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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 49.1898-1899

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Habich, Georg: Villa Stuck
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https://doi.org/10.11588/diglit.7000#0205

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Villa Stuck.

27 (. Villa Stuck; Vorhalle.

Erwägungen, in einer Einsicht wenigstens, gut geheißen
werden darf, indem nämlich die Mauer in der
kalten Jahreszeit die Röhren vor dem leidigen Zu-
frieren in gewissem Grade schützt.

Wenn die geschilderte Form des Daches dem
ganzen Gebäude einen stark südlichen Eharakter
verleiht, so wird dieser noch erhöht durch den weiß-
grauen Steinton des Mauerverputzes. Zweierlei
gehört dazu, um das Bauwerk in seiner eigentlichen
Wirkung zu erproben: ein blauer Fimmel, der über
der bayerischen Hochebene bekanntlich nicht eben häufig
lächelt, und eine Umgebung von dichtem, dunklem
Grün, von Typressen und Aastanien, die gegenwärtig
erst in: Entstehen ist. Ohne dies fühlt inan sich
versucht, den Bau, gleich den: Airchlein von Loreto,
von Geisterhänden emporgehoben und etwa an die
Gestade des Gardasees entrückt zu wünschen, wo
ihm eine würdige Umgebung sicherer wäre als in
einem Stadtgebiet, über dessen Physiognomie die Ent-
scheidung noch in dem weiten Schooß des skrupel-
losen, großstädtischen Bauspekulantenthums ruht.

Treten wir näher herzu, so stehen wir vor einer
symmetrisch gegliederten Fa^ade. Dem Eingang in
der Mitte, zu dem von beiden Seiten bogenförmige
Rampen hinanführen, ist eine mächtige Säulenstellung
dorischer Form vorgelagert, die einen breiten und
tiefen Balkon trägt. Dahinter, im ersten Stockwerk,
nimmt die Mitte eine hohe Glasthür ein, die das
Atelierfenster bildet und so den Arbeitsraum des
Aünstlers als eigentlichen Mittelpunkt und Paupt-
raum des Dauses bezeichnet. 3m Uebrigen ist die
Wandfläche der Fa^ade durch ein feines geometrisches
Liniensystem gegliedert, das ebenso decent wie elegant
anmuthet. Es ist rein ornamental gedacht und will
keineswegs, wie man denken möchte, den Schein der
Auadermauer erwecken. Vielmehr ist mit richtigem
Stilgefühl fast überall der Eindruck der Betonmasse
in ihrer Materialeigenschast ungeschwächt bewahrt;
nur bei dem Architrav des säulengetragenen Vorbaus,
der mit seiner Aassettendecke reine Steinarchitektur-
formen zeigt, wirkt der Gegensatz zwischen Last und
Tragkraft befremdlich, und zwar deshalb, weil die

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