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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 49.1898-1899

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Zimmermann, Ernst: Das Kunstgewerbe auf der "deutschen Kunstausstellung" zu Dresden , [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7000#0309

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Das Kunstgewerbe auf der Deutsche» Kuustausstellung zu Dresden.

424. Speisezimmer von IN. Dülfer, München.

und Fortschritt und Reaktion sind gleichzeitig er-
wacht. Und doch verbindet alle diese Gegensätze
harmonisch ein gemeinsames Band, das Verlangen
nach Wahrheit, nach Qualitätssteigerung und nach
dem Neuen. Wahrheit heißt hierbei allgemein kon
struktive Ehrlichkeit, Bedürfnißerfüllung; (Hualitäts-
steigerung forinale und farbige Verfeinerung und
nur der Begriff des Neuen schwankt zwischen den,
relativ Neuen , d. i. das in unserem Jahrhundert
noch gar nicht oder lange schon nicht mehr, noch
nicht genügend Dagewesene und dem absolut Neuen,
deni Neuen um jeden Preis. Und so nimmt der Eine
erst noch den blumigen Pfad durch die Romantik,
der Andere den wohl ausgetretenen durch die Antike,
indeß der dritte stracks auf sein Ziel losgeht, nur
geleitet von seiner Phantasie und gestützt durch sein
künstlerisches Rönnen.

Zwei äußere Fortschritte der jungen Bewegung
fallen auf dieser Ausstellung sofort in die Augen.
Die Bewegung ist in die Breite gegangen und sie
hat sich vertieft. Die Zahl der ihr zugewandten
Aünstler ist größer geworden und, was sie jetzt wollen,
dringt tiefer in die Einzelbedürfnisse unserer Zeit
hinein. Neue Aräfte sind vor allem in Dresden
selber gewonnen worden, die, wie hier schon berichtet,
auch bereits ihren Wittelpunkt gefunden haben; selbst
Dilettantinnen scheinen hier Künstlerinnen zu werden.
Die Vertiefung aber bekundet sich darin, daß der

sonst übliche Durchschnittssalon, oft eine Ablagerungs-
stätte für alle möglichen Ausstellungsgegenstände, ab-
gelöst ist durch Musikzimmer, Frühstücksstube, Schlaf-
zinnner, Iagdzimmer, Entrezimmer, Ainderzimmer,
ja es fehlt nicht ein geräumiges Treppenhaus, das
zu einem vermeintlichen (Oberstock hinaufführt. Dies
hat mehrfach zu völlig geschloffenen und charakte-
ristischen Raumwirkungen geführt, wie sie in dieser
Fülle noch keine Ausstellung bisher hat aufweisen
können, und hierin liegt für Aünstler wie Publikum
eine große pädagogische Bedeutung. Der Sinn für
den Einklang und Gesammtausdruck des Zimmers
und seiner einzelnen Theile, sowie der dein besonderen
Zwecke angepaßten Physiognomie desselben, was
alles uns so zienilich abhanden gekommen, wird da-
durch von frische,n geweckt, die Nachahmung an-
geregt. Gb aber diese Vertiefung auch in jedem
Falle tief genug gegangen ist, um schon als völlig
mustergiltig hingestellt werden zu können, ist eine
jener Fragen, die das Folgende zu lösen versuchen
wird.

Da ist zunächst des Münchner Walers Riemer-
s ch m i d Wusikzimmer, ein großer, länglicher Raum
mit nischenartigem Ausbau in der einen Ecke (Abb. 422
u. 423). Pier stehen die Wusikinstrumente, die übliche
Garnitur fürAammermusik. Die übrigen Wände füllen
tzepolsterteBänke,ein5chrankfürAunstblätter,ein Noten-
schrank, eine Rauchecke, ein langer Tisch, anscheinend
 
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