sich zunächst eine breite Basis eigener Anschauungen
und erwarb sich ein Wissen um die Tatsächlichkeiten
der Erscheinungswelt, das ihn vorzugsweise zum Por-
trätisten befähigt hat. Sein Erfolg als Bildnisplastiker
war bedeutend und wird als kunsthistorische Tatsache
bestehen, obwohl man heute an die Schärfe des Stil-
willens und der Charakterzeichnung ganz andersartige
Anforderungen stellt. Kurz ist in dieser Beziehung ein
ins Plastische übersetzter Lenbach, und gerade der Ver-
gleich dieser beiden Meister mag uns zum Bewußtsein
bringen, wie sehr der malerische Stil der neunziger
Jahre und des Jahrhundertbeginnes, der spanische Stil
und der Impressionismus, dem Maler zur Wohltat und
dem Bildhauer zum Hindernis geworden sind.
An und für sich war nach der Klassik Hildebrands
ein Realismus nicht mehr zu erwarten, und vielleicht
war es die größte künstlerische Erkenntnis im Schaffen
von Erwin Kurz, daß es ihn drängte, seinen Spätwerken
jene Spiritualisierung zuteil werden zu lassen, die eine
jüngere, erschütterte Menschheit als das höhere Wesen
alles Künstlerischen zu betrachten sich gewöhnt hatte.
Wie er einst mit eigener Kraft und eigenem Willen
an die Realität herangetreten war, so ist sein Abschied
vom Realen eigenartig und großartig. Noch immer
klingt in seinen Arbeiten die Erinnerung nach an Dies-
seitiges, Schönes, Italienisches. Wie aber die Formen
gedeutet werden, was sie an Symbolgehalt in sich
aufnehmen, wie ihr Wachstum sich dem Lebensähn-
lichen entwindet und den Einklang mit größter Ar-
chitektur als höheres Wirkungsgesetz über sich an-
erkennt — das sind Ideen, in deren Verfolgung sich
Erwin Kurz mit den Jungen einig weiß. Es sind Fra-
gen des Glaubens, in denen man den Bejahrten die
höhere Prophetie und den gründlicheren Blick für
die Zusammenhänge alles Bestehenden bereitwillig
zuerkennt. h. r.
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und erwarb sich ein Wissen um die Tatsächlichkeiten
der Erscheinungswelt, das ihn vorzugsweise zum Por-
trätisten befähigt hat. Sein Erfolg als Bildnisplastiker
war bedeutend und wird als kunsthistorische Tatsache
bestehen, obwohl man heute an die Schärfe des Stil-
willens und der Charakterzeichnung ganz andersartige
Anforderungen stellt. Kurz ist in dieser Beziehung ein
ins Plastische übersetzter Lenbach, und gerade der Ver-
gleich dieser beiden Meister mag uns zum Bewußtsein
bringen, wie sehr der malerische Stil der neunziger
Jahre und des Jahrhundertbeginnes, der spanische Stil
und der Impressionismus, dem Maler zur Wohltat und
dem Bildhauer zum Hindernis geworden sind.
An und für sich war nach der Klassik Hildebrands
ein Realismus nicht mehr zu erwarten, und vielleicht
war es die größte künstlerische Erkenntnis im Schaffen
von Erwin Kurz, daß es ihn drängte, seinen Spätwerken
jene Spiritualisierung zuteil werden zu lassen, die eine
jüngere, erschütterte Menschheit als das höhere Wesen
alles Künstlerischen zu betrachten sich gewöhnt hatte.
Wie er einst mit eigener Kraft und eigenem Willen
an die Realität herangetreten war, so ist sein Abschied
vom Realen eigenartig und großartig. Noch immer
klingt in seinen Arbeiten die Erinnerung nach an Dies-
seitiges, Schönes, Italienisches. Wie aber die Formen
gedeutet werden, was sie an Symbolgehalt in sich
aufnehmen, wie ihr Wachstum sich dem Lebensähn-
lichen entwindet und den Einklang mit größter Ar-
chitektur als höheres Wirkungsgesetz über sich an-
erkennt — das sind Ideen, in deren Verfolgung sich
Erwin Kurz mit den Jungen einig weiß. Es sind Fra-
gen des Glaubens, in denen man den Bejahrten die
höhere Prophetie und den gründlicheren Blick für
die Zusammenhänge alles Bestehenden bereitwillig
zuerkennt. h. r.
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