Albett Haueisen
Inneres der St. Peter -
und Paulskirche in Karlsruhe-Mühlburg / Blick gegen Norden
weil dieser Raum, eine streng klassizistische Schöpfung Weinbrenners, dem Maler durch seine
kühle und rein tektonische Haltung nirgends entgegenkommt, man also gespannt sein durfte, wie
dieser sich damit abfinde.
Leider kann man sich heute nicht verhehlen, daß dem Saal durch die Ausmalung Gewalt an-
getan worden ist. Wir wenden hier nichts ein gegen den gedanklichen Inhalt der Bühlerschen
Gemälde, obwohl ihre Tendenz, die Nüchternheit der Karlsruher Geschichte zu romantisieren,
uns nicht nachahmenswert dünkt — entseheidend ist, daß zwischen der kosmischen Spekulation
des Malers und der herben, durchaus diesseitig moralischen Ethik Weinbrennerscher Bauformen
ein gutes Verhältnis überhaupt nicht möglich sein kann. Entseheidend ist ferner, daß das Interesse
des Malers an der Einzelfigur haftet und diese heraustreibt, während die Gesamtordnung, statt
aus dem Aufbau des Raumes selbst zu erwachsen, durch ein Netz gedanklich abstrakter Bezie-
hungen ersetzt wird. Dies alles mußte zur Zertrümmerung der Weinbrennerschen Architektur-
erscheinung führen, wie sie wohl am deutlichsten in der nun angeprägten Funktionslosigkeit der
farbig gescheckten Säulen zutage tritt.
Der an sich durchaus begrüßenswerte Wille Bühlers, über das Artistische hinaus in eine Welt
symbolisch-großer Formen vorzudringen, übersah, daß eine solche Symbolik nirgendwo reiner
und eindeutiger gegeben ist, als in der Sprache der architektonischen Verhältnisse selbst, und daß
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Inneres der St. Peter -
und Paulskirche in Karlsruhe-Mühlburg / Blick gegen Norden
weil dieser Raum, eine streng klassizistische Schöpfung Weinbrenners, dem Maler durch seine
kühle und rein tektonische Haltung nirgends entgegenkommt, man also gespannt sein durfte, wie
dieser sich damit abfinde.
Leider kann man sich heute nicht verhehlen, daß dem Saal durch die Ausmalung Gewalt an-
getan worden ist. Wir wenden hier nichts ein gegen den gedanklichen Inhalt der Bühlerschen
Gemälde, obwohl ihre Tendenz, die Nüchternheit der Karlsruher Geschichte zu romantisieren,
uns nicht nachahmenswert dünkt — entseheidend ist, daß zwischen der kosmischen Spekulation
des Malers und der herben, durchaus diesseitig moralischen Ethik Weinbrennerscher Bauformen
ein gutes Verhältnis überhaupt nicht möglich sein kann. Entseheidend ist ferner, daß das Interesse
des Malers an der Einzelfigur haftet und diese heraustreibt, während die Gesamtordnung, statt
aus dem Aufbau des Raumes selbst zu erwachsen, durch ein Netz gedanklich abstrakter Bezie-
hungen ersetzt wird. Dies alles mußte zur Zertrümmerung der Weinbrennerschen Architektur-
erscheinung führen, wie sie wohl am deutlichsten in der nun angeprägten Funktionslosigkeit der
farbig gescheckten Säulen zutage tritt.
Der an sich durchaus begrüßenswerte Wille Bühlers, über das Artistische hinaus in eine Welt
symbolisch-großer Formen vorzudringen, übersah, daß eine solche Symbolik nirgendwo reiner
und eindeutiger gegeben ist, als in der Sprache der architektonischen Verhältnisse selbst, und daß
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