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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 79.1929

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Rückert, Otto: Malerhandwerk und Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.7096#0101
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MALERHANDWERK UND SCHULE
VON OBERSTUDIENDIREKTOR OTTO RÜCKERT, MÜNCHEN

Spricht man von der erzieherischen Arbeit am Handwerk, so werden zwangsläufig die Ge-
danken auf jene handwerkerlichen Arbeitsgebiete, die meß-, greif- und wägbare Gegenstände
fertigen — Schlosser, Tischler usw. — gelenkt, während man nur zu gerne das Handwerk der
Maler, der Lackierer und Vergolder als etwas Beigeordnetes betrachtet. Besonders in den Kreisen
der Baukünstler neigt man zu der Anschauung, daß der Raummaler alle geistigen Dinge zugunsten
der technischen Fertigkeit zurückzustellen habe. Diese Ausfasfung trifft im allgemeinen dort zu,
der Maler im Dienste eines wirklich hervorragenden Baukünstlers arbeitet. Die vielen Fälle
aber, in denen der Maler unmittelbar dem privaten Auftraggeber gegenübersteht, sind aber
durchaus in der Mehrzahl. Aus dieser, auf wirtschaftlichen Momenten beruhenden Tatsache ergibt
sich die Schlußfolgerung, daß der Raummaler einer eingehenden kunsthandwerklichen, tech-
stilchen und betriebswirtschaftlichen Schulung bedarf, umsomehr, als ihm die Gelegenheit ge-
geben ist, auch in die Wohnung der Minderbemittelten ein Stückchen Schönheit zu tragen.
Das Malerhandwerk fand von ehedem in München einen guten Boden und erlebte zur Zeit
Gabriel Seidls und anderer Meister eine Hochblüte, die den Münchener Maler über den ganzen
Kontinent führte. Die Umwandlungen, die das schönheitliche Schasfen als konsequente Folge
der Neuerungen auf dem Gebiete der Technik erleben mußte, blieb nicht ohne tiefeinschneidende
Folgen für die Arbeit des Raummalers. Während dieser das Hauptgewicht seines Schasfens ehedem
duf die Schmuckform legte und über dieses Tuen viele technische und geschmackliche Dinge ver-
'"•ächlässigte, fordert unsereZeit von ihm einen gesteigerten Farbensinn, hohes technisches Können,
eingehende Kenntnisse der Architektur und nicht zuletzt jene kaufmännische Schulung, die die
Vorbedingung für die glückliche Leitung eines Malereibetriebes ist. Das letztere Moment ist an-
gesichts des verschärften Wirtschaftskampfes im Bau- und Ausbaugewerbe eine unerläßliche An-
gelegenheit und ist, vom erzieherischen Standpunkt aus gesehen, vielleicht ebenso wichtig und
Notwendig wie die geschmackliche Schulung. Aus diesen Umständen heraus ergibt sich von selbst
der Aufbau des Lehrltoffes einer gegliederten und ausgebauten Fachschule für das Malerhandwerk.
F*ie Arbeit der Malerfachichule tritt gelegentlich kunsthandwerklicher Aussüllungen niemals

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