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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 65.1914-1915

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Bernhart, Max: Die Entwicklung der Münztechnik
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https://doi.org/10.11588/diglit.8768#0207

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Staaten zum Reiche brachte auch eine einheitliche
Geldwährung, die seit Januar \876 in Geltung
ist. Deutschland hat die Goldwährung eingeführt
mit Silber-, Nickel- und Rupfergeld als Scheide-
münzen. Geldeinheit ist die Mark. Das goldene
tc>-Markstück heißt amtlich Rrone, das 20-Markstück
Doppelkrone. Das Legierungsverhältnis der Gold-
und Silberstücke beträgt 900 Teile Gold oder
Silber und too Teile Rupfer. Die Legierung der
Nickelmünzen besteht aus 75 Teilen Rupfer und
25 Teilen Nickel, die der Rupfermünzen aus
95 Teilen Rupfer, H Teilen Zinn und \ Teil Zink.
Die Perstellung der Legierungen erfolgt gewöhn-
lich im Schmelzofen in Graphittiegeln, die bis zur
Rotglut erhitzt werden, worauf das abgewogene
Metall hineinkommt. In 4 bis 6 Stunden geht
der Schmelzprozeß vor sich. Mittels einer lehm-
bestrichenen Relle oder eines kleinen Graphit-
tiegels wird das geprobte flüssige Metall aus dem
Schmelztiegel in die innen mit (DI oder Talg be-
strichenen Gußformen gegossen. Die Gußformen
— Gießflaschen — bestehen aus zwei starken,
eisernen Gußstücken, die mittels eines pebels fest
aneinandergepreßt werden können. Zur perstel-
lung des Gusses (Zaines) dient eine rinnenförmige
Öffnung in einem der Formstücke, die Nut. Die
Zaine bilden Stangen von ea. 45 cm Länge,
5 bis 8 mm Stärke und dem ein- bis dreifachen
Durchmesser der zu prägenden Münzsorte. Das
Gießen in Gießflaschen ist erst seit dem letzten
Jahrhundert bekannt geworden; früher wurde in
feuchten Sand — Mischung aus Sand, Ruß und
Polzkohlenpulver, welche mit Bierhefe angefeuchtet
und in größere Rästen eingestampft wurde — ge-
gossen. Die Zaine werden in einem vor-, dann
in einem feinen Justier- oder Schlichtwalzwerk der
Länge nach so weit gestreckt, bis sie die genaue
Dicke für die gewünschte Münzsorte erhalten haben.
Die fertig gewalzten Zaine kommen nun zum
Ausstückeln oder Ausschneiden der rohen Münz-
platten, wozu man sich einer Maschine, des sog.
Durchschnitts, bedient. wenngleich beim Strecken
der Zaine und Ausschneiden der Platten mit größter
Sorgfalt gearbeitet wird, so läßt sich das Gewicht
der Münzplättchen nicht völlig genau erhalten. Da
aber jede vollhaltige Münze einen bestimmten wert
an edlem Metall darstellen soll, so ist außer dem
richtigen Feingehalt der Legierung auch ein ge-
naues Gewicht der einzelnen Stücke erforderlich.
Die einzelnen Platten müssen vor der Weiterver-
arbeitung erst nach einem Normalgewicht (Gewicht
des fertigen Geldes und Beizabgang) justiert wer-
den. Das Justieren, diese für die Münztechnik

interessante, aber auch kostspieligste Arbeit, geschieht
bei den geringeren Münzen aufs Pfund, bei Mün-
zen von höherem wert mit jedem einzelnen Stück.
Zunächst werden die Platten durch Nachwägen
jeder einzelnen gegen das Normalgewicht in schwere,
normale und leichte Platten sortiert. Die leichten
kommen zum Umschmelzen zurück; die schweren
werden durch pand- oder Maschinenschaber auf
das Normalgewicht berichtigt. Sämtliche abge-
schabten Platten werden auf der Sortiermaschine
oder auf empfindlichen Iustierwagen nachkontrol-
liert. Jede Münze trägt an ihrem Umfang einen
erhabenen Rand, der das Gepräge der Fläche vor
Abscheuern bewahrt und, da die Randfläche mit

Verzierungen, Zähnen usw. versehen ist, gegen
jede betrügerische Wertminderung durch Befeilen
und Beschneiden usw. schützt. Die Randverzierun-
gen erschweren auch die Falschmünzerei. Diese
Randverziernngen bestehen entweder aus Inschrif-
ten, wie „Gott mit uns", oder in Arabesken, Sternen,
Punkten, Rerben usw. Das Rändeln hat weiters
den Zweck, die Platten an der Peripherie zu stauchen
und einen Wulst zu geben, welcher die Ausprägung
des Rantenrandes erleichtert. Die Rändelmaschinen
sind von verschiedener Ronstruktion. Gemeinsam
sind die Pauptteile aus zwei gehärteten, stählernen
Rändeleisen, von denen eines festliegt, das andere
durch eine Rurbel vom Arbeiter oder durch Ma-
schinenkraft bewegt wird. Jedes Eisen mißt die
Pälfte des Umfanges der Münzplatte, so daß sie
nach einer halben Umdrehung fertig gerändelt ist.


Kuml und Handwerk. 65. Iahrg. Heft U.

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