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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 79.1929

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Wende, Theodor: Zehn Jahre Zunft Jungkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7096#0117
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DAMEN RINGE mit Tmmaiin bzw. Aquamarin
Ludwig Volk, Zunst Jungkunst, Psorzheim


ZEHN JAHR
ZUNFT JUNGKUNST / THEODOR WENDE, PFORZHEIM
In einer/Zeit des Gärens und des Neuaufbaus hat sich vor 10 Jahren eine Anzahl Schüler der
Bad. Kunstgewerbelchule Pforzheim zusammengefunden und zu ihrer Weiterbildung und zum
Austauich von Anregungen die Kunstgewerblerzunft Jungkunst gegründet. In dem leidenschaft-
lichen Drang zum Neuen entstanden zunächst kunstgewerbliche Metallarbeiten, die für die Zer-
rissenheit und Unklarheit der Anschauungen, die damals allenthalben herrschte, bezeichnend
waren. Mit der Fertigung des allgemeinen Lebens wurden auch die Arbeiten der Zünftler klarer
und beruhigter. Das halb unbewußte arbeiten wich zielsicheren Versuchen, einen präzisen, neuen,
formalen Ausdruck für die heutigen Aufgaben des Schmuckgewerbes zu finden.
Die Zunft ist mit der Zeit zu einem strasfen Organismus ausgebaut worden, damit die Zünftler
wach bleiben für unsere Zeit. Um die Zünftler zu veranlassen, über die Aufgaben unserer Zeit
nachzudenken und von Grund aus zu erforschen, was ein moderner Menlch an Schmuck und
Geräten braucht, werden periodische Wettbewerbe innerhalb der Zunft veranstaltet. An regel-
mäßigen Werkabenden wird das Interesse der Zünftler und die Liebe zu ihrem Handwerk ent-
facht. Die verlchiedensten Fachgebiete werden theoretisch und praktisch behandelt, die Arbeiten
der einzelnen Mitglieder, sowie die Wettbewerbsergebnisfe gemeinsam besprochen. Dazwischen
wird an geselligen Abenden versucht, eine frilche kameradschaftliche Bindung unter den Zünftlern
herbeizuführen und sie durch Vorträge über Kunst, Literatur, Reisen usw. mit der großen Welt
vertraut zu machen. An besonderen Musikabenden wird gute Muiik gepflegt und auch der Humor
kommt zu seinem Recht. Ziel der Zunft ist nicht die Pflege einer besonderen fachlichen oder
geschmacklichen Richtung, sondern vielmehr, die einzelnen Mitglieder in ihrer besonderen Be-
gabung zu fördern und anzuregen und sie möglichst vielseitig und lebendig zu erhalten, damit
sie in der Lage sind, den wechselnden Bedürfnissen der Wirtichaft, insbesondere der Pforzheimer
Schmuckwarenindustrie, Rechnung zu tragen.
Die Mehrzahl der Zünftler wird auch heute noch aus aktiven Schülern der Kunstgewerbe-
fchule gebildet. Die älteren Zünftler stehen in führenden Stellungen der Industrie und sind teils
als angestellte Zeichner und Kabinettmeister, teils selbständig tätig. Außerdem gehören der Zunft
Werklehrer der Kunstgewerbelchule und der Pforzheimer Goldlehmiedeschule an. Die Leitung
der Zunft liegt in den Händen eines gewählten Obermeisters und eines Obergesellen. Es gehört
ein von starkem Idealismus getragener Wille dazu, um nach 8 Stunden Tagesarbeit, die der
Industrie gehören, die Spannkraft zur eigenen Arbeit zu finden. In der Industrie sind die jungen
Leute gezwungen, sich dem herkömmlichen Geschmack des In- und Auslandes anzupassen und

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