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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 65.1914-1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.8768#0010

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Zu einer denkwürdigen Kundgebung im Vereinsleben gestalteie
sich auch die am Sept. I. 3- abgehaltene außerordentliche
Generalversammlung. Auf der Tagesordnung dieser stark
besuchten Versammlung stand: Beteiligung des Bayerischen

Kunstgewerbevereins an der Gründung der Kriegskreditbank
München, A.-G.; 2. Bereitstellung von Mitteln zur Aber-
weisung an den städt. Wohlfahrtsausschuß und zur Unter-
stützung der ksilfstätigkeit des Roten Kreuzes. Nach dem in
der Versammlung laut gewordenen Wunsche geben wir die
von vaterländischem Geiste und Schwung dieser großen Zeit
getragene Rede unseres I. Vorsitzenden, Herrn Prof. Lugen
Hönig, im Wortlaut wieder:

Meine Herren!

Ich eröffne die heutige außerordentliche General-
versammlung und heiße Sie alle herzlich will-
kommen. Ls ist ein außergewöhnlicher Anlaß, der
die Einberufung notwendig gemacht hat, nämlich
Ihre Zustimmung zur Beteiligung unseres Vereins
an den Maßnahmen zur Linderung wirtschaftlicher
Not und Stärkung unserer inneren Wehrkraft.
Unsere herrliche Armee steht draußen gegenüber
einer ganzen Welt in Waffen ruhmvoll da, und
wir zweifeln nicht daran, daß sie das schier Unmög-
liche ermöglicht. Aber auch wir Zurückbleibenden
haben eine wichtige Aufgabe zu erfüllen, es gilt
im Innern Not und Elend abzuwehren und unseren
Kämpfern draußen die Beruhigung zu bieten, daß
wir alle unsere Pflicht tun, damit die Angehörigen
in ihrer Abwesenheit nicht Mangel leiden müssen.
Armselig genug ist der Einsatz Geld für
Blut. Aber geradezu nichtswürdig ist der, welcher
zögert, hierin seine Pflicht voll und ganz zu er-
füllen, während draußen zur Erhaltung unserer Art
unserer peimat, alles dessen, was uns das Leben
allein lebenswert macht, unsere Brüder die größten
Entbehrungen erdulden, dem Tode ständig ins
Antlitz sehen, Krankheiten und unter Umständen
ein jahrelanges Siechtum gewärtigen müssen,
wehe dem, der in solchen Zeiten nicht auch einmal
aufhören kann, zu rechnen.

Ls ist unumgänglich notwendig, daß jeder einzelne
voll und ganz seine Pflicht tut, und zwar aus
eigener Verantwortung heraus; es nützt nichts, sich
in dem Verantwortungsgefühl an den lieben Nach-
barn anznlehnen und zu sagen, wenn der seinen
Beutel so weit ausmacht, dann brauche ich ihn
nur so weit aufzumachen.

Jeder denke daran, welche werte er geschützt zu
sehen wünscht und gebe demgemäß, denn wenn
der Feind im Lande wäre, wie es an den äußersten
Grenzen zeitweilig war, wären die Opfer un-
endlich viel größer, sie gingen nicht auf Prozente,
sondern aufs Ganze.

Und die gleichen Verpflichtungen wie der einzelne
haben die Vereine, wenn die angesammelten
Kapitalien auch für Zwecke des Friedens bestimmt
waren, so kann doch in einer so schweren Zeit kein
besserer Gebrauch davon gemacht werden, als sie
dienen zu lassen zur allgemeinen Stärkung unserer
inneren Widerstandskraft, und wenn mir ein Be-
denklicher entgegnet, der Sieg unserer Sache sei
ungewiß und demgemäß das Risiko, dem sage ich,
wenn es so kommen sollte, wenn wir untergehen
sollten, dann brauchen wir auch keinen Kunst-
gewerbeverein mehr.

Aber, meine Herren, wer von Ihnen glaubt das,
wessen Fassungsgabe hätte Raum zu dieser Vor-
stellung? Nein, wir alle haben die felsenfeste
Überzeugung, so gut die Sonne morgen wieder
aufgeht, so wenig kann ein Volk wie das unsrige
nach seiner ganz beispiellosen Erhebung untergehen.
Das, meine perren, sind die Gedanken des Aus-
schusses und der Vorstandschaft und dies, dessen
bin ich sicher, sind auch Ihre Gedanken.

Und aus diesen Gefühlen heraus ergab sich unsere
Handlungsweise von selbst.

wir haben Ihrer Zustimmung sicher zu sein ge-
glaubt, als wir die für Ehrungen in Aussicht ge-
nommene Summe von 2000 M. den: städtischen
Wohlfahrtsausschüsse zur Verfügung gestellt haben,
wir haben weiter Ihre Zustimmung dazu zu er-
bitten, eine Summe von 2000 M. zu Zwecken des
Roten Kreuzes zur Verfügung gestellt zu haben.
In unseren Räumen im Stock haben wir eine
Werkstätte zur Perstellung von pemden geschaffen.
Freiwillige Mitarbeit von Damen der Vereinsmit-
glieder hat es uns ermöglicht, die Sache in Betrieb
zu setzen, und bezahlte Kräfte haben nunmehr diese
Tätigkeit übernomrnen.

Ich sage hier allen Damen, voran der Frau unseres
perrn Konservators, besten Dank für ihre auf-
opfernde selbstlose Tätigkeit.

Und wenn es auch verschwindend ist, was wir im
vergleich zum Bedarf bis jetzt geleistet haben, so
ist es doch auch nicht so wenig, daß wir uns nicht
dessen freuen dürften.

800 pemden sind bis jetzt fertiggestellt, 392 für
verwundete und <$08 für Soldaten zu Marsch-
zwecken. In allerletzter Zeit haben wir als vor-
dringlichstes für die zu so vielen Freilagern ge-
nötigten Krieger wollene Leibbinden angefangen
und zurzeit ^9 in Arbeit.

Außer unseren Damen haben 2\ Frauen und
Mädchen bescheidenen Verdienst gesunden.

Um diese Arbeit ebensolange fortsetzen zu können,
wie sie bereits dauert, bitten wir Sie um Ihre

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