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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 49.1898-1899

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Zimmermann, Ernst: Das Kunstgewerbe auf der "Deutschen Kunstausstellung" zu Dresden, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7000#0340

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Das Kunstgewerbe auf der Deutschen Ruiiftausstelluna zu Dresden.

uns noch ein Stück Luxus geblieben,
für das man noch etwas aufzu-
wenden pflegt, aber sie muß wieder,
wie im vergangenen Jahrhundert,
ein nicht nur kostspieliger sondern
künstlerischer Nlittelpunkt des Salons
werden.

Kein Gebiet jedoch bedarf so
sehr einer völligen Reorganisation,
wie die Aera m i k. 3m ver-
gangenen Jahrhundert noch das
verhätschelteSchoßkindallerFürsten,
die kaum einen höheren kunst-
industriellen Ehrgeiz kannten, als
die Anlegung einer Porzellanfabrik,
ist sie heute, obwohl noch immer
eines der wichtigsten Gebiete unserer
Aunstindustrie, von allen Grazien
verlassen. Eine Verwilderung, 5til-
losigkeit ist hier in Folge der den
Wissenschaften zu verdankenden
technischen Erleichterungen einge-
rissen, die alle Aunst zum Teufel
gejagt und an ihre stelle dafür
ein Etwas gesetzt hat, das späteren
Zeiten mit beredten Zungen von
dem typischen Protzengeschmack
unseres Jahrhunderts reden wird.

Reichthum in Ornamentik und
Farbe ist hier conckitio sine cxua
non, gilt schon für Aunst; Har-
monie ist Lache des Zufalls.

Asien und Europa scheinen für
uns vergeblich in den vergan-
genen Jahrhunderten einen muster-
giltigen keramischen Stil geschaffen zu haben. —

Der Umschwung auf diesem Gebiete, der von
Frankreich und England ausgegangen ist, ist be-
kanntlich einer der vielen Verdienste der japanischen
Aunst. Ihre unvergleichlich geschmackvollen ornament-
losen Thonerzeugnisse mit geflossenen, geflammten,
getropften Glasuren brachten die Erlösung für jeden,
der sich an der Ornamentenfülle unserer Aeramik
übersättigt hatte. Die deutsche Aeramik scheint im
Gegensatz hierzu an den einheimischen Produkten der
Bauerntöpferei erstarken zu wollen. Ist es die schon
erwähnte echt deutsche Freude am heiteren Spiele der
Ornamente oder noch die Unreife unseres Geschmackes?
die geflammten Glasuren der Japaner und ihrer
Nachahmer haben bei uns nicht jenen Beifall wie
in den anderen Ländern gefunden.

Läuger in Karlsruhe gab hier den Ton an,
Schmutz-Baudiß, Frau Schmidt-Pecht-Aonstanz,

H?o. Bücherschrank von Walther, Dresden, der wirkl. Größe.)

folgten. In Baden und in Sachsen wird aus dieser
Nachahmung schon eine kleine Industrie. Doch
dürfte auch in der Aeramik die Nachahmung der
bäuerischen Vorbilder, mögen sie auch für unsere
nicht gerade verwöhnte Zeit noch so viel an Aunst
enthalten, zu starkem Bedenken Veranlassung geben.
Läuger ist es ja allerdings gelungen, dieser Technik
etwas auch für uns Städter Brauchbares zu ent-
nehmen. Seine Erzeugnisse verhalten sich zu ihren
Vorbildern etwa, wie die Scherrebecker Teppiche zu
den ihrigen, die gleichfalls der Bauernkunst ent-
nommen waren. Doch will manch feinfühliger Kenner
auch von seinen Erzeugnissen schon nicht viel wissen
und auch für jene Teppiche ist es oft schwer eine
geeignete Stelle in unseren Räumen zu finden, wo
sie wirklich ganz am Platze* sind. Läugers größter
Fehler ist die Nichtberücksichtigung dessen, was heute
in der dekorativen Kunst sonst überall Trumpf ist,

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