden uns Sonne, Mond
und Sterne, d. h. Glüh-
lichtbirnen entwickeln sich
aus so geformten Licht-
trägern. Ichmöchtesagen,
daß keinem der Räume
des Augustiners solch' zu
bserzen gehende heitere
Poesie der Ausstattung
innewohnt wie dieser
lustigen Schöpfung Prof.
Seidl's. Da ist alles auf's
Genaueste in seiner Wir-
kung abgewogen bis auf
die grobleinenen Vorhänge
der kleinen Fenster. bjier
können wir am besten wie
auch in dem vorhin er-
wähnten kleinen Gesell-
schaftszimmer studiren, wie
weniger Mittel es bedarf,
um einem Raume einen unendlichen Reiz zu geben.
Freilich gehört ein so feinfühlender Aünstler wie
Emanuel Seidl dazu, um die Aufgabe in solcher
Weise zu lösen, wie wir es inr Augustiner sehen. Da
ist kein Winkel, der nicht irgendwie originell geziert

wäre; ich erinnere nur an die Dohlen über der

Schenke der sog. Schwemme und an die Lichtträger,
Wirthshaussterne u. A.

Werfen wir noch einen Blick auf die Fa^ade
(Abb. 6st). Sie trennt sich in zwei Hälften von
verschiedenem Aufbau; nur das Erdgeschoß mit
weitbogigen Fenstern erscheint für beide Hälften
durch die Rustikabehandlung einheitlicher. In dem
linken Eheil der Schauseite bewirken hübsche schmiede-
eiserne Gitter und reich silhouettirte Aartuschen für
Inschriften eine einfache Horizontalgliederung. Reicher
ist die rechte Hälfte der Hausfa^ade ausgestaltet,
namentlich durch den über das Dach hinaus aufsteigen-
den Erker, zu dessen Seiten Doppelfenster theils mit
geradem Sturz, theils mit Giebel, theils mit orna-
mentalen Bekrönungen angeordnet sind. Genannte
Abbildung läßt die gediegene Noblesse der Fa^ade
auf's Beste erkennen und überhebt mich eingehen-
derer Ausfühungen. Ergänzend sei nur bemerkt,
daß eine mäßige Vergoldung und rothe Abtönung
der ornamentalen Details, die zuerst etwas grell
wirkten, jetzt dem Bau entschieden zum Vortheil gereicht.

Zweifellos zählt der Augustiner in dem neuen
Gewände seiner Fa^ade und in seinen Räumen zu

5,
 
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