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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 49.1898-1899

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Chronik des Bayerischen Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7000#0171

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Lhronik des Bayer. Kunstgewerbevereins.

2[6. Doppelseitiger Schreibtisch; Entwurf von Lj. E. v. Berlepsch, Schreinerarbeit von Rich. Braun, München.
(Länge des Schreibtisches 2 m, Breite j m. — Material: braun gebeiztes Eichenholz mit grün gebeizten Ulmenholz-Fiillungen.)

muthmaßlichen Anfänge ornamentaler Malerei." Daß die
dekorative Wandmalerei von der „Bekleidung" der wände mit
gewebten Stoffen, auf welchen — eingewebt oder gestickt —
Dekorationen angebracht waren, ihren Ausgang genommen hat,
ist theoretisch schon seit längerer Zeit sestgestellt; aber erst in
neuerer Zeit ist dies auch durch Funde erwiesen. Redner
schilderte sehr anschaulich, wie ihm bei seiner kleinasiatischen
Reise der enge Zusammenhang zwischen weidewirthschaft und
Wollwirthschaft klar wurde, wie dort gewisserinaaßen von selbst
durch den Ueberschuß an freier Zeit bei Anfertigung der Gewebe
eine malerische Ausschmückung der letzteren Platz griff. Glatte
wände, oder sonstige ebene Flächen, die eigentliche Grundlage
für die Malerei, gab es nicht; wollte man die Blößen, welche
die aus Feldsteinen mit Lehm aufgerichteten Mauern zeigten,
dem Anblick entziehen, also verschönern, so behing man die
wände eben mit Stoffen, die je länger je mehr — erst künstlich,
dann künstlerisch — verziert wurden. Die orientalische Dekoration
ist noch heute im wesentlichen Textildekoration. Ausgrabungen
der altchaldäischen Stadt Sirpula (bei dem heutigen Telloh),
welche De Sarzec geleitet, ergaben u. A., daß der dortige, aus
der Pyramidenzeit stammende Palast, im Innern nackte, unver-
putzte wände besaß, während vor denselben Statuen aufgestellt
und die Palastterrassen nrit Flächenmustern verziert waren; diese
Umstände weisen deutlich darauf hin, daß die Innenwände mit
Teppichen behängen gewesen sein müssen. Dieses Prinzip, das
besonders auch den Gräbern Lykiens seinen Stempel aufdrückt,
findet sein Ende durch die griechische Kunst, bei welcher das
architektonische und plastische Element der bildenden Kunst zur
Herrschaft gelangte. Mit der byzantinischen Kunst gewinnt die
orientalische Dekorationsweise wieder die Gberhand, und sie
behält sie während des ganzen Mittelalters bis zur Renaissance.
Bis dahin malte man wie man webte, jetzt webt man wie

man zeichnet und malt! Aber in der Rokokozeit taucht —
bei den glatten wandstächen — wieder die Erinnerung an
die stoffbehangenen wände auf, und die moderne Stilrichtung
sucht ängstlich jede plastische Wirkung gemalter Wanddekorationen
zu vermeiden; sie erstrebt wieder die stächenhafte Darstellung
und kehrt somit zu dem ursprünglichen Prinzip zurück. — Der
Vortrag für welchen der Vorsitzende, Pros. v. Thiersch, den
Dank des Vereins aussprach, wurde erläutert durch eine unge-
mein große Zahl von Bildern nach Wanddekorationen aller
Zeiten, welche vortrefflich die Entwickelungsgeschichte dieses
Zweiges dekorativer Kunst verfolgen ließ.

Fünfte Wochenversammlung, — am s. Dezember. —
Vortrag von Dr. Phil. M. Ljalm: „Wesen des volksthümlichen
in der deutschen Kunst." Nicht von der vom Volke geübten
Kunstfertigkeit, sondern von der dem Volke gebotenen und von
ihm verstandenen Kunst sprach der Vortragende. Die Anfänge
deutscher Kunst in der Karolinger Zeit waren so wenig volks-
thümlich, wie die Werke der frühromanischen Zeit; die Kunst
war Sache der Kirche und wurde erst volksthümlich Ende des
XIII. und Anfangs des XIV. Jahrhunderts, als sie mehr und
mehr von Laienmeistern ausgeübt wurde, als die Städte an-
stngen, die Kirchen in der Stadt — nicht mehr draußen bei
den Klöstern — zu errichten; als man auch andere öffentliche
Bauwerke, wie Brücken, Brunnen und namentlich Rathhäuser
reicher auszugestalten begann. Gegen Ende des Mittelalters
bemächtigte die Kunst sich auch der Privathäuser, ja nicht selten
sogar des Prangers. Ein mächtiges Förderungsmittel entstand
der Kunst durch die Buchdruckerkunst, den Holzschnitt und den
Kupferstich. Es entstanden naturwissenschaftliche, Geschichts- und
Reisewerke, ausgestattet mit zahlreichen Abbildungen, „volks-
thümlich" ist jene Kunst, die für's Volk schafft; Mart. Schon-
 
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