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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 77.1927

DOI Artikel:
Christoffel, Ulrich: Das Problem der Qualität im Kunsthandwerk
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https://doi.org/10.11588/diglit.7094#0144

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Wunder schaffen, die die gehemmten Kräfte der Ma-
terialien, des Metalls, des Holzes oder Elfenbeins lösen
und an die Oberfläche zaubern, die dem Stoffe die
Vollendung der Form geben. Seine Hände besitzen
eine geheimnisvolle Nervosität, ein Gefühl für Linie,
für Schwingung, für Rhythmus und sie teilen dem
Werke alle jene Imponderabilien mit, die den Begriff
der Qualität ausmachen. Der Meister leistet als ein-
zelner das, was sonst nur unter dem Schutze der Gesell-
schaft oder der Rasse entstehen kann, aber mit ihm
stirbt sein Können, und seine Mitarbeiter, die von ihm
mitgerissen, aber nicht geschult wurden, stehen vor
dem Nichts. In der europäischen Kunst entscheidet der
Meister und nicht das Werk. Der Meister aber als freie
Künstlerpersönlichkeit will seine Kräfte, die nicht an
das Formale gebunden sind, sondern weite geistige
Gebiete umfassen, im großen auswirken als Baumeister
oder Maler. Die europäische Kultur ist die einzige, die
eine höhere, freie von einer niedrigem, angewandten
Kunst scheidet und die Fiktion duldet, als ob die Kunst

teilbar und nicht überall ein und dieselbe wäre. In
andern Kulturen ist das Kunsthandwerk Form schlecht-
hin und aus der einen Form entwickeln sich Baukunst,
Plastik und Malerei, die ohne geistige Prätension nur
Ausfluß des Formsinns der Rasse sein wollen. Die Kunst
ist Form des Lebens. Die europäischen Völker haben in
ihren Anfängen eine fremde Kultur und Form anneh-
men müssen, ehe sie das Form gefühl ihrer Rasse zur Gel-
tung bringen konnten und ihre Geschichte entwickelte
sich unter dem doppelten Gesicht einer Erfüllung der
Form und einer Flucht über die Form ins Geistige-
Metaphysische. Während die Qualität des Kunsthand-
werks auf der letzten Sublimierung des Stofflichen
beruht, wie sie dem rassenmäßigen Formgefühl ent-
spricht, will die europäische Kunst vor allem Malerei
sein und sie sucht ihre Qualität in einem Handwerk,
das das Stoffliche, die Farbmaterie, ins Unstoffliche,
Unwirkliche, Persönlich-Vibrierende vergeistigen soll.
Das Kunsthandwerk ist fertige Form, die Malerei aber
ist nie fertig, nie vollendet, veränderlich in Luit und

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