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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 65.1914-1915

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Bernhart, Max: Die Entwicklung der Münztechnik
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https://doi.org/10.11588/diglit.8768#0206

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ein zweiter den schweren chammer mit beiden
fänden führte. Die ersten Taler mögen noch so
hergestellt worden sein. Anfangs des ^6. Jahr-
hunderts kamen bereits Walzen und Durchstoß
in Gebrauch. Die Münzzaine (Metallstreifen von
der Stärke der herzustellenden Münzen, aus wel-
chen die Schrötlinge geschnitten werden) wurden
nicht mehr gehämmert, sondern gestreckt und die
Prägeplatten ausgeschlagen. Die erste Walzen-
prägung erfolgte zu chall in Tirol. Die ganzen
Zaine gingen durch die gravierten Walzen, wobei
das Gepräge eingedruckt wurde. Die Münzbilder
wurden dann aus den Zainen ausgeschlagen. Da
aber durch das Walzen eine runde Fläche oval
wird, so wurden die Münzbilder oblong auf die

CH. IS°(5-

Walzen graviert; sie druckten sich kreisrund ab.
Fünfhundert Jahre später wurde eine neue Präge-
methode angewendet mittels der Taschenwerke.
Das sind ansgebauchte Stahlstücke, welche die Gra-
vierung der Münze trugen. Sie wurden zu je
zwei einander gegenübergestellt, woraus der Zain
dazwischen durchging. Auch aus den Taschen war
die Prägung oval gehalten, erschien jedoch aus dem
Zaine kreisrund. Gleichzeitig waren sog. Spin-
del- oder Stoßwerke in Gebrauch. Bei diesen
werden die beiden Prägestempel in Gehäusen fest-
gemacht. Das untere ist von einer starken Unter-
lage getragen, das obere in einem Schieber ein-
gepaßt, der sich senkrecht ab- und aufbewegt. Auf
diesen Schieber wirkt eine wagrechte Schrauben-
spindel, welche durch einen 2% bis 3y2 m langen

pebel (dem Schwengel oder Balancier) das Sinken
der Schraube veranlaßt, die den Schieber mit dem
Oberstempel nach abwärts gegen die auf dem
Unterstempel liegende Münzplatte stößt, worauf die
fertige Münze vom Ausschießer fortgeschleudert
und vom Zubringer durch eine neue Platte ersetzt
wird. Bald nach Einführung des Spindelwerkes kam
das prägen im Ring auf. Das Münzplättchen lag
nicht mehr frei, sondern in einem Ring von der
Größe der Münze. Beim Prägen preßte sich der
Umkreis gegen den Ring und konnte einen Ab-
druck von der dortigen Gravierung annehmen.
Die Ringe waren zwei- bis dreiteilig. Die recht
schwerfälligen Spindelpressen mußten allgemein

ca. l§6S

der Kniehebelpresse weichen. Die Kraft wirkt
hier auf den oberen beweglichen Stempel nicht
durch Stoß, sondern durch Druck, welcher mittels
der Kniehebel durch Menschen-, Wasser- oder
Dampfkraft erzeugt wird. Diese Maschine prägt
von den großen Münzsorten 36 bis 40 Stück, von
mittleren so bis ss, von den kleinen 60 bis 75 Stück
in der Minute und bedarf eines einzigen Mannes
zur Bedienung. Alle Arbeiten geschehen automa-
tisch maschinell. So hat sich auch die Prägetechnik
stets fortschreitend den Errungenschaften des mensch-
lichen Forscher- und Lrfindungsgeistes angepaßt.
Kurz noch über die Herstellung der Münzen in
unserer Zeit. Sie zerfällt in zwei Vorgänge: Her-
stellung der erforderlichen Legierung und Form-
gebung und Prägung. Die Einigung der deutschen
 
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