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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 49.1898-1899

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Chronik des Bayerischen Kunstgewerbeverein
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Lhronik des Bayer. Kunstgewerbevereins.

Dieser günstige Abschluß, der wohl auch durch die interne
Thätigkeit der Vereinsorgane gefördert wurde, läßt erhoffen,
daß die begonnene gute Zeit noch nicht zu Lude ist.

von der Laschingszeitung sind noch Exemplare gegen
Einsendung von je ; ITC. vom Vereinssekretariat zu beziehen.

Mochenversammkungen.

Äste Wochenversammlung — am z^. Januar — Photo-
graphischer Abend, veranstaltet vom „Photographischen
Klub München"; Mittheilungen des Hofphotograxhen H. Traut
über „die neueren Bestrebungen in der Photographie". Nach
einem kurzen Ueberblick über die Entwicklungsgeschichte der
Photographie besprach Redner eingehender die Bestrebungen
und Erfolge der Lichtkunst seit den letzten ^5 Jahren. Er
betonte hauptsächlich, wie man früher immer nur aus die
Vervollkomnung der Negative bedacht war, während man
heute auf Verfeinerung der Positive ausgeht. Früher zeigten
alle Bilder den allgemeinen Photograxheton, der jetzt durch
den schwarzen und farbigen Ton verdrängt wird, vermöge
des Gummidruckverfahrens, das etwa seit \5 Jahren bekannt
geworden, ist man heute im Stande, den Bildern jede gewünschte
Farbe zu geben, letztere also dem Gegenstand der Stimmung rc.
anzuxassen und so Positive zu erzielen, welche Anspruch machen
dürfen aus künstlerische Wirkung. Die Vervollkomnung fand
ihre mächtigste Stütze in dem Umstand, daß die Künstler ihr
vorurtheil gegen die Photographie aufgaben und sich selbst
damit zu befassen anfingen, — sowie daß zahlreiche Laien ihre
Erfahrungen und Beobachtungen unter sich und mit Berufs-
Photographen auszutauschen begannen. Mit dem Wunsch auf
Förderung der dem Kunstgewerbeverein und dein Photographischen
Klub gemeinsamen Bestrebungen schloß Redner seinen sehr
interessanten, durch prächtige Photographien erläuterten Vortrag.
Daran schloß sich die Vorführung von Lichtbildern, zum Theil
nach Aufnahmen des Hofphotographen Traut, welche geeignet
waren, die Kunststücke moderner Photographie bewundern zu
können: Abendhimmel mit untergehender Sonne, Schneebilder
bei elektrischem Licht, Eisblumen rc. In den Pausen erläuterte
Rechtspraktikant Zelt das Gummidruckverfahren, und ff. E.
v. Berlepsch gab zu den ausgestellten Plakaten rc. von Mucha
einige bemerkenswerthe Erläuterungen. Danach ist Mucha
nicht — wie wiederholt zu lesen war — aus Spanien, sondern
aus Mähren; in den achtziger Jahren besuchte er vorübergehend
die Münchener Akademie und gelangte später in Paris plötzlich
zu großem Ruf, nachdem er durch einen glücklichen Zufall in
die Lage gekommen war, ein Plakat für Sarah Bernhard in
wenigen Tagen machen zu müssen, das dieser dann so gut
gefiel, daß sie erklärte, sich nie mehr von jemand Anderem
im Plakat verewigen lassen zu wollen. — Die ausgestellten
Druckarbeiten von Mucha waren von Architekt Alb. Hofmann-
Berlin für diesen Abend zur Verfügung gestellt worden, wofür
hiemit au dieser Stelle der Dank des Vereins ausgesprochen wird.

Zwölfte Wochenversammlung — am 7. Februar —
Faschingsabend. Bildhauer Franz Ringer hatte dieses Mal
die Leitung des ulkigen Abends übernommen und reichlich
Arbeit damit gehabt, sowie Ehre damit geerntet. Der Vereins-
festsaal war ganz auf Bier und Humor gestimmt: ununter-
brochene Batterien grauer Maaßkrüge beherrschten die Holz-
gesimse. reizvolle Gruppen von Krügen, Rettigen, Würsten,
Bretzeln schmückten die Thürverdachungen, die Gedon'sche Ideal-
figur über dem Kamin mußte sich die Einkleidung in eine
oberbayerische Bierfee mit Maaßkrügen und Brodschürze gefallen
lassen — und über den zahlreichen Vereinsmitgliedern, welche
mit Lorbeer und Blumen gezierte Stirnreisen trugen, schwebte

ein riesiger Rundkranz, ausgestattet mit den bekannten Begleit-
erscheinungen der Münchener Bierfröhlichkeit: Bretzeln, Würsten,
Radis rc. Bildhauer Bradl führte mit bekannter humorvoller
Schneidigkeit den Vorsitz. Die allzeit bereitwillige „vereins-
musik" eröffnete den Abend mit einigen lustigen Weisen und
begleitete auch den wunderbaren von Hofgoldschmied Heiden
verfaßten, in prächtig ironisirtem Griechenkostüm gesprochenen
Prolog, dessen treffliche Anspielungen auf die Sünden des älter«
Kunstgewerbes und auf die Geburt des schreienden Kleinen,
des modernen Kunsthandwerks, in dem Wunsch nach einem guten
Humor ausklangen.

Wie dieser Prolog, so behandelten auch andere Vor-
führungen verschiedene Tagesfragen des Vereins und des Kunst-
Handwerks überhaupt: auf der kleinen, unter der Galerie
errichteten Bühne wurden die bisweilen widerspruchsvollen
Maaß,lahmen der Hallenkommission durch Mitglieder derselben
in köstlichster Weise karikirt, — dann spielte sich da ein drei-
aktiger „Traum" ab. Privatier Bierdimpfl, ehemaliger Kunst-
gewerbler, kommt aus einem modernen Vereinsabend nach
Hause und begiebt sich unter allerlei abfälligen Aeußerungen
über die modernen Kunstgewerbler und namentlich über die
„Schreiber" zur Ruhe. Er träumt: in sein hochmodern um-
gewandeltes Zimmer treten Albr. Dürer und Hans Holbein;
sie sind des Lobes voll über die harmonische Einfachheit, das
Liniengefühl und die Farben, erklären sich einstimmig als längst
überholt und bedauern nur, nicht jetzt auf der Welt zu sein,
um mitschassen zu können. Bierdimpfl erwacht, entrüstet sich
erst darüber, daß die „alten Herren" solche Meinung haben
könnten und beruhigt sich endlich mit dem Bewußtsein, daß
eher Einem ein abgeschossener Kops nachwachse, als daß jene
Beiden init dem „jetzigen Zeugs" einverstanden seien.

Dem Verfasser des lustigen Schwanks, Bildhauer Ringer,
der die Hauptrolle spielte, standen Eiseleur Steinicken und
Maler I. Beck würdig zur Seite. Zwischen die Aufführungen
hindurch rankten sich die Intermezzos des Malers voll, deren
urwüchsiger Humor die Lachmuskeln nicht zur Ruhe kommen
ließ. Die Schwächen und Gebrechen des modernen Kunst-
Handwerks wurden auch in der Kneipzeitung nicht übel mit-
genominen, in besonders drastischer Meise aber in den aus-
gestellten Gegenständen, an deren Einsendung sich in hervor-
ragendem Maaße die Vereinsmitglieder Michael, Leining,
Bradl, Schmid, Mory, Horrmann, Allwang betheiligten;
M. Ienkert gab die nöthigen Erläuterungen dazu. Das Preis-
gericht, das auch die in der Kneipzeitung enthaltenen Entwürfe
in Betracht zog, vertheilte Preise an die Herren Michael,
Schmid, Röpert und Kiefer. Zu einer verloosung der Gegen-
stände kam es nicht, dagegen zu einer Versteigerung, wobei
manche Stücke recht hohe Preise erzielten. Mitternacht war
längst vorüber, als die verabredeten Veranstaltungen zu Ende
gingen; wann die nichtverabredeten aushörten, das übergeht
die Lhronik mit rücksichtsvollem Schweigen.

Außer den bisher Genannten haben sich besonders verdient
gemacht — durch Ausschmückung des Raumes: die Mitglieder
Steinicken, Weißenfels, K.Bertsch, Allwang, J.Win-
hart, — durch Lieferung des Theaterplakats: Dekorationsmaler
Allwang, — durch Anfertigung der Maskenzeichen: H. Traut-
mann, — durch Beistellung des modernen Mobiliars im
„Traum": I. Gaebler, M. Michael, M. Till, — durch
Zeichnung des Titelblattes zu den Festgesängen: Architekt
L. F. Weißer. All' den Mithelfern an der Kneipzeitung,
deren Redaktion M. Zenkert führte, gerecht zu werden, ist ein
Ding der Unmöglichkeit; mögen sie sich mit dem Bewußtsein
trösten, mit ihren Beiträgen redlich zu der Erheiterung der
Festgäste beigetragen zu haben.

Verantrv. Red.-, ssrof. £. Gmelin. — herausgegeben vom Bayer. Runstgerverbe-Verein. — Druck und Verlag von R. Dldenbourg, München.
 
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