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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 49.1898-1899

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Zimmermann, Ernst: Das Kunstgewerbe auf der "Deutschen Kunstausstellung" zu Dresden, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7000#0345

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Aas Aunstgewerbe auf der Deutschen Auustausstellung zu Dresden.

digenden Zukunft gibt. Der Wille ist da. Die
Energie hat überall eingesetzt. Wenn dein das Rönnen
nicht immer gleich entspricht, wenn mancher Ver-
such, wie ein Schlag in's Wasser erscheint, so sagt
das nicht viel gegenüber dem jugendlichen Alter
dieser Bewegung, gegenüber dem tiefen Verfall, aus
dem man sich hier emporarbeiten muß, und gegen-
über der Thatsache, daß man hier immer gleich
einer dreifachen Aufgabe, dertechnischen, der praktischen
und der künstlerischen, gegenübersteht. Das klebrige
fällt unter die Rubrik Riilderkrankheiten, Jugend-
sünden, an denen inan in der Regel nicht gleich zu
Grunde geht, oder gehört der Psychologie an, die
das Hin- und Zerfallen von einem Extrem zum
andern gerade als die eigentliche Entwicklungs-
methode der Menschheit festgestellt hat. Zweierlei
allerdings muß sich die junge dekorative Runst wohl
abgewöhnen, will sie wirklich zu bleibenden Erfolgen
gelangen: die bewußte Originalitätsucht um jeden
Preis und die Schaffung einer Luxuskunst, die nur
dem Reichen die „Runst im krause" gestattet. All-
gemein giltige Formen, die zu Normen werden können,
müssen gefunden werden; der Mechanik, der Maschine
muß wahrer Runstgeist eingehaucht werden. Billig

aber gut muß die Devise
der Zukunft werden. Und
da erhebt sich denn ganz
schüchtern die Frage, ob
wirklich für alle Zukunft
dermodernen,kunstgewerb-
lichen Richtung mit ihrer
Aufnahme in die Glas-
paläste der großen Runst-
ausstellung gedient ist, ob
nicht, nachdem derselben
durch ihre innige Ver-
bindung mit der hohen
Runst die Salonfähigkeit
wieder zugesprochen ist,
nicht eine Wiedereman-
zipirung von Nutzen sein
dürfte. Von jeher sind
Runstausstellungen Brut-
stätten derOriginalitätsucht
gewesen, Luxuskunst war
bisher ihr einzigerInhalt?
Wird sich die dekorative
Runst mit ihren ernsten,
praktischen Aufgaben auf
die Dauer von diesen
Eigenschaften ihrer Schwesterkunst frei halten können?
Wird sie überhaupt mit ihren Schränken, Stühlen
und Betten auf die Dauer im Stande sein, das
Interesse des publikuins zu fesseln, das sich an
Statuen, Bildern und Radirungen mit ihren viel
größeren Anziehungskräften bereits müde gesehen hat?

Es ist billig auch nicht zu verlangen, wenn man
sich eben für Bilder, Bildsäulen u. dgl. begeistert hat,
daß man gleich Interesse für Bettstellen, Lehnstühle
und elektrische Lichtständer gewinnt. Als die dekorative
Runst in Paris vor nun bald j0 Jahren zum ersten
Male in einen Salon einzog, hat es sich ausschließlich
um Vaseu, Bucheinbände u. dgl., also mehr oder
weniger um dekorative Luxuserzeugnisse, die der hohen
Runst verwandte waren, gehandelt. In Dresden
wird noch in diesem Jahre gleichsam, als Ergänzung
zur diesjährigen Runstausstellung eine volksthümliche
Ausstellung für Haus und Herd äbgehalten werden,
deren eigentliches Ziel die Vorführung billiger aber
geschmackvoller Wohnungseinrichtungen für den
weniger Bemittelten fein soll. In solchen Veran-
staltungen liegt vielleicht die Zukunft des die dekorative
Runst betreffenden Ausstellungswesen. Doch muß
auch hier erst die erste Probe abgewartet werden.

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