Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 49.1898-1899

DOI article:
Zimmermann, Ernst: Das Kunstgewerbe auf der "Deutschen Kunstausstellung" zu Dresden, [2]
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7000#0339

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Das Kunstgewerbe auf der Deutschen Kunstausstellung zu Dresden.

Von dem höheren Gesetz der
Proportionalität, die schon für
sich allein Kunst ist. Die Idee
zu diesem Möbel stammt frei-
lich wohl aus dem Biedermeier-
siil, jenem Stil, in dem eine
schaffensgewohnte Zeit noch eben
vor Thorschluß, d. i. vor der all-
gemeinen babylonischen Kunst-
verwirrung für das Bürgerhaus
das mustergiltige Mobiliar zu
erfinden die Zeit fand; sie ist
aber in dieser Umwandlung der
Beweis, daß das, was jene
Zeit geschaffen, für uns keines-
wegs schon todtes Kapital ist.

Weniger bedeutend sind Tissarz' Truhe in Eichen-
holz init roth gebeizten stilisirten pflanzenornamcnten
in den Füllungen (Abb.-j69) und seine in derIdee ganz
originelle Fußbank mit Behältnissen für Garnknäuel.
Schlicht's Naturholzmöbel mit ihren Ornamenten nach
Art der Tiroler Gothik auf ausgestochenem Grunde
können wohl nur als allererste Versuche gelten. Da-
gegen hat der zur Zeit in Florenz lebende Sattler
ein einfaches, hübsches, roth lackirtes Schränkchen
ausgestellt, das auch nur konstruktiv, auch ornamentlos
ist, dafür aber in der ausgesprochenen Färbung den
vollwerthigsten Ersatz für das Fehlen eigentlicher
Kunstformen bietet.

Ausschließlich beschäftigen sich alle die Künstler,
welche sich heute mit der künstlerischen Reformirung
der ksolztechnik abgeben, mit der Ausgestaltung der

Möbel, entsprechend der Wichtigkeit, die ihnen als
kfauptbestandtheilen unserer Innenräume zukommt.
Das Kleingeräth, das in der That in Holz in unseren
häuslichen Lebeusgewohnheiten keine allzu große Rolle
mehr spielt, tritt dagegen ganz zurück. Nur wenige
Ausnahmen sind hier vertreten. Der Berliner Farben-
virtuos £. v. Hoffmann hat ganz im Sinne seiner
Gemälde den Entwurf zu einem Handspiegel geliefert,
dessen Rückseite das farbig gehaltene Relief eines
Mädchens ziert, vielleicht nicht einmal eine glückliche
Ausnahme, da die Kunst auf der Rückseite nicht lange
der unvermeidlichen Reibung wird wiederstehen können
(Abb. 4.71). Schon seit uralter Zeit hat man daher
— man denke an die Etrusker — solche Gegenstände
aus Metall gemacht. Eines noch arg von der Kunst
im Stich gelassenen aber in künstlerischer Beziehung
desto dankbareren Gebiets hat
sichMorawe-München erbarmt.
Er hat einige sehr reizvolle Stand-
uhren mit hölzernen Gehäusen,
die in der Grundidee gleichfalls
von der Biedermeierzeit ausgehen,
in der Formensprache z. Th. je-
doch mehr die zur Krümmung
neigenden Tendenzen des Rokoko
zeigen (Abb. ^72). Die Durch-
führung dieser Formen ist mit
großer Einfachheit, aber feiner
Empfindung erfolgt. Die metal-
lenen Zifferblätter zeigen schöne,
klare arabische Ziffern. Warum
nimmt sich die moderne Be-
wegung dieses Lieblingsgebietes
früherer Zeiten, wo man alles
entfalten kann, Dekoration wie
hohe Kunst, nicht häufiger an?
Die Setzuhr ist auch heute bei

409. Truhe in Eichenholz geschnitzt von I. Lissarz, Dresden.
O/io der wirkt. Größe.)

3*4
 
Annotationen