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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 49.1898-1899

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Chronik des Bayerischen Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7000#0202

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Chronik des Bayer. Kunstgewerbevereins.

träges lag in der meisterhaften Darstellung des Napoleonischen
Zeitalters, soweit darin Moskau und Elba eine Rolle spielen,
und gerade in der meisterhaften Art, wie der Vortragende die
Vorgänge beim Brand von Moskau, auf dem Rückzug ans
Rußland, während der Verbannung auf Elba und bei der
Rückkehr nach Frankreich in der Phantasie aufleben zu lassen
wußte, bewährte sich die Kunst des Redners. Der reiche
Beifall, der nach Schluß erscholl, entsprach dem tiefen Eindrücke,
den die Worte des Vortragenden auf die Zuhörer gemacht.

Am gleichen Abend waren einige Möbel von v. Deb-
schitz 6c L. Eppe, sowie von Steinicken 6c Lohr ans-
gestellt, ferner eine Grabplatte sammt Gitter nach Ent-
wurf von p. E. v. Berlepsch, ausgeführt von winhart & <£te.
bezw. Jos. Zimmermann 6: Eie.

Neunte Wochenversammlung — am *7. Januar — vor-
trag des Malers Theodor pixis über Münchener Künstler-
feste. Wie kein Anderer war der Vortragende, dessen Aussatz
„wie ein Künstlerfest gemacht wird" seiner Zeit das lebhafteste
Interesse wachgerufen hatte (s. letzten Jahrgang S. 269), ge-
eignet, über ein solches Thema zu berichten, zumal ihm eine
jetzt genau sojährige Erfahrung in diesen Dingen zur Seite
steht. Das älteste Münchener Künstlerfest, von dem bildliche
Reste auf uns gekommen sind, ist eine sog. „Kunstunterhaltung
vom Jahre (8(2", welche in einer Radirung verewigt worden
ist und als solche die Veranlassung zur Gründung des Archivs
der Künstlergenossenschaft gegeben hat. Aus den folgenden
Jahren ist nichts bekannt, und erst mit einer (835 beginnenden,
vor wenigen Jahren aufgefundenen Ehronik lassen sich die Feste
weiterverfolgen. Aus diesem Jahre wird über ein wallenstein-
und ein Schwanthalerfest berichtet. Schwanthaler wurde auch
(839 und (8<(( gefeiert, dazwischen (8^0 Cornelius, später
Aronprinz Maximilian ((8-(8) und Areling. vom Jahre (8^9
an konnte der Redner über die Aünstlerfeste aus eigener An-
schauung und eigener Thätigkeit berichten; damals gaben die
politischen Zustände Veranlassung, ein Barbarossafest zu feiern,
als das „Deutsche Reich" noch eine zwar bald erhoffte, aber erst
viel später erfüllte Thatsache war. politische Ereignisse gaben
auch späterhin der Aünstlerschast Gelegenheit, ihre Aulturmission
durch feierliche Veranstaltungen zu erfüllen: Eentenarfeier für
König Ludwig I. ((888), 70. Geburtstag des Prinz-Regenten
((892), Todenfeier für Kaiser Wilhelm I. ((888), die Bismarck-
feiern ((885, (895, (898). Meist aber entsprangen die Feste
dem Gedanken, sich selbst und Anderen eine Freude zu machen;
manchmal betrafen die Feste auch das Andenken, bezw. die
Ehrung großer Männer, z B. Schiller, Lornelius, Kaulbach,
und nur selten waren ehrgeizige Bestrebungen Einzelner oder
die anfbesserungsbedürftigen Geldsäcke der Künstlervereini-
gungen das treibende Motiv. Die Enthüllungsfeier der
„Bavaria" ((850) gab den Anstoß zu einem Festzug, zu welchen,
Kreling die Skizzen lieferte; dann folgten (852 ein Narrenball,
(853 ein päuberlball, >857 das Rubensfest, (828 (gelegentlich
der Tagung der allgeni. deutschen Künstlergenossenschaft) ein
Rottmannsfest. Besonderen Reiz entfalteten die im Freien ab-
gehaltenen Feste in Petersbrunn ((86(), Schwaneck bei Pullach
((863), Parlaching ((864 für Elaude Lorrain), Feldafig ((893).
In den achtziger Jahren begannen dann die großen Feste in
den poftheatcrn, deren letztes im Jahre (898 noch in frischer
Erinnerung steht. Im Besitz der Aünstlergenossenschaft, wie
auch in den, einzelner Künstler befinden sich noch zahlreiche
Ueberbleibsel, besonders in Zeichnungen und Aquarellen,
welche ein farbenreiches, wechselvolles Bild geben von der
Phantasie und dem Künstlergeist, die all' diese Feste geschaffen
haben, und es ist hocherfreulich, daß die Künstlergenossenschaft
zur Sammelstätte dieser oft nur flüchtigen Skizzen geworden ist.

wahrlich, der Redner hatte Recht, als er am Schluß seines
Vortrags, der von einer erdrückenden Menge von Abbildungen
begleitet war, den Wunsch aussprach, die mit der Sammlung
solcher künstlerischen Reliquien betraute historische Kommission
der Künstlergenossenschaft möge allseitige Unterstützung finden.

Zehnte Mochenveriammlung — am 24. Januar — vor-
trag von Architekt Zell über „Bauernmöbel aus dem
bayerischen pochland". Redner besprach, indem er Natur
und Volk Gberbayerns kurz schilderte, den Einfluß, de« die
Natur auf das künstlerische Wollen und vermögen des Volkes
ausübt, und behandelte dann die Aeußerungen dieser Volkskunst
besonders an der Pand des im Volk und vom Volk selbst her-
gestellten, meist in bunten Farben bemalten Mobiliars, von
welchem zahlreiche gute, in großem Maaßstab gehaltene, farbig
durchgeführte Abbildungen die wände schmückten. Da wir
später Veranlassung nehmen werden, auf diesen Vortrag und
die denselben begleitenden Abbildungen zurückzukommen, so be-
schränken wir uns heute daraus, hervorzuheben, was sich aus
der daran angeknüpften Diskussion ergab. Professor Fr.
v. Thiersch leitete dieselbe mit warmem Dank für die selbstlose
Pingabe des Vortragenden ein. Prof. Aug. Thiersch erörterte
die Bestrebungen der Gegenwart zur Erhaltung der ländlichen
Bauweise und richtete die Mahnung an die Architekten, ihre
Bauten der Landschaft, der Natur und dein Klima innerlich
und äußerlich so anzupassen, wie es die Bauern eben ganz
natürlich gethan haben; er hegt die poffnung, daß dadurch
auch mancher baulustige Landmann angeregt werden könne,
sein paus nach der Väter weise aufzurichten. Prof. Gabr.
Seidl regt an, das alte Verfahren wieder ausfindig zu machen,
nach welchem die Bauern vor Jahrhunderten ihre päuser be-
malt haben. Die noch heute wohlerhaltenen, oft zweihundert
Jahre alten Beispiele sprechen für eine so treffliche Technik, daß
das Aussuchen der letzteren wohl die Mühe lohnte.

Der Ausschuß des Bayer. Lunstgewerbevereins setzt sich
nach den Wahlen der Generalversammlung vom (4. März
folgendermaaßen zusammen:

I. Vorstand: Prof. Fr. v. Thiersch, — II. Vorstand: pof-
juwelier P. Merk, — III. Vorstand: Prof. K. pocheder. ■—
Ausschußmitglieder: Magistratsrath Konr. Barth, Kunstmaler
p. L. v. Berlepsch, Archit. w. Bertsch, Bildhauer I. Bradl,
pofelfenbeinschuitzer Dießl, Archit. Th. Fischer, Archit. pans
Friede!, pofgoldschmied Th. p ei den, Musterzeichner A. poch-
stätter, pofkunstschlosser R. Kirsch, Archit. w. Michael,
Prof. Fr. v. Mi l l e r, Archit. P. p fa n n, Bildhauer Prof. Pfeifer,
Kommerzienrath Fr. Radspieler, Bildhauer Fr. Ringer, Gold-
schniied K. Rothmüller, Archit. I. v. Schmädel, Prof.
Gabr. Seidl, Prof. Rud. Seitz, Liseleur Ed. Steinicken, Archit.
Di-. Rich. Streiter, Kunstschlosser G. Stumpf, Kunstschreiner
w. Till, Bankdirektor welzel, Archit. L. F. weyßer, Lithogr.
w. Zankert. Den einzelnen Kommissionen gehören an:

Der I. Kommission (Ausstellungshalle): v. Berlepsch,
Dießl, Fischer, peiden, pocheder, Kirsch, v. Miller, Pfeifer, Rad-
spieler, Ringer, Rothmüller, Seidl, Seitz, Steinicken, Stumpf,
Till; — der II. Kommission (Zeitschrift): Bertsch, Bradl,
Fischer, Friedel, Michael, v. Miller, Pfann, Pfeifer, Seidl, Seitz,
Streiter, v. Thiersch, weyßer und der Redakteur Prof. Gmelin; —
der III. Kommission (Bibliothek und Vereinsabende): Bertsch,
Bradl, Friedel, peiden, pochstätter, Merk, Ringer, Rothmüller,
v. Schmädel, Steinicken, Streiter, weyßer, Zankert; — der
IV. Kommission (Pausverwaltung u. Finanzen): Barth, Dießl,
Kirsch, Merk, v. Miller, Radspieler, v. Schmädel, Seidl, Welzel.

Die Wahlen der Kommissions-Gbmänner und -Schrift-
führer standen zur Zeit des Redaktionsschlusses noch nicht fest.

verantw. Red.: ssrof. t. Gmelin. — Herausgegeben vom Bayer. Aunstgewerbe-Verein. — Druck und Verlag von R. Gldenbourg, München.
 
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