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Kunst der Nation — 1.1933

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Brehm, Bruno: Der nackte und der bekleidete Mensch: die beiden Stöme der Kunstentwicklung
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Holst, Niels von: Deutsche Kunst am Pranger - vor 100 Jahren
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2

Kunst der Nation

Deutsche Kunst
am Pranger - vor 100 Zähren
Von
Niels v. Holst


C. D. Friedrich, Ziehende Wolken, Hamburg
„Es wird die Nation ebenso wenig eine
Kunstblüte aus bloßer Tradition hervor-
bringen, wie die Mutter ein Kind gebären
wird, ohne es in ihrem Schoß getragen zu
haben." Runge
Zu Beginn des vorigen Jahrhunderts herrschte
in Deutschland eine Kunstanschauung, die im ro-
manischen Kulturkreis ausgebildet und von uns
nur übernommen worden war: der Klassizismus
aller Spielarten. So wie Liebermann als Mittler
des sranzösischen Impressionismus volksechte
deutsche Gegenkräfte auf den Plan rief, so standen
damals in Deutschland Männer auf, die sich auf
das wahre Wesen deutscher Kunst besannen. Ihren
stärksten Rückhalt sanden sie — nicht zufällig — in
Norddeutschland und Skandinavien (Kopenhagener
Akademie), die Hauptvertreter der Romantik:
Runge und Friedrich entstammten beide dem
äußersten Norden des deutschen Volksbodens.
Betrachten wir die Urteile, die von den Zeit-
genossen gefällt wurden über diese wahrhaft nor-
dische, innerliche, ernste Kunst, die über gefällige
Naturwicdergabe in den glatten akademischen For-
^uen hnmusftre^te^ -AohLauu^L^ckr mH a u um-
schreibt 1816: „Sie wissen, wie fast allgemein die
neuere Künstlerwelt . . . ein Schwindelgeist er-
griff, den sie noch auf wunderliche Weise mit
Vaterlandsliebe zu verbinden trachtet. Die Antike
wird ganz beiseite geschoben, Dürer und Cranach
sind die Helden des Tages . . . Wunderliches ge-
schmackloses Kostüm, fratzenhaft übertriebene oder
vermagerte Gestalten, in verdrehter unmöglicher
Stellung, mit eidechsenartigen Körpern, Gesichtern,

Händen und Füßen von
unnatürlicher Länge . . .
bemühen sich talentvolle
Künstler auf allerlei
Weise zu gruppieren.
An die Gesetze der Per-
spektive, der Verteilung
des Lichtes, der Gruppie-
rung wird nicht dabei
gedacht . . . Dies Un-
wesen empörte mich oft
zu gerechtem Zorn, wel-
cher um so höher stieg,
wenn in den Werken der
auf solche Abwege ge-
rochenen Künstler ein
hohes Talent, Fleiß und
Genius nicht verkennen
konnte, deren ganz miß-
grissene Anwendung mich
tief schmerzte!"
Ein Jahr später
(1817) schreibt der alte
Schadow: „Es gehört
zu den neuesten Manie-
ren und Ansichten einer
kleinen Anzahl deutscher
Jünglinge, dergleichen als das Rechte anzusehen;
mein jüngster Lrohn gehört auch dazu, und ich bin
damit nicht zufrieden. Bei ihm entstand diese
Ansicht bei einem kranken Zustande; ich sehe es
für Überspannung an und halte dies, es sei körper-
lich oder geistig, für Krankheit . . .".
Als in Dresden Caspar David Friedrich seine
ersten Landschaftsgemälde ausstellt, verleiht Ram -
dohr der Empörung des Publikums Ausdruck:
„. . . das Bild des Herrn Friedrich weicht von
der gewöhnlichen Bahn ab . . .; die Tendenz, die
hier das Talent nimmt, wird dem guten Geschmack
gefährlich und steht mit einem Geiste in Verbin-
dung, der die unglückliche Brut der gegenwärtigen
Zeit und das schauderhafte Vorgesicht der schnell
heraneilenden Barbarei ist! Das Geheimnis der
Wirkung Friedrichs . . . gefährliche Charlatanerie.
Die Composition ist grob, unbehülflich, dürftig
... auf unangenehme Art die Harmonie der Far-
ben gestört". Fälschlicherweise seien „Werke aus
der Kindheit der Kunst zum Vorbild genom-
men . . ." „Wackrer Friedrich!", so schließt Ram-
dohr, „kehre auf den Weg zurück, den die Erfah-
rung als erprobt gezeigt hat!"
Zeit Wines Lebens bleibt Friedrich unver-,
standen. 1833 äußert sich A. Schöll bei der Äe-
sprechung einer Berliner Ausstellung in Kuglers
Museum: „Friedrichs Malerei ist ein Beweis
menschlichen Hochmuths, welcher die Natur zum
bloßen Zeichen und Buchstaben für menschliche
Gemüthszustände erniedrigen will . . ." Von
Friedrichs Winterlandschaft mit alter Eiche heißt
es: „Die Wahrheit des Ganzen leugnen wir ... .
Drei Farben und zwei Linien, ist denn das eine

Fortsetzung von Seite 1
Der nackte und der bekleidete Bensch

nach Südrußland hinunter näher beobachten
müssen. Sie hätte diese Wanderungen und Wand-
lungen genau so klar feststellen können wie die
Wiederkehr klassischer griechischer Gestalten im
Rom der Antike, im Rom der Renaissance und in
allen Gebieten der Klassizistik.
Denn auch nach China selbst kam die mensch-
liche Gestalt in der bildenden Kunst erst sehr spät
— und zwar mit dem Vormarsch des Buddhismus
aus dem Gebiete Indiens.
Wer sich jemals mit dem zeitlichen Ansatz der
chinesischen Ornamentik befaßt hat, wer selbst ver-
sucht hat, Entwicklungsreihen jener rätselhaften
Bronzegefäße aus der Dschou-Dynastie (1122 bis
255 v. Chr.) auszustellen, jener Kunst also, die
noch vor dem Eindringen der menschlichen Gestalt
nach China liegt, der wird vor einem heute noch
fast ünlösbaren Rätsel stehen: denn das sich
Wiederholende in der Kunst jener langen Epoche
ist ihm ebenso fremd wie unbekannt. Daß es vor-
handen sein muß, ist ebenso sicher wie daß sich die
menschliche Gestalt eines Apoll in römischer Zeit,
in der Renaissance und im Empire wiederholt.
Aber ungeschult für die Erforschung der Gesetze
der Ornamentik, haben wir diese nur noch nicht
festzulegen vermocht.
Wer die irischen Buchmalereien betrachtet, der
kann sehen, wie sich allmählich in diese Nordkunst
die menschliche Gestalt einnistet, erst ganz klein,
wie ein Spaltpilz im wilden Gerank der Orna-
mentik, dann immer mehr Raum fordernd, dann
— auf den Miniaturen der späteren Zeit — end-
lich den Hauptplatz einnehmend und die Ornamen-
tik in den Rahmen zurückdrängcnd.
Verdrängte darstellungslose Kunst
Völker, die also ihre darstellungslose Kunst
nicht durch religiöse Bildcrverbote schützen, erliegen
jener Kunst, die den Menschen darstellt. Wohin
aber kommt dabei ihr eigenes Erbgut? Einmal,
wie wir eben gezeigt haben, in den Rahmen, wo
sich die Ornamentik noch selbständig hält und als
eigene Kunst neben der neu eingewanderten lebt;
das andere Mal in das Stilleben, wo die außer-
menschlichen Dinge naturnah dargestellt werden;
das drittemal in die Landschaftsdarstellung, wo
die Pflanzenornamentik sich zum Bilde wandelt
und schließlich und endlich in das Gewand, das den
menschlichen Körper zu verhüllen und mit seinem

reichen Faltenaufbau zu besiegen sucht. Denn so-
wohl in der germanischen Kunst des Nordens wie
in den ostasiatischen Kunstkreisen ist das Gewand
nicht Bekleidung, sondern Kunstausdruck, der.
immer wieder das zu überwinden sucht, was
diesen Kunstkreisen fremd ist, der den Anspruch
darauf erhebt, neben dem menschlichen Körper,
über dem menschlichen Körper soviel Platz einzu-
nehmen, daß das Bild nun in seinem Sinne aus-
gewogen ist. Die gleiche Aufgabe besitzt ja bei
beiden Völkergrnppen die Landschaft, die das
Außermenschliche schlechthin darstellen will. (Noch
bis spät in die Kunst unserer Tage hinein haben
sich Landschaftsmaler das, was sie für ihre Bilder
Staffage nennen, von anderen Malern malen
lassen.) Wir brauchen Wohl kann: darauf hin-
zuweisen, welche geringe Rolle bei den darstellen-
den romanischen Völkern — von den alten Grie-
chen gar nicht zu reden — die Landschaft spielt
und wie fast unbekannt ihnen das Stilleben ist.
Auch der Rahmen selbst überwuchert niemals in
dieser Weise bei der Mittclmeergrnppe wie bei
uns oder bei den Ostasiaten. Ja, für unser Ge-
fühl ist die ganze Mittelmcerornamentik — ob nun
ägyptisch, babylonisch oder griechisch — dürftig
und allzu zahm, wobei die kretische allein aus-
genommen werden muß, denn sie hat durch ihre
Verbindung mit der jnngsteinzeitlichen großen
Ornamentik, mit jener selbständigen gewaltigen
Kunst, eine eigene Kraft und eigene Schönheit.
Was null der so stark eingeengten und sehr
gezähmten Ornamentik — wie Palmette, klassische
Ranke, Lotos, Rosette nsw. usw." — sehr zu
Schaden gereicht, das kommt der menschlichen Ge-
stalt in diesen Künsten zugute, ihr Verhältnis zum
Gewand ist ein vollkommen anderes als bei den
Völkern im Norden Europas und Asiens.
Die Stellung der klassischen Ku list
der Griechen
Griechenland ist der große Ausnahmefall in der
ganzen Kunstentwicklung der Menschheit, Griechen-
land wird deshalb immer wieder als das nie mehr
zu erreichende Ideal in der Geschichte der bilden-
den Kunst stehen, denn nie mehr vorher und nie
mehr nachher war so genau ausgewogen worden
zwischen Gewand und Gestalt einerseits und Nähe
und Ferne des Dargestellten zu der Natur an-
dererseits. Nie wird man sich tiefen Schauern vor

Landschaft? Ich weiß, was dahinter steckt: die
Willkür! Diese alte Eiche im Schnee, ein schwar-
zer Stamm mit wenigen kahlen, gefaserten Asten,
auf dem Grunde des einfarbigen Himmels — was
kann sie bei dieser Nüchternheit der Behandlung
und Armtönigkeit der Beleuchtung weiter zu sein
Prätendieren als ein Farbenakkord aus Weiß, Blau
und Schwarz? Dagegen Adolf Bönisch (heute mit
Recht vergessen! V.H.) hat eine Eiche nach der
Natur gemalt. Eine ganz natürliche Eiche, wie
sie sich aus dem Fruchtboden der Erde hebt . . .,
ein ganz natürliches Kornfeld — alles, wie er es
bei Bleischwitz unweit Breslau an einem schönen
Sommertage gesehen . . ."
Bon den Werken des jungen genialen Blechen,
der die Art Friedrichs weiter entwickelt, heißt es
an derselben Stelle: „Dies ist kein seelenvolles
Antlitz der Natur . . . seine Züge verhalten sich
zu diesem, wie die eines Hirnverbrannten zum ge-
sunden Menschengesicht. — Das Ganze . . . eher
wie eine mit trübrothen und bläulichen Ingre-
dienzien angelaufene Lange als wie ein Bild . . .
die Natur auf den Kopf gestellt . . .". Von der
Villa d'Este desselben Künstlers wird das Urteil
abgegeben: „Auch hier wird das Ange beohrseigt!"
Drei Jahre später fand in Berlin eine Aus-
stellung statt, zu der aus Paris Werke erster fran-
zösischer Meister gesandt worden waren. Bei
dieser Gelegenheit wird in derselben Zeitschrift,
die damals in Kunstdingen führend war, ge-
schrieben: „Wenn irgend etwas auf unsrer Aus-
stellung verdient, als Deutsch im besten Sinne des
Wortes den Leistungen der Franzosen gegenüber-
gestellt zu werden, so sind es Meyerheims Genre-
Bilder!" Die seichten Machwerke Meyerheims
sind heute Wohl nur noch einzelnen Spezial-
forschern bekannt; auf der erwähnten Ausstellung
waren u. a. Overbeck, Caspar David Friedrich,
Dahl, Blechen und Rethel vertreten, von denen
jeder einzelne germanische Kunst besser vertrat
als Meyerheim.
Auch nach ihrem Tode blieben die großen
deutschen Meister der Romantik verfemt. 1857
schreibt A. Hagen in seiner „Deutschen Kunst":
„Runges künstlerisches Streben konnte sich nie
über das Spielende erheben", ihm eignete „eine
unerquickliche Leere". Und von Friedrich heißt es
im Schnlmeisterton: „Zu bedauern ist es, daß
der Maler über einem träumerischen Brüten es
vergaß, die Natur in ihrer wirklichen Bildung . . .
aufzunehmen. Er versäumte es, Rnysdaels Werke
in Dresden zum Vorbild zu nehmen, und so kam
es, daß sich später für seine Landschaften keine
Abnehmer fanden und er im vorgerückten Alter
darbte . . ." Ähnlich äußerte sich Graf Naczyn-
ski in seinem damals vielgelesenen Werke.
Wer wird diese wenigen Beispiele ans der
Fülle der Streitlitcratur gegen unsere Großen
nicht nachdenklich lesen? Beinah im Wortlaut
stimmen die Angriffe, die einst den romantischen
Malern galten, mit den Borwürfen überein, die
manchen deutschen Künstlern der Gegenwart ge-
macht werden. Wenn wir davon absehen, daß das
Abweichen vom Gewohnten zu allen Zeiten zu-
'näMt llinbequeM"rflOw sind es "vor alletn"sok-
gende Eigentümlichkeiten: die absichtlich nicht
glatte, sondern charakterisierende, zuweilen eckige
Zeichnung des menschlichen Körpers, die groß ge-
sehene, vergeistigte Gestaltung der Landschaft, die
kühne, über alles Natnrvorbild hinausgehende
Wahl der Farben — wer eine solche Kunst ab-
lehnt, nimmt gegen Grünewald, gegen Rembrandt
Stellung!

griechischer Plastik entziehen können, wenn man
ahnt, wie das Gewand als Hauch einer fremden
Kunst den atmenden und durchschimmernden
Körper überdeckt, wie dieser Körper, honiggelb
geworden im alternden Marmor, das Gewand
durchwärmt und durchleuchtet wie das holde Licht
einer Kerze das Glas der Laterne. Oder welche
Klarheit herrscht dort bei den Giebelgestalten des
Olympischen Zeustempels, bei Zeus und Apoll,
deren nackte Gestalten ans dem Gewand heraus-
wachsen, ja, sich von ihnen scheiden, deutlich und
klar wie von dem Anderen, von dem Fremden.

Einmal ist nur noch diese große Harmonie
wieder erreicht worden, und zwar in der Mona
Lisa des Lionardo, in der wir genau zu gleichen
Dritteln haben: Gesicht und Hände — Gefältel
und Spiel des Gewandes — und dann das Dritte,
das Neue: die Landschaft.
Alle anderen Künste vor und nach dieser ein-
maligen Harmonie der Welt enthalten entweder zu-
viel Darstellung oder zuviel Ornament, um jemals
zu jener bleibenden Ruhe gelangen zu können.
Zuviel Gewand — wenn wir uns auf den klassi-
schen Standpunkt stellen — haben alle gotischen
oder barocken Gestalten, denn ihnen ist doch das
Gewand Selbstzweck und die Gestalt ist die Träge-
rin dieser anfrauscyenden, sich bauschenden schweren
Falten.
Das Nackte und das Erotische
Das Nackte in der Kunst wird aber nur von
jenen Völkern erotisch empfunden, in deren Kunst
es ursprünglich fremd ist, in die es erst mit der
menschlichen Gestalt eingezogen ist. Gerade die
germanischen und die orientalischen Teile der
Kirche haben gegen die nackte Gestalt des Menschen
genau so Stellung genommen wie der Islam,
denn die Grundschichten jener Künste waren ur-
sprünglich darstellungslos. Es ist ein Zeichen von
vollkommenem Unverständnis, in solchen Fragen
von Muckerei zu reden, denn die Abwehr gegen
das Fremde kommt ans einer viel tieferen seeli-
schen Schicht als aus der „moralisch-bewußten".
Daß Völker, für die es keine Darstellung des
schönen nackten Menschen gibt, trotzdem eine hoch-
entwickelte erotische Kunst haben, bezeugen nicht
nur die Drolerien unserer mittelalterlichen Kathe-
dralen, sondern auch die vielen ostasiatischen Elfen-
beinschnitzereien dieser Art und die ungewöhnlich
reichhaltige erotische Keramik südamerikanischer
Indianer. Aber in allen drei Gruppen werden
nicht — wie in der griechischen Kunst — die sekun-
dären Geschlechtsmerkmale (Busen, Schenkel,
Waden, Hüften usw.) dargestellt, sondern geraden-
wegs die primären. Der nackte Mensch an sich gilt
nicht als darstellenswert, gilt nicht als schön.
Ein Beispiel dafür, wie fremd solche Völker
im Grunde der Darstellung des nackten Menschen
gegenüberstehen, habe ich in Rußland erfahren.
Als im Jahre 1915 Italien den Mittelmächten
den Krieg erklärte, fühlten sich einige russische
illustrierte Zeitungen bemüßigt, ihren Lesern auch
Bilder italienischer Kunst zu bringen. Sei es, daß
damals die Beschaffung von Klischees besonders
schwer war, sei es, daß sich in der Eile keine an-
deren Vorlagen aufbringen ließen, gleichviel, die
Zeitungen brachten auf einmal ganz gewöhnliche
Pariser Aktphotos und schrieben darunter: Venus
von Tizian, Leda von Michelangelo, Juno von
Giorgione.
Dieses Unverständnis, das: nackt ist nackt —
gleichsetzt, wurzelt aber keineswegs in irgendeiner
Prüderie, welche Rußland, dem Land ohne Bade-
hosen, gänzlich ferne lag, dieses Unverständnis
geht auf weit tiefere Wurzeln zurück. Denn bei
deii russischen Ikonen spielt die Metallverkleidunq,
aiis'der allein das gemÄte ^Wh't cheZ^HTiligcn"
hervorragt, die gleiche Rolle wie das Gewand bei
den gotischen, barocken und ostasiatischen Gestalten,
und man muß ein großer Ignorant sein, wenn
man das Fernbleiben der russischen Kunst von der
naturnahcn Darstellung allein den byzantinischen
Bildervorschriften zuschreiben will. Denn dieses
Volk befolgte nur ein Verbot, das es selbst seiner
ganzen Anlage nach willig erfüllte. Von diesem
Standpunkte aus gesehen bekommen dann alle
Kämpfe in den einzelnen Kirchen, die sich um die
Darstellung der Heiligen drehen, ein ganz anderes
Gesicht.
Der Raum
Wenn nun in den Kunstkreisen um das Mittel-
meer der Mensch das Maß aller Dinge ist, das
Maß der Tempel und der Pyramiden, so herrscht
in den nichtdarstellenden, ornamentalen Künsten
des Nordens, des Ostens und des Islams eine
Freiheit von diesem Maße, die wir sowohl in den
gotischen Kirchen, in den Moscheen des Islam oder
in den Tuschbildern der Chinesen mit keinem an-
deren Worte bezeichnen können als mit dem des


Chinesisches Bronzegesäh, 3. Iahrh. v. Chr. Berlin, Ostasiatische Kunstsammlung
 
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