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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 65.1914-1915

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Steinlein, Stephan: Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.8768#0158

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Äudie zum Direktionszimmer

Bieber & Hollweck

reichen. Dies wurde durch die wohl überlegte
Anlage eines nur 3,30 m hohen Sockelgeschosses
erreicht und darüber ein Erdgeschoß und zwei Ober-
geschosse aufgeführt. Aber den Fenstern des ersten
Obergeschosses zieht sich als wirksame Lsorizontal-
gliederung um die ganze Gebäudeanlage ein weit-
vorspringendes ziegelgedecktes Gesims entlang, wel-
ches geschickt verhindert, den ausgedehirten fenster-
reichen Bau als kasernenartigen Rlotz erscheinen
zu lassen. Im Sockelgeschoß, dessen nahezu quadra-
tische Fenster genügend Licht einlassen, liegen
Räume für technische und untergeordnete Zwecke,
die große Rüche, Linstellräume für Räder und der
Frühstückssaal. Die „Massigkeit" des Sockels ist
durch die Fensteranlage so gut wie unangetastet
geblieben.

Die hygienischen Forderungen unserer Tage ver-
langten in diesem Musterbauwerk alles anzuwenden,
was die Technik heute an Lfeizungs-, Durchlüftungs-
und Entstaubungsanlagen zu bieten vermag. Die
Erwärmung der Räume wird durch Wasserheizung
mit Pumpenbetrieb besorgt. Don einem Pavillon
im Garten aus besorgen drei Zentrifugenventila-
toren die Ventilation der Räume; eine Ventila-
tionsanlage im Dach saugt die verbrauchte Luft ab.

Der ausgedehnte Gebäudekomplex wurde in der
äußeren Erscheinung auf zwei Farbnuancen ge-
stimmt: Gelb und Grau; Farbwerte, welche stoff-
lich mannigfaltig abgewandelt im Innern des Ge-
bäudes, im Vestibül, im Treppenhaus, den Korri-

doren und in der Putzarchitektur der Höfe ver-
schieden abgestuft wiederkehren. Der ockerfarbene
Putz wurde überall mit Reimschen Mineralfarben
gemengt. Die dunkle Farbe der schiefergrauen,
flachen, holländischen Pfannen der Dächer wirken
mit dem satten Goldton der Putzflächen, dem edel-
grauen Steinton des Muschelkalkes an den Fenster-
umrahmungen, Gesimsteilen, Portalen und dem
Grün der Jalousien gut zusammen. Im Schmuck-
hof nach der Ostseite an der Raulbachstraße wendete
der Maler G. G. Rlemm nur wenige Töne noch
an: stumpfockergelbe, gebrochenes violett, Rot und
Grün. Das granitene Rleinpflaster des Schmuck-
hofes wiederholt das Grau der Dachmasse, die
riesige, schlichtgeformte Brunnenschale aus einem
Stück stumpfroten Rnhpoldinger Marmors bringt
einen feierlich-ernsten Rlang in den weiten, säulen-
umsäumten Vorhof.

Auf der von Doppelsäulen getragenen, bis zürn
ersten Stockwerk ragenden Brüstung des Vorhofes
stehen die vier überlebensgroßen, in ihrem Eha-
rakter durch die massige Architektur bedingten
Skulpturen der vier Elemente von L. Geiger und

I. wackerle. Nicht allzuoft läßt sich für unsere
Zeit die symbolische Verwendung dieser Gestalten
aus so naheliegenden Gründen, in so begreiflicher
weise rechtfertigen als hier. Das Versicherungs-
wesen entstand ja im letzten Grunde durch den
ewigen Rampf des Menschen mit den launischen
unberechenbaren Naturmächten. Im Innern, auf
der Rückwand des letzten Treppenpodestes im
 
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