Volksvertretung endlich einmal die Erkenntnis und der
Wille feststünden, daß unbedingt und ohne Verzug etwas
geschehen muß, was über die immer wieder auftauchen-
den T eilprojekte und Sonder Vorschläge hinaus dasGanze
zu fördern vermag.
Bevor diese praktischen Erwägungen und Berech-
nungen, zu denen ich als Kunstbetrachter nicht zuständig
bin, nicht in Fluß gekommen sind, bevor nicht viele, alle
Kräfte einheitlich Zusammenwirken, der kulturellen Zu-
kunft Münchens vor allem eine sichere finanzielle Basis
zu schaffen, lassen sich keine neuen Arbeitspläne ent-
rollen. Will man nicht Luftschlösser bauen, so kann sich
unsere weitere Betrachtung nur im Rahmen der Kritik
dessen bewegen, was jetzt entweder schon wirklich ist,
oder mit normalen Mitteln, mit dem jetzt tatsächlich
verfügbaren Apparat verwirklicht werden kann.
Ich möchte in diesem Sinne anmerken, daß sich an
der Wiederbelebung unseres Ausstellungswesens der in
früheren Jahren so rege, jetzt infolge der schweren Wirt-
schaftslage in begreifliche Unlust verfallene Kunsthandel,
soweit ihm bekannte und vornehme Galerieräume zur
Verfügung stehen, doch wieder lebhafter beteiligen sollte.
Der Münchner Ausstellungenbetrieb privater wie kor-
porativer Art, durch den wir allein die Öffentlichkeit
immer und immer wieder auf unsere Produktion hin-
weisen können, dürfte nicht länger mehr aus falsch ver-
standenem Lokalpatriotismus an dem vorübergehen, was
draußen im Deutschen Reich, in den deutschredenden Län-
dern anderer Staatlichkeit und im Ausland geleistet wird.
Es ist niederdrückend und für die Fortbildung unseres
Nachwuchses äußerst gefährlich, wie wenig man im heuti-
gen München von dem zu sehen bekommt, was in der
weiten Welt draußen geschaffen wird. Sehr wesentliche
Geschmacks Wandlungen sind gekommen und gegangen,
ohne daß man sich in München über ihre bewegenden und
führenden Kräfte hinlänglich hätte unterrichten können.
Wir wollen und müssen wieder hinaus auf den Welt-
markt, hinein in den Wettbewerb mit der Weltproduk-
tion; aber wie sollen unsere Produzenten, wenn sie nicht
in der glücklichen Lage sind zu reisen, sich richtig über
die Tendenzen orientieren, die draußen Kurs-und Markt-
wert haben?
Hinzu kommt, daß wir die auswärtigen und ausländi-
schen Künstlerschaften, denen wir in München Chancen
bieten, dadurch zu einem gleichen Verhalten uns gegen-
über verpflichten. Wir können uns den Weg in die Welt
hinaus nicht wieder öffnen, wenn wir in grämlichem Eigen-
sinn immer noch die eigenen Tore verschlossen halten.
Wir waren ehedem der Vorort der internationalen
Ausstellungen in Deutschland, und wir werden diesen
Vorrang vor strebsamen jüngeren deutschen Kunstplätzen
nur dann behaupten können, wenn wir zeitig entsprechende
Schritte tun, zeitig entsprechende Beziehungen einleiten
und durch geschickte Verhandlungen konkurrierende Be-
strebungen anderer Städte ausschalten. Nach der Aus-
stellungen-Hochflut der letzten Jahre wird ja nun wohl
mit einer gewissen Ausstellungsmüdigkeit zu rechnen
sein. Diese Pause sollte genutzt werden, eine Regelung
der Kompetenzfrage auf diesem für uns lebenswichtigen
Gebiet anzustreben. Ist es denn wirklich notwendig, ist es
vernünftig, daß nachgerade fast jeder deutsche Platz bis
herunter zu Mittel-und Kleinstädten allsommerlich irgend-
eine Ausstellungssensation ausheckt? Kann diese Über-
häufung mit Darbietungen, diese Zersplitterung des In-
teresses irgend von kulturellem oder ökonomischem Vor-
teil sein?
Gerade eben haben wir auf dem Gebiete des Aus-
stellungenwesens eine Niederlage erlitten, welche sich
diejenigen, die es angeht, recht ernstlich zu Herzen
nehmen sollten, wobei zum Trost freilich auch gesagt
werden kann, daß uns die Verlegung der Werkkunst-In-
ternationalen von 1930 nach Berlin schlimme Verlegen-
heit erspart und uns Zeit gibt, unsere heute völlig brach-
liegenden Äcker wieder anzubauen. Vielleicht ist es so-
gar für eine ferne Zukunft das Beste, wenn wir gezwungen
sind, wieder ganz von unten, beim Fundament, bei den
elementarsten Prinzipien wieder aufzubauen, aber zu-
nächst bleibt der Übergang der nationalen und internatio-
nalen Repräsentation ein Verlust, ein Schlag für München,
das durch sein Zurückstehen den Schlußstrich unter die
stolze Tradition setzt, die wir noch zuletzt mit der Deut-
schen Gewerbeschau 1912 unter traurig erschwerten Um-
ständen, aber immerhin mit Glück gewahrt haben.
Es ist für München notwendig, nicht nur, daß es sich
an den deutschen und an den internationalen Veranstal-
tungenbeteiligt, sondern daß es sich allmählich wieder die
führende Stellung als Ausstellungsort erkämpft bei
diesen Veranstaltungen, die nun einmal kulturell und
wirtschaftlich wichtiger sind als alles, was wir, auf uns
selbst beschränkt, in regionaler und lokaler Isoliertheit,
zu leisten vermögen. Wehe uns, wenn wir aus heute ganz
gegenstandslos gewordenen Richtungsfragen irgend-
welche Antriebe unseres kunstpolitischen Verhaltens ab-
leiten wollen! Ich sehe durchaus keinen notwendigen
Gegensatz etwa zwischen den Tendenzen des Deutschen
Werkbunds und denen eines spezifischen Kunsthandwer-
kertums, wie es von jeher für München kennzeichnender
war als für andere Produktionsorte. Ich sehe bei Ausstel-
lung^ und Repräsentationsfragen nichts notwendig Tren-
nendes in der ganz naturgemäßen Verschiedenheit der
etwa mehr verstandesmäßigen, struktiven oder abstrakten
norddeutschen und der mehr sinnlichen, farbig und for-
mal wärmeren süddeutschen Kunstweise. Warum sollte
gerade München eine unfruchtbare, zänkisch unverträg-
liche Sonderstellung im gesamtdeutschen Schaffen bean-
spruchen, wo wir doch am Beispiel Wiens sehen, wie sich
eine ausgesprochen süddeutsche, ja ganz ausgesprochen
lokal bedingte Kunst reibungslos in den Weltverkehr ein-
fügt? Kein Mensch wird der Münchner Bodenständig-
keit und Eigenart Schwierigkeiten machen, wenn sie sich
stark und ohne polemische Spitzen gegen andere mani-
festiert. Nur müßten wir endlich einmal damit aufhören,
unsere Eigenart lediglich im Verneinen des natürlichen
Zeitfortschritts zu suchen.
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Wille feststünden, daß unbedingt und ohne Verzug etwas
geschehen muß, was über die immer wieder auftauchen-
den T eilprojekte und Sonder Vorschläge hinaus dasGanze
zu fördern vermag.
Bevor diese praktischen Erwägungen und Berech-
nungen, zu denen ich als Kunstbetrachter nicht zuständig
bin, nicht in Fluß gekommen sind, bevor nicht viele, alle
Kräfte einheitlich Zusammenwirken, der kulturellen Zu-
kunft Münchens vor allem eine sichere finanzielle Basis
zu schaffen, lassen sich keine neuen Arbeitspläne ent-
rollen. Will man nicht Luftschlösser bauen, so kann sich
unsere weitere Betrachtung nur im Rahmen der Kritik
dessen bewegen, was jetzt entweder schon wirklich ist,
oder mit normalen Mitteln, mit dem jetzt tatsächlich
verfügbaren Apparat verwirklicht werden kann.
Ich möchte in diesem Sinne anmerken, daß sich an
der Wiederbelebung unseres Ausstellungswesens der in
früheren Jahren so rege, jetzt infolge der schweren Wirt-
schaftslage in begreifliche Unlust verfallene Kunsthandel,
soweit ihm bekannte und vornehme Galerieräume zur
Verfügung stehen, doch wieder lebhafter beteiligen sollte.
Der Münchner Ausstellungenbetrieb privater wie kor-
porativer Art, durch den wir allein die Öffentlichkeit
immer und immer wieder auf unsere Produktion hin-
weisen können, dürfte nicht länger mehr aus falsch ver-
standenem Lokalpatriotismus an dem vorübergehen, was
draußen im Deutschen Reich, in den deutschredenden Län-
dern anderer Staatlichkeit und im Ausland geleistet wird.
Es ist niederdrückend und für die Fortbildung unseres
Nachwuchses äußerst gefährlich, wie wenig man im heuti-
gen München von dem zu sehen bekommt, was in der
weiten Welt draußen geschaffen wird. Sehr wesentliche
Geschmacks Wandlungen sind gekommen und gegangen,
ohne daß man sich in München über ihre bewegenden und
führenden Kräfte hinlänglich hätte unterrichten können.
Wir wollen und müssen wieder hinaus auf den Welt-
markt, hinein in den Wettbewerb mit der Weltproduk-
tion; aber wie sollen unsere Produzenten, wenn sie nicht
in der glücklichen Lage sind zu reisen, sich richtig über
die Tendenzen orientieren, die draußen Kurs-und Markt-
wert haben?
Hinzu kommt, daß wir die auswärtigen und ausländi-
schen Künstlerschaften, denen wir in München Chancen
bieten, dadurch zu einem gleichen Verhalten uns gegen-
über verpflichten. Wir können uns den Weg in die Welt
hinaus nicht wieder öffnen, wenn wir in grämlichem Eigen-
sinn immer noch die eigenen Tore verschlossen halten.
Wir waren ehedem der Vorort der internationalen
Ausstellungen in Deutschland, und wir werden diesen
Vorrang vor strebsamen jüngeren deutschen Kunstplätzen
nur dann behaupten können, wenn wir zeitig entsprechende
Schritte tun, zeitig entsprechende Beziehungen einleiten
und durch geschickte Verhandlungen konkurrierende Be-
strebungen anderer Städte ausschalten. Nach der Aus-
stellungen-Hochflut der letzten Jahre wird ja nun wohl
mit einer gewissen Ausstellungsmüdigkeit zu rechnen
sein. Diese Pause sollte genutzt werden, eine Regelung
der Kompetenzfrage auf diesem für uns lebenswichtigen
Gebiet anzustreben. Ist es denn wirklich notwendig, ist es
vernünftig, daß nachgerade fast jeder deutsche Platz bis
herunter zu Mittel-und Kleinstädten allsommerlich irgend-
eine Ausstellungssensation ausheckt? Kann diese Über-
häufung mit Darbietungen, diese Zersplitterung des In-
teresses irgend von kulturellem oder ökonomischem Vor-
teil sein?
Gerade eben haben wir auf dem Gebiete des Aus-
stellungenwesens eine Niederlage erlitten, welche sich
diejenigen, die es angeht, recht ernstlich zu Herzen
nehmen sollten, wobei zum Trost freilich auch gesagt
werden kann, daß uns die Verlegung der Werkkunst-In-
ternationalen von 1930 nach Berlin schlimme Verlegen-
heit erspart und uns Zeit gibt, unsere heute völlig brach-
liegenden Äcker wieder anzubauen. Vielleicht ist es so-
gar für eine ferne Zukunft das Beste, wenn wir gezwungen
sind, wieder ganz von unten, beim Fundament, bei den
elementarsten Prinzipien wieder aufzubauen, aber zu-
nächst bleibt der Übergang der nationalen und internatio-
nalen Repräsentation ein Verlust, ein Schlag für München,
das durch sein Zurückstehen den Schlußstrich unter die
stolze Tradition setzt, die wir noch zuletzt mit der Deut-
schen Gewerbeschau 1912 unter traurig erschwerten Um-
ständen, aber immerhin mit Glück gewahrt haben.
Es ist für München notwendig, nicht nur, daß es sich
an den deutschen und an den internationalen Veranstal-
tungenbeteiligt, sondern daß es sich allmählich wieder die
führende Stellung als Ausstellungsort erkämpft bei
diesen Veranstaltungen, die nun einmal kulturell und
wirtschaftlich wichtiger sind als alles, was wir, auf uns
selbst beschränkt, in regionaler und lokaler Isoliertheit,
zu leisten vermögen. Wehe uns, wenn wir aus heute ganz
gegenstandslos gewordenen Richtungsfragen irgend-
welche Antriebe unseres kunstpolitischen Verhaltens ab-
leiten wollen! Ich sehe durchaus keinen notwendigen
Gegensatz etwa zwischen den Tendenzen des Deutschen
Werkbunds und denen eines spezifischen Kunsthandwer-
kertums, wie es von jeher für München kennzeichnender
war als für andere Produktionsorte. Ich sehe bei Ausstel-
lung^ und Repräsentationsfragen nichts notwendig Tren-
nendes in der ganz naturgemäßen Verschiedenheit der
etwa mehr verstandesmäßigen, struktiven oder abstrakten
norddeutschen und der mehr sinnlichen, farbig und for-
mal wärmeren süddeutschen Kunstweise. Warum sollte
gerade München eine unfruchtbare, zänkisch unverträg-
liche Sonderstellung im gesamtdeutschen Schaffen bean-
spruchen, wo wir doch am Beispiel Wiens sehen, wie sich
eine ausgesprochen süddeutsche, ja ganz ausgesprochen
lokal bedingte Kunst reibungslos in den Weltverkehr ein-
fügt? Kein Mensch wird der Münchner Bodenständig-
keit und Eigenart Schwierigkeiten machen, wenn sie sich
stark und ohne polemische Spitzen gegen andere mani-
festiert. Nur müßten wir endlich einmal damit aufhören,
unsere Eigenart lediglich im Verneinen des natürlichen
Zeitfortschritts zu suchen.
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