Moderne Runstbestrebungen in Men.
dische Dach bildet die Regel
und spricht in der Gesammt-
komposition als wesentlicher
Faktor mit. In der Form-
gebung im Einzelnen wird
mit Vorliebe an die mittel-
alterlichen Stile und an die
ländliche Bauart derpeimath
oder an die nordischen Um-
bildungen der Renaissance
angeschlossen. Auch in der
Ausstattung des Innern be-
gegnet uns überall ein be-
wußtes Wiederaufgreifen der
durch Alima, Lebensgewohn-
heit und Sitte feftgelegten ört-
lichen Tradition, (fjalle oder
Diele mit eingebauter Treppe!)
Die mit starker Betonung des
Uonsiruktiven „brettmäßig"
zusammengefügten Möbel
lehnen sich, soweit sie nicht
durch die letzte Phase der
Wiederholung der historischen
Stile, die Empire-Mode, be-
einflußt sind, zumeist an den
Bau der frühgothischen Möbel
an. Deutlich verrathen diese
Beziehung die als Paupt-
fchmuckmittel so häufig ver-
wendeten, reich ausgebildeten
Zierbeschläge. Und eine der
wichtigsten Errungenschaften
der Moderne in der dekorativen Aunst, die Neu-
belebung und Bereicherung der Ornamentik, nament-
lich der Flächendekoration, durch das frische Auf-
greifen und freie Stilisiren heimischer pflanzen-
und Thierformen, hat es nicht die augenfälligste
parallele in der naturfrischen, vom Heimathboden
gepflückten, nordisch-phantasievollen Ornamentik der
Gothik? So waren denn auch die Männer, die
seit mehr denn 30 Jahren in rastlosem, ernstem,
von tiefwurzelnden Ueberzeugungen geleitetem Ringen
mit den kunstfeindlichen Mächten des heutigen Aultur-
lebens dekorative Uunst und Aunstgewerbe in England
einer von ganz Europa bewunderten Blüthe zu-
führten, die Rosietti, Morris, Ruskin, begeisterte
Verehrer der Gothik; und wenn dann die prä-
raffaeliten, die Burne Jones, Walter Trane u. A., zur
Frührenaissance übergingen, so behielt auch bei
ihnen die Romantik, das nordisch-gerinanische Wesen
über das italienisch klassizistische das Uebergewicht.
Man betrachte daraufhin W. Trane's Tapeten-
24; u. 24?. Lampenträger für elektr. Glühlicht im Palais des Prinzen Leopold von
Bayern. Nach Angaben von Ferd. v. Miller modellirt von I. Albertshofer, in
Bronze gegossen in der kgl. Lrzgießerei, München. (Figuren in Lebensgröße.)
Entwürfe und Buchillustrationen! Bei vielen der
letzteren, die in Grazie und Schwung der Linien-
führung an griechische Vasenbilder erinnern, ist im
drucktechnischen Tharakter der Zeichnung und in der
Art der Flächenfüllung das eingehende Studium der
deutschen Holzschnitte und Schrotblätter des Mittel-
alters nicht zu verkennen.
Um all das, um die innigen Beziehungen der
modernen dekorativen Aunft, wie sie in England,
Amerika, Deutschland, Holland ausgefaßt wird, zu
dem alten durch Himmelsstrich und Volksthum be-
dingten Tharakter der Aunst dieser Länder kümmert
man sich in Wien wenig oder gar nicht. Läßt doch
die Wiener Aunst der letzten Jahrzehnte, namentlich
Architektur und Aunsthandwerk, eine in einem stark
ausgeprägten Volksthum begründete Eigenart fast
ganz vermissen. Nach der glänzendsten Periode in
der neueren Wiener Baugeschichte, der Zeit der
Ringstraßen-Schöpfung, hielt man, während anders-
wo, so vor Allein in Deutschland, das nationale und
dische Dach bildet die Regel
und spricht in der Gesammt-
komposition als wesentlicher
Faktor mit. In der Form-
gebung im Einzelnen wird
mit Vorliebe an die mittel-
alterlichen Stile und an die
ländliche Bauart derpeimath
oder an die nordischen Um-
bildungen der Renaissance
angeschlossen. Auch in der
Ausstattung des Innern be-
gegnet uns überall ein be-
wußtes Wiederaufgreifen der
durch Alima, Lebensgewohn-
heit und Sitte feftgelegten ört-
lichen Tradition, (fjalle oder
Diele mit eingebauter Treppe!)
Die mit starker Betonung des
Uonsiruktiven „brettmäßig"
zusammengefügten Möbel
lehnen sich, soweit sie nicht
durch die letzte Phase der
Wiederholung der historischen
Stile, die Empire-Mode, be-
einflußt sind, zumeist an den
Bau der frühgothischen Möbel
an. Deutlich verrathen diese
Beziehung die als Paupt-
fchmuckmittel so häufig ver-
wendeten, reich ausgebildeten
Zierbeschläge. Und eine der
wichtigsten Errungenschaften
der Moderne in der dekorativen Aunst, die Neu-
belebung und Bereicherung der Ornamentik, nament-
lich der Flächendekoration, durch das frische Auf-
greifen und freie Stilisiren heimischer pflanzen-
und Thierformen, hat es nicht die augenfälligste
parallele in der naturfrischen, vom Heimathboden
gepflückten, nordisch-phantasievollen Ornamentik der
Gothik? So waren denn auch die Männer, die
seit mehr denn 30 Jahren in rastlosem, ernstem,
von tiefwurzelnden Ueberzeugungen geleitetem Ringen
mit den kunstfeindlichen Mächten des heutigen Aultur-
lebens dekorative Uunst und Aunstgewerbe in England
einer von ganz Europa bewunderten Blüthe zu-
führten, die Rosietti, Morris, Ruskin, begeisterte
Verehrer der Gothik; und wenn dann die prä-
raffaeliten, die Burne Jones, Walter Trane u. A., zur
Frührenaissance übergingen, so behielt auch bei
ihnen die Romantik, das nordisch-gerinanische Wesen
über das italienisch klassizistische das Uebergewicht.
Man betrachte daraufhin W. Trane's Tapeten-
24; u. 24?. Lampenträger für elektr. Glühlicht im Palais des Prinzen Leopold von
Bayern. Nach Angaben von Ferd. v. Miller modellirt von I. Albertshofer, in
Bronze gegossen in der kgl. Lrzgießerei, München. (Figuren in Lebensgröße.)
Entwürfe und Buchillustrationen! Bei vielen der
letzteren, die in Grazie und Schwung der Linien-
führung an griechische Vasenbilder erinnern, ist im
drucktechnischen Tharakter der Zeichnung und in der
Art der Flächenfüllung das eingehende Studium der
deutschen Holzschnitte und Schrotblätter des Mittel-
alters nicht zu verkennen.
Um all das, um die innigen Beziehungen der
modernen dekorativen Aunft, wie sie in England,
Amerika, Deutschland, Holland ausgefaßt wird, zu
dem alten durch Himmelsstrich und Volksthum be-
dingten Tharakter der Aunst dieser Länder kümmert
man sich in Wien wenig oder gar nicht. Läßt doch
die Wiener Aunst der letzten Jahrzehnte, namentlich
Architektur und Aunsthandwerk, eine in einem stark
ausgeprägten Volksthum begründete Eigenart fast
ganz vermissen. Nach der glänzendsten Periode in
der neueren Wiener Baugeschichte, der Zeit der
Ringstraßen-Schöpfung, hielt man, während anders-
wo, so vor Allein in Deutschland, das nationale und