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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 77.1927

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Schinnerer, Adolf: Hans Thoma: Rede einer Gedächnisfeier der Akademie der Bildenden Künste in München am 18. Januar 1925
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https://doi.org/10.11588/diglit.7094#0024

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T E C H NISCHE

griff Kunst erhalten ist, der die Ehre und der Ruhm
unserer Nation im Mittelalter war.

Im äußersten Schwarzwald, wo niemand von Kunst
redet, kommt ein Kind armer Leute zur Welt, das in
aller Bescheidenheit gar nichts anderes will als zeich-
nen und malen und trotz aller Proteste von Gelehrten,
die den Untergang der Kunst uns prophezeien, wird
das so bleiben, daß irgendwo solche Kinder geboren
werden. Wir sehen bei Uroma auch, wie einfach so
ein klar gewollter Beruf sich entwickelt. Wie ihm alles
dienen muß, der Taler, den der Nachbar für ein Porträt
spendiert, ebenso wie die antiken Gipse in Karlsruhe,
sein Lehrer Schirmer ebenso wie Canon, jener merk-
würdige Maler, dem auch Trübner so viel verdankt.

In die Biographie eines zeitgenössischen Künstlers,
der was auf sich hält, gehört unbedingt der Passus,

HOCHSCHULE

' daß sein Lehrer ihn nichts habe lehren können und
daß er auf der Schule für talentlos gegolten habe. Aber
Leute wie Thoma lernen überall was. Bei dem pathe-
tischen Klassizisten Schirmer hat er Entscheidendes
für seine naturalistisch intime Landschaft gelernt und
seine Lehrer haben ihn für äußerst talentvoll gehalten.
Im Leben Thomas fehlt gerade das Parfüm, das der
Kunstphilister am schwersten entbehrt, dieses: „Genie
und Wahnsinn“, „Genie und Verbrechen“, „der Dä-
mon“ usw. Von Thoma möchte man sagen: Genie ist
das im höchsten Sinne Normale, Gesunde.

Ich brauche Ihnen nicht Thomas Lebensschicksale
zu erzählen. Sie wissen selbst, daß er in Paris entschei-
dende Eindrücke von Courbet und den früheren Im-
pressionisten, vor allem Manet, erhielt, daß er zwar
kein Impressionist wurde, aber mit den gesteigerten

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